Eine junge Frau mit einer blauen Langhaarperücke liegt auf dem Steinboden in der dunklen Kapelle in Christkindl in Steyr. Die Frau hat keinen Puls mehr, sie ist tot. Ein Kommissar springt aus dem Auto, er öffnet seiner Kollegin ruckartig die Beifahrertür und die beiden gehen mit schnellen Schritten in die Kapelle. Wir befinden uns mitten am Schauplatz von der Tatort-Folge „Christkindl. Rosenmontag“. Bei den beiden Kommissaren handelt es sich aber nicht um Harald Krassnitzer und seine Assistentin Adele Neuhauser, sondern um zwei Führungskräfte vom Veritas Verlag. Und es produzieren nicht ARD, ORF und SRF, sondern die Eventagentur High Jump aus Steyr unter der Leitung von Günter Stöffelbauer. Er dreht seit 2011 mit Teams professionelle Filme.
Veränderung meistern
Stöffelbauer ist damit einer von rund 30 Trainern und Agenturen in Oberösterreich, die gute Teambuilding-Events anbieten, schätzt Andreas Zebisch vom Convention Bureau Oberösterreich als Ansprechpartner für die Veranstalter von Kongressen und Seminaren. Es handelt sich dabei um ein freies Gewerbe und dementsprechend sorgfältig sollten Unternehmen bei der Auswahl sein, rät Zebisch: „Für ein Teambuilding braucht es auf jeden Fall einen Spezialisten.“ Anhaltspunkte dafür seien Zertifizierungen durch anerkannte Institute und Referenzen, die sich ein Anbieter auf seine Homepage zu schreiben traut. „Ich empfehle mindestens drei Meinungen von Menschen, die als Referenzen angegeben sind, einzuholen“, so Zebisch. Bei den Kosten müssten für einen Trainer pro Seminartag zwischen 1.500 und 3.000 Euro veranschlagt werden. Gruppen mit zwölf bis sechzehn Personen seien am produktivsten: „Je größer die Gruppe wird, desto eher fällt die Gruppendynamik weg.“ Die Grenze zwischen Teambuilding und Incentive-Events ist fließend. Zu letzterem gehört der klassische Betriebsausflug. Bei Teambuildings geht es aber immer noch darum, das Team darauf vorzubereiten, eine Veränderung gemeinsam zu meistern. Beispiele dafür sind etwa ein neuer Chef oder ein anderer Personalwechsel, eine noch nie da gewesene Software oder erneuerte Zielvorgaben. In wirtschaftlichen Zeiten mit einem starken demographischen Wandel und dem damit einhergehenden Fachkräftemangel sei es auch ganz wichtig, die Mitarbeiter an das Unternehmen stärker zu binden, nennt Zebisch einen Grund für die steigende Nachfrage nach Teambuildings. Doch 08/15-Angebote reichen dafür nicht mehr, weiß Stöffelbauer: „Die Leute haben mittlerweile viel erlebt, sind übersättigt und daher müssen sich die Firmen für Mitarbeiterevents etwas Spezielles einfallen lassen.“
Fehlende Zusammenarbeit
Stöffelbauer hat vor der Gründung seiner Eventagentur fünfzehn Jahre in der Österreichischen Fußball-Bundesliga gespielt, danach Sport studiert und mehrere Trainer-Ausbildungen absolviert: „Als Sportlehrer habe ich gemerkt, dass ich sehr gut Leute motivieren und begeistern kann.“ Aus dem Teamsportbereich zieht er Parallelen zur Arbeitswelt: „Wenn ein Fußballkollege einen Fehler macht, kann man gar nicht lange überlegen und muss sofort einspringen, damit die Mannschaft erfolgreich ist und das Spiel nicht sofort verliert. Im Arbeitsleben ist so ein Zusammenhalt oftmals nicht spürbar, die Leute sind viel egoistischer und sehen nicht ein, warum sie Fehler von Kollegen ausbügeln sollen.