Page 119 - DIE MACHER_Fruehling 2024
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Text Susanna Winkelhofer
Foto Antje Wolm
Eine Liebeserklärung
Ans Theater. Ans Musical. An Linz. Eine Stadt, „die den Weg von der Industrie- zur Kulturstadt geschafft
hat“. An den Mut, eine Karriere zu machen, die so gar nicht geplant war. Arne Beeker ist Dramaturg
und Produktionsleiter der Sparte Musical am Landestheater Linz. Und das ist (k)ein Zufall.
Es sind noch knapp sieben Stunden bis zur Preview Wann hast du gemerkt, dass es doch nicht so sehr
der Musicalproduktion „Die Königinnen“ am Lin- die Zahlen, sondern die Worte, das Theater, die
zer Musiktheater. Noch weiß Arne Beeker nicht, Musik sind, womit du Karriere machen möchtest?
dass das Publikum Standing Ovations geben wird, Arne Beeker: Sehr spät. Ich war mit 21 Jahren das
die Kritiken Lobeshymnen schreiben werden und erste Mal überhaupt im eater. Meine Eltern
sich die drei Jahre Arbeit de nitiv gelohnt haben hatten keinen Bezug dazu, ich komme aus einer
werden. „Natürlich sehen wir in den Proben, dass kleinen Stadt. Zum Studieren bin ich dann nach
wir auf einem tollen Weg sind. Aber es ist schon sehr Münster und ab und zu ins eater gegangen.
spannend, wie das Publikum dann bei der Preview Das hat mich dann irgendwie gepackt.
reagiert – das Publikum ist ein Wesen, das man ei-
gentlich nie verstehen wird. Also müssen wir erst mal Und gab es dann diesen einen klaren Moment,
gucken“, sagt er bescheiden. „Die Königinnen“ ist in dem du wusstest, du änderst deinen Weg?
ein Musicalthriller über Maria Stuart und Elisabeth I. Arne Beeker: Ja, ehrlich gesagt war das ein ganz kla-
Eine Urau ührung am Linzer Musiktheater. „Bei rer Weg. Matthias Davids (Anmerkung der Redak-
dramatischen Sto en ist es nicht ganz so unvorher- tion: ebenfalls seit 2012 am Landestheater Linz –
sehbar wie bei Komödien. Bei Komödien weiß man als Künstlerischer Leiter der Sparte Musical) und
nie, ob die Leute nun bei den Witzen lachen, die ich sind seit Langem ein Paar und wir waren bei-
du seit sechs Wochen hörst und die du inzwischen de in Köln, er war als freier Regisseur unterwegs.
nicht mehr witzig ndest.“ Ich hatte schon relativ viele Übersetzungen für
Musicals gemacht – parallel zum Job. Und dann
Fast immer lachen sie. Vor allem aber klatschen sie – bekam er das Angebot aus Linz. Natürlich war
seit Erö nung des Musiktheaters Linz und daher da die Frage, ob wir das wirklich wollen. Und
mehr als ein Jahrzehnt besetzt Arne Beeker die Posi- schließlich habe ich ein bisschen übermütig ge-
tion des Dramaturgen und Produktionsleiters für sagt: Dramaturg:innen, die auf Musicals spezia-
die neu gegründete Musicalsparte des Landesthea- lisiert sind, gibt es sowieso nicht, das heißt, die
ters Linz. Dabei sollte eigentlich alles ganz anders ganzen Operndramaturg:innen haben eigentlich
kommen. Beeker studierte Mathematik und Physik genauso wenig Ahnung davon wie ich. Also kann
in Münster und promovierte in eoretischer Phy- ich es eigentlich auch probieren. So habe ich mich
sik mit einem ema aus der Chaostheorie. Wäh- einfach beworben. Und wurde tatsächlich ausge-
rend er als Lehrer an einem Kölner Gymnasium wählt. Obwohl der erste Blick in meinen Lebens-
unterrichtete, begann er mit der Übersetzung von lauf natürlich für etwas Verzwei ung gesorgt hat.
Musicals.
Das ist nun elf Jahre her. Das Musiktheater
Muss man denn Mathematik und Physik in Linz wurde damals neu eröffnet – war dir
studieren, um Dramaturg zu werden? von Anfang an klar, dass es gut gehen würde?
Arne Beeker: (lacht) Das sind doch super Voraus- Arne Beeker: Das Musiktheater, dieses Riesenschi
setzungen. Jedenfalls bin ich wohl der einzige in der doch relativ kleinen Stadt, wo auf einmal
Dramaturg, der ordentlich mit Excel umgehen tausend Plätze mehr pro Tag gefüllt werden müs-
kann. Das nützt mir fast jeden Tag etwas. sen, wie soll denn das überhaupt möglich sein?
Die Unkenrufe waren damals ja laut – das würde
Und deine Arbeit als Lehrer an einem Kölner ein Jahr gut gehen und dann würde das eater
Gymnasium, nützt dir die auch am Theater? leer stehen. Aber die Idee, nicht eine Erweiterung
Arne Beeker: De nitiv. Gerade wenn man wie hier der alten Sparten zu machen, sondern eine Erwei-
ein xes Ensemble hat, was ja im Musical sehr sel- terung durch eine neue Sparte, nämlich die Mu- QR-Code
ten ist, kann man natürlich vieles von den Sachen, sicalsparte, war, glaube ich, sehr weitsichtig und scannen und
die man als Klassenlehrer mal gelernt hat, gebrau- eine tolle Idee. Und seitdem machen wir halt vier Eindrücke
chen. Das sind zwar erwachsene Menschen, aber bis fünf Musicalproduktionen pro Jahr. Mit der vom Interview
trotzdem ist ein Ensemble natürlich auch eine Expertise von Matthias und unserem ständigen und Shooting
soziale Gruppe, die ähnlich funktioniert wie eine Schauen in die Welt, was eigentlich so an Musi- im Linzer
Klasse. Insofern habe ich da schon einiges mit- cals da ist, kriegen wir immer eine ganz gute Mi- Musiktheater
nehmen können. Man kann eigentlich von allem schung hin. Die Idee war tatsächlich immer, dass erleben.
etwas mitnehmen. wir nicht nur die sicheren Renner machen und
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