Page 18 - DIE MACHER_Winterausgabe2022
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Kann bitte mal


       jemand die Welt



       anhalten?






                              Nur für einen Atemzug. Für einen
                              Moment lang keine Krisen, kein          5 Mittel
                              Alltagsstress. Selbst Menschen, die ihre     gegen Erschöpfung
                              Druck, keine Ängste und Sorgen, kein
                              Lebensprobleme stets gut bewältigen
                              konnten, spüren sie jetzt: die große
                              Erschöpfung. Bestsellerautor Andreas
                              Salcher zeigt im gleichnamigen Buch     Für Risiken und Nebenwirkungen am besten
                              auf, warum diese Erschöpfung nicht      das neue Buch von Andreas Salcher lesen:
                              sein muss. Denn die Welt lässt sich     „Die große Erschöpfung – und die Quellen der
                              tatsächlich anhalten. Allerdings: nur   Kraft“, erschienen im edition a Verlag.
                              von uns selbst.
                                                                      #1  Selbstverantwortung

                           Der Nebel hängt tief in den Gassen der Wiener   „Erschöpfung ist eine Folge von Entscheidungen,
                           Innenstadt. Fast noch tiefer scheint die Stimmung   die wir in der Vergangenheit getroffen haben. Das
                           der Menschen zu sein, die hier schnellen Schrittes   ist wichtig, zu erkennen“, erklärt Andreas Salcher.
                           auf ihren nächsten Termin zusteuern. Das Leben   Bumm. Das sitzt. Dabei wäre es doch so viel einfa-
                           ist schnell geworden, Krisen halten sich an keine   cher, wenn wir jemand anderem die Schuld für un-
                           Geschwindigkeitsbeschränkung mehr, manche da-  sere Erschöpfung geben könnten. Doch genau das
                           von streifen uns nur, andere reißen uns mit. Kein   sei der Unterschied zwischen Menschen, die mit
                           Wunder, wenn wir dabei erschöpfen. Oder?   schwierigen Situationen umgehen können, und
                                                                      solchen, die daran zerbrechen. „Das Prinzip ist:
                           Noch bevor sich die Lifttür wieder schließt, öff-  Selbstverantwortung statt Schuldzuweisung.“ Die
                           net  Andreas Salcher  die  Tür  zu  seiner  schönen   Falle, in die wir dabei tappen: Wir rechtfertigen
                           Altbauwohnung. Hier, in den hohen Räumen mit   uns, dass wir gar nicht anders könnten, weil etwa
                           Bücherregalen, die bis zur Decke reichen, hat er   der Druck zu groß sei. Wir schieben die Schuld
                           sein neuestes Buch geschrieben: „Die große Er-  auf andere und sehen uns als Opfer. „Da mag viel
                           schöpfung – und die Quellen der Kraft“. Er ist ein   richtig daran sein, aber es hilft uns nicht weiter,
                           bisschen angespannt, es ist gerade eben erschienen,   sondern hält uns in unserer Komfortzone.“
                           wie wird es wohl ankommen? Doch davon macht
                           er nicht seine Laune abhängig, er lächelt. „Für   #2  Raus aus der Komfortzone
                           sich zu lernen, sich nicht ständig abhängig davon
                           zu machen, wie das Außen auf einen reagiert, das   Was ist der am dichtesten besiedelte Raum der
                           ist schon ein wichtiger Schritt, um sich gegen Er-  Welt? Andreas Salcher schmunzelt. „Es ist die
                           schöpfung zu wappnen.“ Im Podcastinterview er-  Komfortzone.“  Dort  bleiben  wir  gerne  hocken,
                           zählt  er  erfrischend  ehrlich,  wie  ihn  dieses  Buch   suhlen uns in Selbstmitleid und fallen damit im-
        Text   Susanna Winkelhofer  selbst verändert hat und warum Erschöpfung nicht   mer tiefer in ein Loch, bis wir das Gefühl haben,
        Foto  Lukas Beck   von Anstrengung kommt.                     nichts geht mehr. „Raus kommt man hier am bes-


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