Wie man mit künstlicher Intelligenz das Kaufverhalten vorhersagen kann und warum eine Robotertherapie doch eine erfolgsversprechende Idee ist? Wir haben wieder die spannendsten Start-ups in Österreich unter die Lupe genommen.
7lytix
„Wir prognostizieren aus Daten das zukünftige Kundenverhalten“, erklären die beiden Geschäftsführer des Linzer Start-ups 7lytix, Franziskos Kyriakopoulos und Oliver Gebauer. Mithilfe von speziellen Algorithmen will man aus gesammelten Daten der Unternehmen exakte Analysen und Prognosen ableiten und so beispielsweise das Kaufverhalten der Kunden vorhersagen.
Gegründet wurde das Unternehmen vor einem Jahr in Linz vom Physiker Franziskos Kyriakopoulos und vom Retailexperten Emmerich Danner. „Die Idee zur Gründung kam, als wir mit unseren beiden Unternehmen in der Handelsberatung und in der Datenanalyse zwei Pilotprojekte in den Branchen Baumarkt und Büropapier im stationären Handel starteten“, so Kyriakopoulos. Dort habe man gesehen, dass die vorhandenen Daten fast nicht genutzt werden. Mittlerweile leitet Kyriakopoulos gemeinsam mit dem langjährigen Informatikconsultant Oliver Gebauer die Geschicke des Unternehmens. 7lytix ist auf künstliche Intelligenz und Data Science fokussiert. „Das Besondere an 7lytix ist, dass wir die brandneuen Data Science Methoden wie Deep Learning, neuronale Netze und Machine Learning, also künstliche Intelligenz, wie zurzeit keine andere Firma in Österreich beherrschen. Wir sind sozusagen das Schweizer Messer der Informatik“, sagt Gebauer. Damit das Schweizer Messer auch scharf bleibt, arbeiten mittlerweile 16 Mitarbeiter aus sieben verschiedenen Nationen an der praktischen Umsetzung. 7lytix sieht sich als Experte im Bereich künstlicher Intelligenz mit dem Ziel, diese für jedes Geschäft zugänglich und vor allem leicht anwendbar zu machen. Dabei will man nicht nur den Handelsbereich, sondern auch Unternehmen aus der Industrie, Finanzdienstleister und Versicherungen ansprechen. Die generierten Daten werden kombiniert, danach verschiedenste mathematische Algorithmen angewandt. Ein Algorithmus ist eine Art Programm, das aus vielen vorher definierten Schritten eine Lösung für ein Problem vorgibt. Im Falle von 7lytix können zum Beispiel mit den gewonnenen Daten aus Kassenbons oder dem Warenwirtschaftssystem personalisierte Produktempfehlungen für den Handel generiert und quantitative Prognosen über Absatz, Umsatz oder über Einzelkunden erstellt werden. „Das beste Beispiel sind Produktempfehlungssysteme, wie man sie von Amazon oder anderen Onlinehändlern kennt. Wir machen das nun auch für den stationären Handel möglich“, sagt Kyriakopoulos. Dabei wendet man Verfahren aus der Netzwerktheorie an und bildet Kunden- und Produktnetzwerke aus den gesammelten Daten. Daran erkenne man, welche Produkte in welchen Kundengruppen gekauft werden, also welche Kunden ähnliche Produkte kaufen. Die Ergebnisse aus den Daten seien eine verbesserte Entscheidungsgrundlage für eine standortspezifische Sortimentsstruktur. Vorher hatte man ein Sortiment und stellte das in jede Filiale, jetzt könne man es spezifisch auf die Kundenstruktur und auf die Kaufgewohnheiten jeder Filiale abstimmen. Die Resultate werden entweder über ein fertiges Produkt mit Datenvisualisierungen, etwa per Web-Applikation, oder direkt in die technische Infrastruktur eines Unternehmens implementiert.
Ausschlaggebend ist der praktische Nutzen, denn die Unternehmen brauchen eine Lösung, die sie tatsächlich im Geschäft umsetzen können. „Man muss nicht nur wissen, welche Algorithmen man für welche Situation anwendet, sondern muss sich sinnvollerweise auch in die Lebenswelt des Kunden hineindenken“, so Gebauer. So sollen Vorhersagen mit realem Nutzen entstehen. Gleichzeitig könnten zielgenaue Bedarfsprognosen dabei helfen, müllsparender zu wirtschaften, weil beispielsweise durch standortspezifische Sortimente und bessere Warenbestückung am Ende des Tages weniger in der Mülltonne landen wird.
Intelligent Motion
„Die Geschäftsidee war gut, die wirtschaftliche Umsetzung leider weniger“, antwortet Markus Mitterhumer, Geschäftsführer von Intelligent Motion, auf die Frage, warum man ein schon mal gescheitertes Unternehmen übernommen habe. Mit einer neuen Struktur, breiteren Finanzierungsmöglichkeiten und „getunten“ Produkten stehen die Zeichen jetzt jedoch auf Erfolgskurs.
