Josef Kinast, Direktor, Siemens AG in LinzWo sehen Sie den Wirtschaftsstandort Oberösterreich in zehn Jahren?
StelzerOberösterreich soll zu den Topregionen Europas zählen. Das heißt, als Wirtschaftsstandort erfolgreicher sein denn je und in der Forschung und Entwicklung immer ganz vorne mitspielen. Ich sehe in zehn Jahren ein Oberösterreich, das geprägt ist von Wachstum, Vollbeschäftigung und Wohlstand – Oberösterreich als Land der Möglichkeiten eben.
Josef Kinast, Direktor, Siemens AG in LinzVereinbarkeit Familie und Beruf: Wie geht es Ihnen persönlich damit nach den ersten Wochen in der neuen Funktion?
StelzerEs ist nicht gerade leichter geworden. Das ist bei uns aber seit jeher ein Thema, das organisatorisches Geschick braucht. Ich versuche über WhatsApp und SMS möglichst viel mitzubekommen und die Familie zu unterstützen, wo es geht. Klar ist aber auch, dass Termine mit der Familie genauso geplant werden müssen wie berufliche Termine. Die Familie ist für mich genauso wichtig wie Staatsgeschäfte.
Josef Kinast, Direktor, Siemens AG in LinzWie nutzen Sie die Chancen der Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung?
StelzerEine leistungsfähige Verwaltung 4.0 ist ein zentraler Erfolgsfaktor für einen Wirtschafts- und Industriestandort wie Oberösterreich. Beim Land Oberösterreich sind wir da schon recht weit – mit E-Gouvernement und ELVIS, dem elektronischen Akt. Unser Ziel ist es, durch die Digitalisierung noch schneller und kundenfreundlicher zu werden.
Tina Wödlinger, Ärztin für Allgemeinmedizin in UrfahrDie Bedürfnisse und Anforderungen der immer älter werdenden Gesellschaft steigen, gleichzeitig sind immer weniger junge Kollegen bereit, sich als Allgemeinmediziner niederzulassen. Wie kann in Zukunft eine bedarfsgerechte Versorgung aufrechterhalten werden?
StelzerEine erstklassige Gesundheitsversorgung der Menschen – gerade auch in den ländlichen Regionen - ist das Wichtigste überhaupt. Der Hausarzt wird sicher immer die erste und beste Ansprechperson für Patienten bleiben. Dort, wo die Versorgung aber gefährdet ist, können Primärversorgungszentren diese Leistungen übernehmen. Enns ist hier ein positives Beispiel.
Verena Trenkwalder, Tax-Partnerin, KPMG in LinzÖsterreich hat eine der höchsten Abgabenquoten in der EU, die Unternehmer stöhnen über überbordenden Verwaltungs- und Dokumentationsaufwand, massive Strafdrohungen und eine generelle Geringschätzung und Kriminalisierung der Unternehmen. Die KWT spricht sich vehement gegen die Einführung neuer Steuern, wie etwa einer Maschinensteuer, und für eine radikale Entrümpelung und Vereinfachung des Steuerrechts aus. Dazu bedarf es mutiger Einschnitte. Wie stehen Sie persönlich zur Einführung neuer Steuern und zur Steuervereinfachung?
StelzerFür neue Steuern gibt es von meiner Seite her eine klare Absage. Wir müssen vielmehr daran arbeiten, aus Österreich einen für Unternehmen attraktiven Wirtschaftsstandort zu machen. Die Vereinfachung des Systems kann nur ein Vorteil sein. Sinnvoll wäre für mich mehr Steuerautonomie für die Länder – aber es darf nicht komplizierter werden!
Stefan Hutter, Vorstandsobmann, WSGNeben dem Wohnbau ist die Errichtung und Sanierung von Kommunalbauten wie Kindergärten, Schulen, Gemeindeämtern, Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigungen oder Seniorenwohn- und Pflegeheimen die zweite Aufgabe von Wohnbaugenossenschaften wie der WSG. Die demografischen Entwicklungen wie Altersstruktur, Landflucht und das Wachsen von Zentrumslagen sind zurzeit die Trends. Wie wird sich der kommunale Hochbau in Oberösterreich in diesem Umfeld in den kommenden Jahren entwickeln, beziehungsweise welche wesentlichen Trends sehen Sie in diesem Zusammenhang?
