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Endlich wieder Braustadt

Nach mehr als 40 Jahren wird in Linz wieder Bier gebraut. Die Brau Union Österreich lässt im ehemaligen Kraftwerk der Tabakfabrik die Marke Linzer Bier neu aufleben. Damit bedient das Unternehmen den Wunsch der Konsument:innen nach regionalen Sorten. Zu Besuch im neuen Herzen der Braustadt.

Einst transportierten die Rohre des alten Kraftwerks der Tabakfabrik Gas oder Schweröl und lieferten damit Energie für die Zigarettenproduktion, heute sprudelt dort Gerstensaft aus speziellen Rezepturen. Aus dem Kraftwerk ist ein multifunktionales Bierzentrum mit Bierlokal, „Bier-Uni“ und Veranstaltungssaal geworden, insgesamt zwei Jahre dauerte die Planungs- und Umbauphase. Wir treffen Braumeister Martin Simion am Eingang des denkmalgeschützten Gebäudes, das 1935 errichtet wurde. „Hier befand sich früher der Kohlespeicher, heute wird hier Malz für die Bierproduktion gelagert“, sagt Simion und deutet auf den markanten, auskragenden Bereich des Bauwerks. Simion war nach beruflichen Stationen im Ausland Braumeister der Spezialitäten-Manufaktur Hofbräu Kaltenhausen in Hallein, jetzt hat er dem „alten“ Linzer Bier neues Leben eingehaucht.

Am ursprünglichen Rezept orientiert

Erste Anlaufstelle für Besucher:innen der neuen Brauerei ist das Bierlokal „Zur Liesl“. Dort, wo das alte Kessel- und Maschinenhaus war, befindet sich heute eine modern interpretierte Gastronomie mit Blick auf die Sudhäuser. „Das in einer Mühle zerkleinerte Malz kommt in geschroteter Form ins Sudhaus und wird dort mit heißem Wasser aufgegossen“, erklärt Simion und deutet auf die Kessel. Selbstverständlich werden in der „Liesl“ alle vor Ort gebrauten Biere vom Fass angeboten. Zeit für eine erste Kostprobe: Wir beginnen mit jener Sorte, die der Originalrezeptur von 1921 nachempfunden ist. Das originale Linzer Bier erstrahlt im hellen Strohgelb und besticht mit einer angenehmen Hopfenblüte. Der ausgewogene Geschmack überrascht mit einer angenehmen Bittere im Nachgang. „Mir war es wichtig, sich bei der Wiederauflage des Linzer Bieres an der ursprünglichen Rezeptur zu orientieren. Auf Basis der historischen Rezepte ist es gelungen, den traditionellen Bierstil wieder aufleben zu lassen“, sagt Simion. Seit mehr als zehn Jahren beschäftigt er sich mit der Linzer Biergeschichte. Für ihn war es höchste Zeit, dass die Stahlstadt endlich wieder eine eigene Brauerei bekommt. Das Linzer Original hat binnen kürzester Zeit so viele Liebhaber gefunden, dass die Brauerei Zipf in der Produktion hilft – die Kapazitäten in der Linzer Brauerei reichen nicht für die Nachfrage.

Seminarraum im Herzen der Brauerei

Genau wie die Würze, die nach dem Sudhaus auf 100 Grad erhitzt wird, ist für uns der nächste Stopp der Gärkeller – der sich hier allerdings im ersten Stock befindet. Insgesamt stehen dort dreizehn matt glänzende, chromfarbene Tanks, die je 5.000 bis 7.000 Liter fassen. „Damit der Boden dem Gewicht standhält, haben wir ihn mit Stahlträgern verstärkt, die Tanks wurden in Präzisionsarbeit in das Gebäude gehoben“, sagt der Braumeister. Im angrenzenden „Hörsaal 0“ kann er durch Glasscheiben bei seiner Arbeit beobachtet werden. Der exklusive Veranstaltungssaal vereint Tradition, Industrie und Kultur auf einzigartige Art und Weise und ist mit einem Full-HD-Beamer und einer modernen Ton- und Lichtanlage ausgestattet. „Im Hörsaal 0 verschmelzen die Bodenständigkeit des Linzer Bieres, die denkwürdige Architektur und das moderne Design der Location zu einem Raum“, sagt Simion. Der ideale Ort also, um die nächste Sorte zu testen. Das „Linzer Edelstahl“ mit 5,3 Prozent Alkohol ist vollmundig, der feurige Kupferton erinnert in seiner Farbe an rotglühenden Stahl. Mit einer dezenten Bittere und karamellartigen, malzigen Aromen ist es der Stahlstadt gewidmet.