“ Bei seinen Angeboten für Unternehmen lasse er die Leute spüren, dass der Zusammenhalt wichtig sei. Es gebe daher keine Wettkämpfe mit einzelnen Siegern, sondern die Teilnehmer erarbeiten am Nachmittag gemeinsam etwas, das am Abend beim gemeinsamen Essen präsentiert wird und für Gesprächsstoff sorgt. Neben dem Filmen war Stöffelbauer mit Gruppen auch schon Klettern, Segeln, Kochen und Musizieren. Durch den Sport ist auch Harald Kapp, Gründer der Event-agentur Incevent in Mauthausen, in den Eventbereich gekommen. Kapp ist selbstständiger Sachverständiger für Bewertungen und Schätzungen und hat daneben vor vier Jahren den Wirtschaftsgolfcup ins Leben gerufen. Die Veranstaltung wurde immer größer und Firmen haben bei Kapp angefragt, ob er weitere Events organisieren könne. Seit vier Jahren organisiert Kapp Teambuildings im Bereich Sport, Action und Kulinarik - früher unter dem Namen Kapp Business Solutions, seit Anfang dieses Jahres unter dem Firmennamen Incevent. Für eine gehörige Portion Action bei Mitarbeitern und Kunden sorgten etwa bereits Offroad Challenges mit 300 PS-starken Geländewagen in einem Steinbruch mit meterhohem Schlamm. „Da waren Teilnehmer dabei, die am Anfang nicht einsteigen und am Ende nicht mehr aussteigen wollten“, erinnert sich der Eventorganisator. Die ganze Gruppe begeistern zu können, das mache einen guten Trainer aus, so Zebisch.
Maßgeschneiderte Angebote
Kapp stellt für jeden Kunden ein maßgeschneidertes Programm zusammen: „Wir analysieren im persönlichen Gespräch, was sich der Kunde genau vorstellt.“ Faktoren, die es dabei etwa zu berücksichtigen gebe, sind die Anzahl der Personen, das Alter und das Geschlecht. Passend dazu werden drei und vier mögliche Angebote erstellt und dem Kunden vorgeschlagen. Kapp organisiert Veranstaltungen für maximal bis zu 50 Personen. Darunter waren schon Events mit einer Spezialeinheit für gestresste Manager, eine Weintour mit GPS-Geräten, ein Nachmittag in einem Fahrtechnikzentrum oder gemeinsames Kochen. Kapp hat auch schon eine Gruppe im Attersee gemeinsam abtauchen und Golfspielen lassen. Die Möglichkeiten seien unbegrenzt. „Wir können Events für Firmen so planen, dass Mitarbeiter und Kunden, die im Unternehmen Berührungspunkte haben, dadurch näher zusammenrücken“, sagt Kapp und nennt als Beispiel einen Hindernisparcour, den eine Person blind mit einem LKW absolvieren muss und dafür von einer zweiten Person Anweisungen bekommt. Kapp empfiehlt für die Organisation eines Teambuilding-Events eine Vorlaufzeit von drei bis fünf Monaten, damit auch noch alle benötigten Orte verfügbar sind.
Passende Rolle
Unternehmen würden solche Aktivitäten oft mit einem Seminar verbinden und dafür auch ein Stück weit vom Firmenstandort weg fahren wollen, weiß Kapp. Übernachtungen seien sehr erwünscht, damit auch der Abend noch zur Stärkung der Mitarbeiter- oder Kundenbindung dienen und man den Tag noch einmal Revue passieren lassen kann. So hat es auch die Firma Veritas gemacht. Die Teilnehmer des insgesamt zweitägigen Seminars reisten am Sonntag in Steyr an, am Montag Nachmittag wurde der Film gedreht. „Ich halte wenig von Seminaren, wo nur Theorie vermittelt wird“, erzählt der Geschäftsführer Manfred Meraner am Rande des Schauplatzes der Tatort-Filmproduktion. Die gesamte Führungsebene fährt einmal im Jahr weg: „In der gewohnten Umgebung schafft man es nicht, aus dem Alltag auszusteigen. Meetings im Haus fangen immer später an und irgendwer läuft früher davon, weil er noch was fertig machen muss.“ Es gehe dem Verlag darum, die Zusammenarbeit weiter zu stärken und da in Zukunft Videos eine große Rolle im Verlag spielen werden, habe Meraner sich für den Filmdreh entschieden.