StelzerOberstes Ziel ist es natürlich, für die verschiedenen Zielgruppen bedarfsgerecht leistbaren Wohnraum zu schaffen. Die demografische Entwicklung stellt uns aber vor neue Herausforderungen. Es gibt hier interessante Projekte in Richtung Generationenwohnen, die mittelfristig auch im gemeinnützigen Wohnbau Niederschlag finden werden. Darüber hinaus wird aus finanzieller Sicht auch über eine Deregulierung im Wohnbau gesprochen werden müssen.
Georg Mittendrein, Geschäftsführer, Kulturhaus BruckmühleWelche Schwerpunkte wird Ihre Kulturpolitik im ländlichen Raum haben?
StelzerKultur muss bei den Menschen in den Regionen stattfinden und „greifbar“ sein. Darum ist es mein Ziel, außerhalb des Zentralraums regionale, aber auch überregionale Initiativen, Festivals und Vereine verstärkt zu fördern.
Georg Schanda, Geschäftsführer, Schanda Mode in KirchdorfWelche Rahmenbedingungen möchten Sie setzen, damit sich Bezirkshauptstädte und die dortigen Handelsstrukturen weiterhin gut entwickeln können und dort die Lebensqualität erhalten beziehungsweise gesteigert wird?
StelzerDie ländlichen Regionen und Bezirksstädte müssen gestärkt werden. Ich setze auf regionale Wirtschaftsförderung, um die Arbeit zu den Menschen zu bringen. Auch Infrastrukturmaßnahmen werden schwerpunktmäßig außerhalb des Zentralraums gesetzt.
Georg Schanda, Geschäftsführer, Schanda Mode in KirchdorfNehmen Sie sich auch ausreichend Zeit für sich selbst, in der Natur oder wo auch immer Sie sich wohlfühlen, damit Sie Entscheidungen ruhig und gelassen treffen können?
StelzerUm zur Ruhe zu kommen, versuche ich, so viel Zeit wie möglich mit meiner Familie in Wolfern zu verbringen.
Georg Schanda, Geschäftsführer, Schanda Mode in KirchdorfWie sehen Sie Oberösterreich im Jahr 2025? Wo sehen Sie die größten Entwicklungschancen?
StelzerUnter den Top-Regionen Europas. Forschung und Entwicklung sind das Um und Auf für eine erfolgreiche Wirtschaftsentwicklung. Oberösterreich soll ein Land der Forscher werden. Ich strebe eine F&E-Quote von über vier Prozent an. Auch Bildung ist ein Schlüssel zum Erfolg. Unser Schulsystem muss jetzt auf den Digitalisierungszug aufspringen.
Julia Dorfer, Wirtschaftsstudentin, LinzViele oberösterreichische Maturanten entscheiden sich dazu, ihr Studium außerhalb ihres Heimatbundeslandes zu absolvieren. Wie wollen Sie die heimischen Hochschulen attraktiver gestalten, sodass sich mehr Studenten für Linz und Umgebung entscheiden und auch der heimische Arbeitsmarkt davon profitieren kann?
StelzerWir brauchen die schlausten Köpfe im Land! Die Bildungslandschaft Oberösterreichs hat sich im Hochschulbereich in den vergangenen Jahren sehr positiv entwickelt. Die Fachhochschule OÖ mit den Standorten Linz, Hagenberg, Steyr und Wels wurde im vergangenen Jahr von Führungskräften zur besten Fachhochschule gewählt. Das Angebot wird laufend erweitert. Auch die Kepler Uni setzt verstärkt auf Innovation und mit der neuen Medizinischen Fakultät können wir nun in unserem Bundesland auch ein Medizinstudium anbieten, nicht zu vergessen auch die anderen Universitäten und die Pädagogischen Hochschulen in Oberösterreich. Das Ende der Fahnenstange ist hier aber noch lange nicht erreicht.
Julia Dorfer, Wirtschaftsstudentin, LinzWas raten Sie jemandem, der eine politische Karriere anstrebt? Wie schafft man es, Fuß zu fassen? Und kann das auch gelingen, wenn man sich nicht schon von Jugendtagen an in einer Partei engagiert?
StelzerOberösterreich braucht Menschen, die etwas bewirken wollen. Das Alter ist da unbedeutend und die politische Erfahrung ebenso. Ich freue mich über jeden, der sich engagieren will.
Gerold Weisz, Vorstand, AkostartUnternehmerisches Denken und Handeln prägen die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes. Wie stehen Sie dazu, diese Fähigkeiten nicht nur in den einschlägigen Studien- und Schulrichtungen zu vermitteln, sondern auch in interdisziplinär und nicht einschlägig ausgerichteten Schultypen anzubieten? Und wie soll die unternehmerische „Ausbildung“ in Zukunft an den Schulen und Hochschulen aussehen?