Bier-Seminare

Nach getaner Arbeit im „Hörsaal 0“ können Seminarteilnehmer:innen oder Student:innen in den beiden Cateringräumen nebenan entspannen, verkosten – oder unter Anleitung selbst Bier brauen. Auch im Angebot: Seminare rund um das Thema Bier. Neben dem Edelstahl werden in der Tabakfabrik noch zwei weitere Sorten produziert. Das Linzer Zwickl ist hellgold, ungefiltert und besonders süffig. „Fein hopfig und am Gaumen leicht trinkbar, mit Aromen von schonend gedarrtem Getreide“, sagt Simion. Das Linzer Pale Ale ist ein zeitgenössisches Pale Ale mit Linzer Handschrift, aromatisch, hopfig und gut balanciert. Simion: „Wir haben ein frisches, fruchtiges Aroma, dank der Hopfensorten Sorachi Ace und Cascade. Das Bier ist trocken und angenehm trinkbar.“

Wir freuen uns sehr, dass wir den Linzer:innen wieder regionalen Biergenuss im Herzen der Stadt bieten können.

Klaus Schörghofer Vorstandsvorsitzender, Brau Union Österreich

Regionales Angebot für 82 Prozent wichtig

Mit den regional produzierten Biersorten bedient die Brau Union Österreich den Wunsch der Konsument:innen. Laut einer repräsentativen Studie zur österreichischen Bierkultur bevorzugen 36 Prozent der Österreicher:innen Bier aus der eigenen Region. 82 Prozent der Befragten empfinden das Angebot regionaler Biere als wichtig für die heimische Bierkultur. „Wir freuen uns sehr, dass wir den Linzer:innen wieder regionalen Biergenuss im Herzen der Stadt bieten können“, sagt Klaus Schörghofer, Vorstandsvorsitzender der Brau Union Österreich.

Erster Bockbieranstich

Im November kam es im Braulokal „Zur Liesl“ zum ersten Bockbieranstich von Linzer Bier. Am 5. August, dem internationalen Tag des Bieres, wurde der Linzer Bock eingebraut, nach drei Monaten Reifezeit dann das Ergebnis präsentiert. „Das harmonische Spiel von vollmundigen Malztönen und einer kräftigen Mühlviertler Hopfung wird von dezenten Hefetönen begleitet“, erklärt der Braumeister. Das Starkbier mit einem Alkoholgehalt von 7,2 Prozent und einer Stammwürze von

16,3 Grad Plato klingt mit einer wärmenden Ruhe aus, ist begleitet von fruchtigen Noten und präsentiert sich bereits im Antrunk mit einem kräftigen Körper. Der Braumeister empfiehlt den Bock zu festlichen Menüs wie würzigem Festtagsbraten, aber auch feinen Desserts – idealerweise bei einer etwas wärmeren Trinktemperatur von etwa neun Grad. In Zukunft will die Brau Union Österreich weiter auf regionale Biere in Linz setzen – die bisherigen Sorten sind nur der Anfang. Die zwischenzeitlich unterbrochene Geschichte des Linzer Bieres bleibt also auch weiterhin spannend._

Die Geschichte des Bieres in Linz

1638: Das Stadtbräuhaus an der Brauhauslände (heute als Untere Donaulände bekannt) eröffnet.

1830: Bis zu diesem Jahr darf ausschließlich im Herbst und Winter gebraut werden, das letzte Bier des Jahres wird im März gebraut – daher der Name Märzenbier.

1839: Im Sandsteinstollen der heutigen Bockgasse 2a entsteht die Märzenhalle, in der Bier gelagert wird. Der Keller des Stadtbräuhauses ist nicht hochwassersicher.

1854: Josef Poschacher kauft die ehemalige Herrschaftsbrauerei Lustenfeld im heutigen Linzer Stadtteil Lustenau, der damals noch ein Vorort von Linz ist. 1873 kommt es zur Eingemeindung und Linz hat erstmals zwei Brauereien.

1869: Die Brüder Hatschek kaufen das Stadtbräuhaus und errichten später eine neue Brauerei in der Kapuzinerstraße, die ab 1892 „Linzer Aktien Brauerei“ heißt.

1921: Die Linzer Aktien Brauerei und die Poschacher Brauerei fusionieren, das Bier wird einheitlich „Linzer Bier“ genannt.

1945: Trotz 350 Bombentreffern wird der Braubetrieb rasch wieder aufgenommen. In den Folgejahren steigt die Nachfrage, die Flaschenfüllerei sowie die Lagerkapazitäten werden erweitert.

1960er Jahre: Nördlich und südlich der Donau wird in Oberösterreich – und Teilen Niederösterreichs – Linzer Bier getrunken, es gibt Sorten wie „Doppelmalz“, „Goldquell“ und „Spezial Dunkel“. Anschließend lässt die Nachfrage aber nach, 1971 schließen die Werke der Poschacher Brauerei.

2017: Erstmals wird das Originalrezept nachgebraut. Das Ziel der Brau Union Österreich: Den Linzerinnen und Linzern ihr Bier zurückgeben.

April 2022: Die Brauerei in der Tabakfabrik eröffnet. Linz ist endlich wieder Braustadt.

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