Die weltweite Anzahl der Flugzeuge wird in den nächsten Jahren stark zunehmen, die zwei großen Flugzeugbauer Airbus und Boeing wollen ihre jährliche Stückzahl von 1.500 auf bis zu 2.300 erhöhen. Gute Aussichten für den Flugzeugzulieferer FACC mit Sitz in Ried im Innkreis, der zu den 20 größten der Welt gehört und bei allen neuen Flugzeugmodellen vertreten ist. Vorstandschef Robert Machtlinger über die dafür notwendigen Vorbereitungen und warum das Staustehen in Großstädten vielleicht schon bald der Vergangenheit angehören könnte.
Taxis werden in Großstädten schon bald aus der Luft kommen. Was für viele vielleicht noch ein wenig nach Science-Fiction klingen mag, ist laut Robert Machtlinger, Vorstandschef des Flugzeugtechnologie-Unternehmens FACC, aber gar nicht mehr so weit weg: „Das erste Flugtaxi wird 2019 in Dubai getestet, 2020 will man es im Zuge der Weltausstellung einsetzen.“ Die Fluggeräte seien bereits technisch gut umsetzbar, werden elektrisch betrieben und können sich autonom, ohne Pilot, fortbewegen. Das Fahren soll im Vergleich zu Helikopterflügen für jedermann leistbar sein und ähnlich viel wie ein herkömmliches Taxi kosten. Noch offene Punkte seien die Zulassung sowie ein Regelwerk innerhalb des Luftraums, damit sich die neuen Fluggeräte mit dem restlichen Luftraum nicht in die Quere kommen. FACC forscht in diesem Bereich seit rund einem Jahr sowohl mit weltweit führenden Unternehmen als auch mit Start-ups und werde 2020 beim Großversuch dabei sein. Lufttaxis würden ein wesentlicher Bereich der urbanen Mobilität der Zukunft werden und da will FACC kräftig mitmischen: „Lufttaxis müssen besonders leicht und effizient gebaut werden und da können wir als Leichtbauspezialist punkten.“ Der Flugzeugzulieferer FACC entwickelte sich aus der Ski- und Tennisschlägerentwicklung von Fischer Sports. Dazu Machtlinger: „Im Gegensatz zu einem Großteil unserer Mitbewerber, die vom metallischen Flugzeugbau kommen, hat unser Herz von der ersten Stunde an für den Leichtbau geschlagen.“ 2008 ist der Skiproduzent aus seiner Beteiligung bei FACC komplett ausgestiegen. Seit 2009 ist der chinesische Fortune-500 Konzern Avic Mehrheitseigentümer von FACC.
Unabhängig vom neuen Zukunftsbereich der Lufttaxis werde FACC das Hauptgeschäft aber weiterhin mit dem transkontinentalen Fliegen machen. Und auch da gibt es gute Aussichten: Bis 2036 werden 34.900 neue Flieger benötigt. 12.800 davon ersetzen alte Flieger, der Rest kommt neu dazu – dank steigender Lebensstandards werden neue Märkte erschlossen. So sollen sich die Flugreisen pro Einwohner in China verdreieinhalbfachen und in Indien sogar vervierfachen. 17 Prozent des Wachstums betrifft Nordamerika, 20 Prozent Europa und 47 Prozent den mittleren Osten. FACC sei in jedem dominanten Markt mit einem Standort vertreten, liefert für jedes Flugzeug am Markt Technologie: „Daher profitieren wir immer, egal, welche Typen verkauft werden.