StelzerFür mich ist interdisziplinäre Ausbildung das Schlagwort der Ausbildung der Zukunft. Auch wirtschaftliche Grundlagen sollten an allen Schulen vermittelt werden. Derzeit lautet – auch auf Wunsch der Wirtschaft – der neue Schwerpunkt in der Bildung: Digitalisierung. Erste Pilotprojekte starten bereits, damit wir die Digitalisierung in die Klassenzimmer bringen. Unsere Kinder sollen von Anwendern zu Gestaltern werden.
Greta Bach, Schülerin, 16 JahreWarum haben Sie sich dazu entschlossen, dieses Amt anzutreten?
StelzerWeil ich unser Land weiterentwickeln und an die Spitze führen möchte. Oberösterreich und die Menschen, die hier leben, liegen mir am Herzen. Ich habe eine Vision von einem Oberösterreich, das wirtschaftlich noch erfolgreicher ist, mit noch mehr Arbeitsplätzen und noch mehr Wohlstand. Die Oberösterreicher sollen auch in Zukunft zufrieden leben und stolz auf ihr Land sein können. Oberösterreich soll ein Anziehungspunkt in Österreich und Europa werden. Die Menschen sollen hier Möglichkeiten haben, die ihnen andere Länder nicht bieten können.
Lina Ebmer, Schülerin, 16 JahreSind Sie der Meinung, dass die derzeit sichtbaren Tendenzen zum Rechtspopulismus in Europa auch eine Gefahr für die Jugend in Oberösterreich darstellen? Wenn ja, haben Sie Maßnahmen vorgesehen, um die Jugendlichen hierzulande über die Entstehung und die Auswirkungen des Rechtspopulismus aufzuklären?
StelzerEine Tendenz zum Rechtspopulismus ist sicher auch unter Oberösterreichs Jugendlichen spürbar. Ein Grund dafür ist bestimmt, dass auch Jugendliche verängstigt und verunsichert sind. Ich sehe einen Lösungsansatz darin, diese Sorgen und Ängste offen anzusprechen und darauf einzugehen, aber auch in Aufklärung und Bildung, etwa mit einem eigenen Schulfach politische Bildung.
Bernhard Braunsberger, Landwirt, übernahm 2014 den elterlichen SchweinezuchtbetriebViele junge Menschen übernehmen den elterlichen Betrieb nicht mehr. Wie will Ihre Politik den Jungbauern den Einstieg in die Landwirtschaft wieder attraktiver machen?
StelzerZunächst, die Bauern sind mir wirklich ein großes Anliegen. Darum ist es mir wichtig, dass die oberösterreichische Agrarpolitik ein verlässlicher Partner ist, der die Bauern begleitet und unterstützt.
Bernhard Braunsberger, Landwirt, übernahm 2014 den elterlichen SchweinezuchtbetriebDie Rede ist immer von landwirt-schaftlichen Familienbetrieben, man ist stolz auf die heimische kleinstrukturierte Landwirtschaft. Um wirtschaftlich zu bleiben, sind die Betriebe aber zunehmend gefordert zu wachsen. Wie passt das zusammen? Welche Maßnahmen werden dagegen unternommen?
StelzerIm europäischen Vergleich ist die heimische Landwirtschaft immer noch klein strukturiert. Mir ist auch bewusst, dass viele kleine Betriebe nur mit sehr viel Idealismus weitergeführt werden können. Das ist diesen Bauern sehr hoch anzurechnen. Wir arbeiten seit Jahren an einer Bewusstseinsbildung für den Wert von heimischen Lebensmitteln und die Bedeutung der Landwirtschaft für die Pflege unserer Kulturlandschaft. Diese Maßnahmen gilt es zu verstärken, aber gerade auch der Handel muss hinsichtlich seiner Preispolitik in die Pflicht genommen werden.
Bernhard Braunsberger, Landwirt, übernahm 2014 den elterlichen SchweinezuchtbetriebSprechende Schweine und lila Kühe: Wie will Ihre Politik für ein realistischeres Bild der Landwirtschaft sorgen?
StelzerAuch hier ist es wieder Bewusstseinsbildung, die schon bei den Jüngsten ansetzen muss. Die Kinder müssen schon früh den Bezug zum Lebensmittel und zur Landwirtschaft lernen. Ich werde mich für einen diesbezüglichen Schwerpunkt an den Pflichtschulen einsetzen.