In Co-Working-Spaces können Jungunternehmer auf vorhandene Infrastruktur zurückgreifen, netzwerken, arbeiten – und fühlen sich im Gegensatz zum Home-Office beim Kaffeetrinken nicht alleine. Weltweit ist das Konzept auf dem Vormarsch. Aber wie arbeitet es sich eigentlich in solchen Büros? Wir haben den „Workspace“ in Wels getestet – der eigentlich kein klassischer Co-Working-Space ist.
In einem völlig fremden Umfeld arbeiten, neue „Arbeitskollegen“ kennenlernen, wenn auch nur für einen Tag. Hochmotiviert mache ich mich auf den Weg nach Wels – zum Workspace in der Bauernstraße 1. Der eigentlich kein klassischer Co-Working-Space ist. „Die Bezeichnung Pro-Working-Space trifft eher zu“, erklärt mir Workspace-Managerin Sonja Krennmair, „professionelles Arbeiten ist hier leichter möglich.“ Denn im Gegensatz zu klassischen Co-Working-Spaces teilen sich die meisten Mieter hier keine Tische in Großraumbüros, sondern können sich in ihre eigenen, kleinen Büros zurückziehen. „Wir haben festgestellt, dass die meisten gerne eigene vier Wände haben“, sagt Krennmair. Dennoch gibt es sogenannte FIX Desks im Open Office, auf denen mehrere Einzelunternehmer nebeneinander sitzen – diese Variante ist kostengünstiger als ein verschließbares Büro.
Gutes Timing für einen Probetag
Für mein eigenes Büro habe ich längst einen Zugangschip bekommen, ebenfalls im Paket enthalten: W-LAN, Zugang zu einem Drucker, Besprechungsräume, die ich mitnutzen kann, und: Kaffee, so viel ich will. Im zweiten und dritten Stock des Gebäudes sind derzeit insgesamt 78 Personen untergebracht, damit sind alle Plätze restlos vergeben. Demnächst wird der Workspace auch um den ersten Stock erweitert. Ich merke bald, dass ich mir genau den richtigen Tag ausgesucht habe, um hier zu arbeiten. In der großen Gemeinschaftsküche im dritten Stock ist ausgerechnet heute Weißwurst- und Brezeltag, dazu gibt es Weißbier. „Unsere Mieter bekochen sich manchmal gegenseitig“, erklärt mir Krennmair. Zusätzlich dazu gibt es einige offizielle Teambuilding-Events, wie etwa ein monatliches gemeinsames Frühstück oder Ausflüge. Die Tische sind voll, kaum ein Mieter will sich das heutige Essen entgehen lassen, währenddessen wird gescherzt oder über Geschäftsfortschritte gesprochen. „Für mich ist das Angebot hier so besonders, weil man kreative Inputs bekommt und eine gute Stimmung im Haus herrscht“, erzählt Wolfgang Seelaus, Headhunter bei der Aristid Personalberatung, „trotzdem ist das hier keine reine Spaßgesellschaft, es wird sehr wohl ernsthaft gearbeitet“. Seit September 2017 ist er hier eingemietet, bei seinen Kollegen hat er sich schnell beliebt gemacht: Seelaus organisiert alle gemeinsamen Kochevents mit. „Die Gemeinschaft ist mir sehr wichtig, ich bin einfach gerne mit anderen Menschen zusammen“, erzählt er. Dabei würden sich auch neue Synergien ergeben. Seine neue Website lässt er sich vielleicht von Büronachbarn programmieren. Seine Kunden lädt er gerne in die Besprechungsräume ein. „Der ein oder andere hat gemeint, dass er auch am liebsten hier einziehen würde.“
Gemischte Gefühle bei Abgängen
Die Gemeinschaft war auch für Johanna Eisl der ausschlaggebende Grund, sich einen Platz im Workspace zu beschaffen – sie nutzt einen der FIX Desks im Open Office. „Ich sitze ungern alleine den ganzen Tag vor dem Laptop, hier hat man die Möglichkeit, mit Gleichgesinnten in Kontakt zu treten“, erzählt sie. Eisl arbeitet im Marketing und als Projektleiterin für den gleichnamigen Familienbetrieb, der Bio-Eis aus Schafmilch produziert. „Als ich umgezogen bin, habe ich einen Workspace gesucht.“ Positiver Nebeneffekt: „Durch meinen Umzug kannte ich wenige Leute in der Gegend, das hat sich durch meinen Arbeitsplatz geändert“, sagt Eisl.
Glaubt man Krennmair, sind so gut wie alle Mieter ähnlich zufrieden wie Eisl oder Seelaus. „Meine Aufgabe ist es auch, den Workspace der Nachfrage entsprechend weiter zu entwickeln“, sagt sie, „viel habe ich in diesem Bereich aber nicht zu tun, weil alle total zufrieden damit sind.“ Trotzdem gibt es keinen Stillstand. Einige FIX Desk-Mieter wollten einen ruhigen Platz für wichtige Telefongespräche – momentan richtet man eine schalldichte Telefonzelle für diesen Zweck ein. Kein Wunder also, dass die Fluktuation nicht besonders hoch ist. „Ein Mietvertrag läuft mindestens drei Monate, der Großteil unserer Mieter ist seit der Anfangszeit im Herbst 2016 hier.“ Ein ehemaliger Mieter ging in Konkurs, schaut aber immer noch regelmäßig auf einen Kaffee vorbei. Die meisten Abgänge hätten aber einen anderen Grund. Und zwar, dass einige Unternehmen schlichtweg zu schnell wachsen. „Unsere größten Büros bieten Platz für bis zu vier Personen“, erklärt Krennmair. Einerseits sei es traurig, Langzeit-Mieter zu verlieren. „Aber man ist natürlich auch stolz darauf, dass sie so erfolgreich sind“, sagt Krennmair._
„Besonders beliebt sind unsere kleinen, verschließbaren Büros – darin unterscheiden wir uns auch von klassischen Co-Working-Spaces."
Sonja Krennmair
Workspace-Managerin
„Ich sitze ungern alleine den ganzen Tag vor dem Laptop, hier hat man die Möglichkeit, mit Gleichgesinnten in Kontakt zu treten."
Johanna Eisl
Eisl Eis