“ Durch Aufbau der globalen Präsenz in den vergangenen Jahren sei man nun bestens aufgestellt. Unabhängig davon ist „Herz und Hirn“ des Unternehmens in Oberösterreich angesiedelt und das werde auch so bleiben. Von den 750 Millionen Euro Gesamtumsatz werden knapp 700 Millionen Euro mit Entwicklung und Fertigung in den oberösterreichischen Werken erwirtschaftet – zwei davon in Ort im Innkreis, jeweils eines in Ried im Innkreis, Reichersberg und St. Martin. Investitionen in Höhe von 450 Millionen Euro zwischen 2008 und 2017 und weitere 60 Millionen Euro bis 2019 in Österreich seien ein klares Bekenntnis zum Standort. „Wir sind heute schon effizient und können gut mit den Billiglohnländern konkurrieren, mit dem weiteren Ausbau der Industrialisierung wird das auch so bleiben“, sagt Machtlinger und meint damit Themen wie das stärkere Vernetzen der Produktion und das Zunutzemachen von gesammelten Daten. Automatisierung in der Produktion und die Anwendung von roboterunterstützten Komponenten spiele im Flugzeugbau, wo in der Regel nur 80 bis 150 Flugzeuge von einem Typ produziert werden, nur eine geringe Rolle. Der Anteil der handwerklichen Fertigung bleibe hoch. Maschinen würden Mitarbeitern aber einzelne schwere Aufgaben abnehmen und damit entlasten. Das sei in Zeiten von Fachkräftemangel auch ganz wesentlich, um „die qualifizierten Kollegen dort einzusetzen, wo es wirklich um einen Mehrwert geht.“
Innovationen
Was Daten anbelangt, ist das Sammeln dieser für FACC nichts Neues. Aufgrund der hohen Dokumentationspflichten wurden schon immer viele Daten gesammelt. Ändern würde sich nun in Zeiten von Digitalisierung und Industrie 4.0 aber die Verwendung dieser: Früher habe man die Daten nur bei Problemen mit Teilen gebraucht, was „glücklicherweise nie wirklich der Fall war“, jetzt verwendet man diese um sowohl die Produktion als auch die Teile selbst intelligenter zu machen. Man könne so schneller feststellen, wenn man bei der Produktion von der Normallinie abweicht und früher gegensteuern. Bauteile werden durch Einbau einer Sensorik intelligent, können so ihren laufenden Gesundheitszustand und eine eventuell notwendige Wartung selbst melden. Weiters werden die gewonnenen Daten für die Neukonstruktion verwendet, man erhofft sich dadurch künftig kürzere Entwicklungsprozesse. Und diese seien auch ganz wesentlich, um das Marktwachstum stemmen zu können.
Der Markt für Verkehrsflugzeuge wird von sieben Flugzeubauern, darunter Airbus, Boeing, Bombardier und Embraer und daneben Rolls-Royce, Pratt & Whitney und General Electric dominiert. FACC ist in der Zulieferkette der Flugzeugbauer einer von den 20 großen, etablierten Partnern. „Wir sind nicht der größte, aber einer der innovativsten“, sagt Machtlinger und nennt als Beispiel dafür die Ultraschallprüfung. Beim Rundgang durch das Werk 4 in Reichersberg wird gerade die Außenverkleidung eines Triebwerkes mit Ultraschall geprüft. „Wir sind das weltweit erste Unternehmen, das die Prüftechnik im Serienbetrieb einsetzen darf.“ An der Entwicklung der Innovation habe man rund sieben Jahre gemeinsam mit österreichischen Fachhochschulen und Universitäten gearbeitet. Die Ultraschallprüfung gehe im Vergleich zur bisher angewandten thermographischen Prüfung viel schneller und das Bauteil müsse dafür nicht mehr aus der Fertigungslinie herausgenommen und zu einer teuren Sondermaschine gebracht werden. „Das spart Zeit und Geld, und damit sind wir wieder bei der schon angesprochenen notwendigen Effizienzsteigerung, um den Standort auch in Zeiten des rasanten Marktwachstumes halten zu können“, sagt Machtlinger.