Ursprünglich wurde Intelligent Motion 2013 vom Unternehmer Alexander Barth mit dem Ziel gegründet, die sogenannte Hippo-Therapie – eine Rehabilitations-Therapie am Pferd – mit einem Roboter zu automatisieren. Die Idee war gut, die wirtschaftliche Umsetzung leider weniger. 2015 musste Intelligent Motion Konkurs anmelden. Aus der Konkursmasse heraus kaufte Markus Mitterhumers Bruder Martin das insolvente Unternehmen, welches die beiden nun gemeinsam leiten. Die Idee überdauerte und steht nun auf breiteren und somit wirtschaftlich sichereren Beinen. Wäre es nicht einfacher gewesen, es von Grund auf neu zu machen? „Die Produkte waren der große Reiz", sagt Markus Mitterhumer und fügt hinzu: „Wir sind eine komplett eigenständige Firma, haben die Namens-, Benutzungs- und Lizenzrechte gekauft. Die entwickelten Produkte waren sehr gut, der erste Versuch von Intelligent Motion ist an vielen anderen Dingen gescheitert. Unter anderem daran, dass die Produkte noch nicht serienreif waren und es gerade in der Medizintechnik unheimlich lange dauert, bis endlich einmal Geld am Konto ist.“ Die Fehler des Vorgängers zu wissen, sei ein riesengroßer Vorteil. Zudem habe man den Luxus, mit dem Reha-Roboter Hirob und dem Hanteltrainingshelfer Lifter nicht alle Hoffnungen auf ein einziges (Therapie-)Pferd setzen zu müssen.
Hirob soll für eine verbesserte Bewegungstherapie sorgen und Patienten mit neurologischen Defiziten helfen. Der Lifter soll mit optischen Sensoren ein verbessertes und unterstützendes Hantel- und Krafttraining zum Muskelaufbau ermöglichen. Intelligent Motion gehört nun zur MC-Quadrat-Gruppe, die in Summe 300 Mitarbeiter beschäftigt und in Österreich und Ungarn tätig ist. Mit diesem gut durchstrukturierten Firmennetzwerk ließe sich gleich ganz anders operieren, so Mitterhumer: „Wir haben den Vorteil, dass wir in der MC-Quadrat-Gruppe auf ein sehr großes Portfolio an verschiedensten Firmen zurückgreifen können, zum Beispiel auf Automatisierungs- und Metalltechnikfirmen. Wir können immer genau die Spezialisten einsetzen, die wir brauchen, müssen sie aber nicht das ganze Jahr bezahlen. Das ist ein Vorteil, den unser Vorgänger nicht hatte.“ Wie sehr veränderte man die alten Unternehmensstrukturen? „Völlig“, sagt Mitterhumer, „wir haben nur einen alten Mac und eine Festplatte übernommen.“ Aber selbst den erfahrenen Unternehmern mit einem breit diversifizierten Leistungsportfolio blieb die eine oder andere Überraschung nicht erspart: „Um ehrlich zu sein, haben wir es anfangs völlig unterschätzt. Wir glaubten, es wird alles easy-going, weil es die Produkte schon gab. Das war aber nicht der Fall. Wir sahen dann, dass die Produktlizenzen nicht mehr gültig waren und dass auch technisch sehr viel verbessert werden musste. Den Lifter beispielsweise bauten wir völlig neu auf, der sieht nur mehr von außen gleich aus, innen ist alles neu mit moderner Software und Sicherheitstechnik.“
Auch der Hirob wurde einer Erneuerungskur unterzogen und weiter verbessert: „Unser USP ist sicherlich der Hirob. Es gibt in der Medizintechnik nichts Vergleichbares, die Idee war grandios. Darum halten wir auch am Hirob fest, haben ihn jetzt weiterentwickelt, modernisiert und sicherer gemacht. Von außen sieht er gleich aus, das Innenleben ist aber ein komplett anderes.“ Dafür entwickelte man gemeinsam mit der JKU auch eine kleinere Hirob-Variante, die auf einem völlig neuen System aufbaut. Das Ziel: mit neuen Antriebskonzepten den Hirob effizienter, leichter und somit kostengünstiger machen. Dafür habe man die Zusammenarbeit mit der Robotikabteilung der Uni gesucht. Dabei hat man jedoch nicht nur die „Dach-Region“ mit Deutschland, Österreich und der Schweiz im Fokus, es gebe auch sehr viele Interessenten in China und Japan. Für den Expansionskurs soll vor allem die kleinere Version des Hirob durchschlagenden Erfolg bringen, weil er leichter und billiger ist. Im Frühling 2018 soll dieser auf den Markt kommen._