Die Welt ist klein und wird immer kleiner, die Exportzahlen entwickeln sich seit Jahren deutlich über dem Wirtschaftswachstum. Zahlreiche heimische Unternehmen nutzen das bereits und erobern den weltweiten Markt mit ebenso innovativen wie unterschiedlichen Strategien. Damit die Erfolgsgeschichte weitergeht, darf sich Oberösterreich aber nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen. Sonst besteht die Gefahr, dass die Unternehmen nicht mehr nur ihre Produkte in aufstrebende Regionen exportieren, sondern auch gleich ihre Firmenzentrale, warnen Experten.
Häufig, wenn ein Geldschein seinen Besitzer wechselt, dann wechselt auch ein Stück Oberösterreich seinen Besitzer. Das Unternehmen Hueck Folien mit Sitz in Baumgartenberg produziert seit Jahren Sicherheitsmerkmale für mehr als 60 Währungen der Welt und hat sich neben Fälschungssicherheit auch auf anspruchsvolle Beschichtungen spezialisiert. 97 Prozent des Umsatzes werden durch Exporte erwirtschaftet. „Unsere derzeit wichtigsten Geschäftspartner kommen aus Europa, den USA und Brasilien, große Chancen sehen wir vor allem in Südamerika und im asiatischen Raum“, sagt Martin Bergsmann, Sprecher der Geschäftsführung des Konzerns. Damit ist das Unternehmen ein Beispiel für die zahlreichen Erfolgsgeschichten von heimischen Exporteuren. Mehr als 8300 Unternehmen hierzulande verkaufen ihre Produkte und Dienstleistungen auch im Ausland, Oberösterreich ist, was Export betrifft, klarer Spitzenreiter in Österreich. Wie auch Hueck Folien setzen immer mehr Unternehmen auf stark wachsende Märkte in Asien oder Übersee. Nicht nur Österreich, sondern Europa gilt für erfahrene Exporteure mittlerweile als Heimmarkt. Mit ein Grund dafür: Besonders für Produzenten von Nischenprodukten ist der österreichische Markt oft zu klein, um erfolgreich zu sein.
Potential noch nicht ausgeschöpft
Die heimische Exportrate liegt bei 59,4 Prozent, für Joachim Haindl-Grutsch von der Industriellenvereinigung Oberösterreich ist das Potential trotzdem noch lange nicht ausgeschöpft. „Die Rate lässt sich sicherlich noch steigern, wenn auch kaum mehr in der Industrie. Besonders im Dienstleistungsbereich wird sich der Export noch erheblich erhöhen“, sagt er. Besonders wichtig sei es momentan, ferne Märkte mit hohem Wachstum zu erschließen. „Einen kleinen Betrieb dazu bewegen, zu exportieren, ist aber ein riesiger Schritt“. Christian Klinger, Vorstand der Internorm International GmbH kennt die Zeit,in der sein Unternehmen noch ein kleiner Betrieb war, nur aus Erzählungen. Mitte der 70er-Jahre war es für den Fensterproduzenten ein riesiger Schritt, die ersten Exportversuche (Oberösterreichs) zu wagen. „Mein Großvater, meine Tante und mein Vater haben die Märkte Oberösterreich, Salzburg und Niederösterreich bearbeitet, dann war das große Thema, die Steiermark zu erobern“, sagt er. Heute ist Internorm führender Fensterhersteller Europas – wenn auch mit einem Marktanteil von „nur“ 1,5 Prozent. „Die Fensterbranche ist eine perverse Branche“, sagt Klinger. 80.000 meist regional tätige Fensterhersteller gibt es alleine in Europa, die spannendsten Zukunftsmärkte sind für Internorm immer noch Deutschland, Frankreich und Italien. Die will man mit der sogenannten „Zwiebelschalen- Strategie“ erobern. „In Deutschland haben wir zuerst in Bayern den Markt ausgetestet und uns dann weiter vorgearbeitet. In Italien wollen wir zuerst in Südtirol Fuß fassen, bevor wir uns langsam weiter in Norditalien vorgewagt haben“, erzählt Klinger. Mit schnellen und riskanten Expansionen hat er in seiner Branche keine guten Erfahrungen gemacht. „Wir haben einmal gesagt – Wupp! Wir gehen in die Türkei. Dann waren wir Wupp! relativ schnell wieder zurück“. Solche Fehler seien aber lehrreich, denn das Schlimmste, was man als Unternehmer machen könne, sei es, keine Fehler zu machen. „Die wichtigste Eigenschaft, die ein exportorientiertes Unternehmen braucht, ist Geduld“, sagt Klinger. In seiner Branche dauert es etwa fünf bis zehn Jahre, bis ein neuer Markt halbwegs profitabel ist.
Wettbewerbsfähigkeit sinkt
Oberösterreichs Top-100-Industriebetriebe haben weltweit zahlreiche Märkte erschlossen – und betreiben insgesamt mehr als 1700 Auslandsniederlassungen. Besonders die USA und die BRICS- Staaten werden immer attraktivere Investitionsziele. Global betrachtet haben sich ausländische Direktinvestitionen in den vergangenen 20 Jahren etwa verdreifacht, in Österreich gab es mit 161 Milliarden Euro jedoch sechsmal mehr Investitionen seit der Jahrtausendwende. Weil Europa unterdurchschnittlich wächst, suchen die heimischen Unternehmen verstärkt Kontakt zu ihren Kunden in Wachstumsmärkten. „Sie müssen zugunsten ihrer eigenen Wettbewerbsfähigkeit die besseren Rahmenbedingungen nützen“, sagt Haindl-Grutsch. Was bedeutet das aber für Oberösterreich? Das Geld wird nicht mehr im Land, sondern in andere, attraktivere Standorte investiert. So stellte voestalpine-Vorstandschef Wolfgang Eder in einem Interview den Standort Linz infrage – der Vorteil würde kontinuierlich sinken. Bis 2020 sollen 15 neue voest-Werke im Ausland eröffnet werden. „Damit wieder vermehrt in Oberösterreich investiert wird, müssen attraktivere Rahmenbedingungen für Unternehmen geschaffen werden“, sagt Haindl-Grutsch, sonst könne es passieren, dass sie ihre Headquarter in andere Regionen der Welt verlegen. Konkurrierende Standorte wie Deutschland, Schweden, die Niederlande oder Schweiz würden Österreich und damit auch Oberösterreich langsam abhängen. Für Haindl-Grutsch gibt es drei Gründe, warum Österreich nicht mehr so attraktiv für Unternehmer ist wie in den 2000er Jahren: hohe Personalkosten, geringe Flexibilität der Arbeitszeit und übertriebene staatliche Bürokratie. „Ich würde aber behaupten, dass Oberösterreich immer noch gut aufgestellt ist“, sagt Haindl-Grutsch. Damit das so bleibt und Unternehmen wie Hueck Folien oder Internorm weiterhin von Ober- österreich aus die Welt erobern können, „dürfen wir aber in der Dynamik nicht weiter zurückfallen“.
"Die wichtigste Eigenschaft, die ein exportorientiertes Unternehmen braucht, ist Geduld."
Christian Klinger
"Damit wieder vermehrt in Oberösterreich investiert wird, müssen attraktivere Rahmenbedingungen für Unternehmen geschaffen werden."
Joachim Haindl-Grutsch