Neues Geschäftsfeld
Der weltweit größte Flugzeugzulieferer erwirtschaftet 63 Milliarden US-Dollar, FACC machte im Geschäftsjahr 2017/18 per Ende Februar 750,7 Millionen Euro Umsatz in den drei Geschäftsfeldern Struktur- , Triebwerkskomponenten und Verkleidungen sowie Flugzeuginnenausstattung. Mit den drei Standbeinen hebe man sich auch von der Konkurrenz ab: „Die meisten sind nur in einem der Bereiche gut.“ Bis 2020 will man die Ein-Milliarden-Euro-Grenze knacken. Dabei helfen soll auch der vor zwei Jahren begonnene Aufbau des neuen Geschäftsfeldes „Maintenance und Service“. In den nächsten drei Jahren will man vom aktuell einstelligen auf einen hohen zweistelligen Millionen-Umsatzbereich kommen. Das vergangene Geschäftsjahr war das beste in der Unternehmensgeschichte von FACC. Das „durchwachsene Geschäftsjahr 2015/16“, wie es Machtlinger formuliert, wo FACC durch einen Internetbetrug 52 Millionen Euro verlor, hätte man gut hinter sich gebracht. Der Schaden wurde abgeschrieben, beim Rechtsstreit mit Machtlingers Vorgänger Walter Stephan, der FACC in Folge verlassen musste, gibt es noch kein Ergebnis.
Jetzt blicke man in die Zukunft und dazu gehöre auch die Suche nach 700 neuen Mitarbeitern in den nächsten drei Jahren. Das werde nicht einfach, man spüre die Verknappung am Arbeitsmarkt. Insgesamt habe es in der Vergangenheit aber recht gut funktioniert, neue Leute an Bord zu holen und daher ist man auch für die Zukunft positiv gestimmt. 2016 und 2017 nahm FACC bereits 510 neue Mitarbeiter in Österreich auf. FACC tue auch sehr viel für die Mitarbeiter, kooperiere mit unterschiedlichen Schulen, betreibe ein sehr intensives Employer Branding. „Wir verlangen sehr viel von unseren Kollegen, geben aber auch sehr viel retour“, sagt Machtlinger und nennt als ein besonderes Benefit den Geburtstag als zusätzlichen Urlaubstag. FACC unterscheidet bei der Mitarbeitersuche zwei Seiten – den hochspezialisierten Bereich, wo man auf dem Weltmarkt sucht und bereits Spezialisten aus 38 Nationen in Österreich beschäftigt und den Fertigungsbereich, wo man regional sucht. „Im Fertigungsbereich haben wir ein bisschen den Vorteil, dass unsere Fertigungsstandorte auseinandergezogen sind und sich dadurch unser Einzugsbereich über die Bezirke Ried, Grieskirchen, Vöcklabruck, Schärding, Braunau und über den bayrischen Raum zieht“, sagt Machtlinger. Und wer weiß, vielleicht reisen die Mitarbeiter zukünftig auch von noch weiter weg mit einem Lufttaxi an._
„Wir sind heute schon effizient und können gut mit den Billiglohnländern konkurrieren und mit dem weiteren Ausbau der Industrialisierung wird das auch so bleiben."
Robert Machtlinger
Vorstandsvorsitzender, FACC
FACC
Sitz_Ried im Innkreis
Geschäftstätigkeit_Flugzeugtechnologie im Bereich Struktur- (50 Prozent des Umsatzes) sowie Triebwerkskomponenten und Verkleidungen (25 Prozent des Umsatzes), Innenausstattung (25 Prozent des Umsatzes), neues Geschäftsfeld „Service und Maintenance“ im Aufbau
Mitarbeiter_3.400, davon 3.120 in Österreich
Umsatz_750,7 Millionen Euro (Geschäftsjahr 2017/18 per Ende Februar)
Standorte_4 Produktionswerke in Österreich (Ried und Ort im Innkreis, Reichersberg, St. Martin), weitere Produktionswerke und –partnerschaften in China, Indien, Russland und VAE, Büros an den Hauptsitzen der Kunden, Internationale Engineeringcenter