Kaum hat der Geschäftsführer den Satz beendet, geht es auch schon wieder mit dem Dreh weiter und die Regisseurin schreit: „Ton ab! Klappe! Rosenmontag, Szene dreizehn, Take eins.“ Denn Meraner hat eine ganz entscheidende Rolle im Film. Beim Dreh eines Filmes gibt es viele verschiedene Rollen, beginnend bei der Regie, bis hin zu Kamera und Ton. „Die Gruppe muss sich koordinieren. Am Schluss hat jeder seinen Teil zum Film beigetragen und das Ergebnis kann auch mit nach Hause genommen werden“, erklärt Stöffelbauer. Die Leute nehmen Rollen ein und wachsen in diese rein, wie man es vorher niemals für möglich gehalten hätte: „Da kommen viele Talente hervor.“ Stöffelbauer organisiert die Veranstaltung für bis zu 100 Teilnehmer gleichzeitig, wobei jeweils rund fünfzehn Personen ein Team bilden und gemeinsam einen Film drehen. Wenn alle Szenen im Kasten sind, wird der Film professionell geschnitten und nach dem Abendessen gibt es eine Vorstellung für die gesamte Gruppe. Die Führungskräfte von Veritas bildeten mit fünfzehn Personen die perfekte Gruppengröße für einen Film. Sie wählten das Genre Krimi selbst aus und hatten den Film nach einem Nachmittag und 17 Szenen rund um die Kirche und das Hotel in Christkindl in Steyr fertig im Kasten. Stöffelbauer hat neben Krimis schon Liebesfilme, Komödien, Märchen, Wildererfilme und viele verschiedene Genres mehr produziert.
Richtige Wohlfühlatmosphäre
Neben der Auswahl eines kompetenten Trainers, der richtigen Aktivität und eines passenden Ortes sei das Gelingen eines Teambuildings ganz wesentlich vom „Wohlfühlkriterium“ für die Teilnehmer abhängig. Dazu Zebisch: „Damit sich die Teilnehmer ganz auf den Tag einlassen und öffnen können, müssen sie sich wohlfühlen.“ Stöffelbauer und Kapp nennen für die richtigen Rahmenbedingungen Verpflegung mit Essen und Getränken, die richtigen Räumlichkeiten und einen Ansprechpartner für den gesamten Zeitraum der Veranstaltung. Der Trainer müsse auf die Ängste und Bedürfnisse der Teilnehmer eingehen und dabei sei es auch manchmal notwendig, ein Alternativprogramm anzubieten. Und was den Ausgang der Tatort-Folge „Christkindl. Rosenmontag“ anbelangt: Der Chef war der Mörder. Das Opfer wurde kaltherzig vergiftet._
"Die Leute haben mittlerweile viel erlebt, sind übersättigt und daher müssen sich die Firmen für Mitarbeiterevents etwas Spezielles einfallen lassen."
Günter StöffelbauerEigentümer, Eventagentur High Jump
Eventagentur High Jump Günter Stöffelbauer T 0699 11 79 15 80 M office@highjump.at www.highjump.at"Wir können Events für Firmen so planen, dass Mitarbeiter und Kunden, die im Unternehmen Berührungspunkte haben, dadurch näher zusammenrücken."
Harald KappEigentümer, Eventagentur Incevent
Eventagentur Incevent Harald Kapp T 0676 84 12 34 319 M harald.kapp@incevent.com www.incevent.comWeiter Bilder zu den verschiedenen Events.