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Smart, mobil
und digital
So sind sie, die Patient:innen 2.0. Sie wollen bei der Gesundheitsversorgung
größtmöglichen Komfort und Service, Videosprechstunden und jederzeit abrufbare
Gesundheitsdaten inklusive. Und auch bei den künftigen OP-Methoden wird es einige
Veränderungen geben, wie uns Chirurg Tobias Gotterbarm vom Kepler Klinikum verrät.
Es zwickt in der Bauchgegend, der Hals schmerzt Für den Patienten 2.0 ist eine Versorgung geprägt
oder man spürt beim Abtasten des Körpers etwas Un- durch Komfort und Service von großer Bedeutung.
gewöhnliches – noch bevor ein:e Mediziner:in aufge- Auf einen Termin zu warten oder längere Anfahrtszei-
sucht wird, stellen viele Menschen bereits erste Ver- ten in Kauf zu nehmen, ist da schon fast ein No-Go.
mutungen an, worum es sich denn handeln könnte.
Rasch wird das Handy gezückt und gleich mal bei Videosprechstunde
„Dr. Google“ nachgefragt. Aus diesem Grund er- auch vor der OP
freuen sich Symptom-Checker-Apps wie Ada-Health
oder Babylon Health immer größerer Beliebtheit. Die Auch Videosprechstunden mit dem Arzt oder der
Folge: Die Patient:innen haben bereits vor dem ei- Ärztin erfreuen sich immer größerer Beliebtheit.
gentlichen Arztbesuch einen Anhaltspunkt für mög- Ist das künftig auch im Vorfeld einer Operation
liche Erkrankungen. Tobias Gotterbarm, Vorstand möglich? Chirurg Gotterbarm sagt dazu: „Digitale
des Kepler-Universitätsklinikums für Orthopädie Sprechstunden und Sprechstunden per Telemedizin
und Traumatologie, kennt dieses Phänomen nur zu sind bereits in vielen Bereichen möglich und werden
gut. Ihm bereitet diese Vorgehensweise jedoch etwas auch schon praktiziert – dies hat sich in Pandemie-
Kopfzerbrechen. „Viele Patient:innen informieren zeiten als hilfreiches Tool erwiesen. Aufklärungsge-
sich bereits vorab im Internet über ihr Krankheits- spräche über mögliche Komplikationen und Risiken
bild und die möglichen Therapieoptionen. Natürlich sowie Operationsinhalte und -verfahren könnten
ist es von Vorteil, wenn Patient:innen über mögliche über Filmdokumente persönlich den Patient:innen
Therapiealternativen und über das Krankheitsbild übermittelt werden. Dies ersetzt selbstverständlich
vorinformiert in die Sprechstunde kommen. Jedoch nicht die komplette ärztliche Aufklärung, kann je-
stehen diese Informationen oft ungefiltert und unge- doch bereits viele Fragen im Vorfeld beantworten.“
prüft im Netz, was zu Verwirrung, Sorge und starken Vor Corona teils undenkbar, werden nun auch Re-
Ängsten führen kann“, so der Facharzt. zepte für Medikamente des täglichen Bedarfs, wie
das benötigte Insulin bei Diabeteserkrankten, oft
Die Patient:innen von morgen, auch bekannt als Pa- nach Anfrage per Mail an die Apotheken weiterge-
tient:innen 2.0, sind smart und mobil. Die Boomer- leitet. Allein schon dieses Beispiel verdeutlicht, dass
Generation (Jahrgang 1945–1965) vertraut in der die digitale Kompetenz von Ärzt:innen zukünftig
Regel auf DEN EINEN Arzt oder DIE EINE Ärz- immer stärker in den Vordergrund rücken wird. Das
tin. Eine Ortsgebundenheit sowie oft auch längere Verhältnis zwischen Ärzt:innen und Patient:innen
Wartezeiten in einem überfüllten Aufenthaltsraum wandelt sich ebenfalls. Dieser Wandel wird durch
werden in Kauf genommen. Ganz anders ist die Si- das veränderte Eigenverständnis des Menschen und
Text Michael Prieschl tuation bei der Generation Z (1997–2009): Sie will seine Nutzung von digitalen Angeboten getrieben.
Foto Gettyimages; eine Gesundheitsversorgung, die sich nahtlos in den Immer mehr Menschen nutzen Fitnesstracker, über-
Gotterbarm: KUK;
Pastl: Surgebright Alltag, egal ob beruflich oder privat, integrieren lässt. wachen so ihre Vitalwerte beinahe stündlich. Sind
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