Emotional. Belastend. Fordernd. Keine Frage - ein Krankenhausaufenthalt ist immer eine besondere Lebenssituation für Patient und Angehörige. Susanne Gringinger, neue Pflegedienstleiterin der Klinik Diakonissen, über die Herausforderungen an das Pflegepersonal für eine ganzheitliche Patientenbetreuung.
Es war ein kleiner Umweg. Aber kein Irrweg. Susanne Gringinger schlug nach der Pflichtschule zunächst einen landwirtschaftlichen Ausbildungsweg ein und übernahm den elterlichen Nebenerwerbsbauernhof. „Durch schwere Erkrankungen meiner Eltern kam ich erstmals in Kontakt mit der Pflege“, sagt Gringinger. Sie entschloss sich, eine Ausbildung als Diplomkrankenschwester in der Klinik Diakonissen zu absolvieren. Und blieb. Es folgten leitende Funktionen in der Pflege, die Studienberechtigungsprüfung und das Soziologie-Studium: „Ständige Weiterbildung ist heute in der Pflege ein Muss. Deshalb absolvierte ich 2018 das Masterstudium Interkulturelles Pflegemanagement, wodurch ich als neue Pflegedienstleiterin auch auf die Herausforderungen der kulturellen Vielfalt auf Mitarbeiter- und Patientenebene gut vorbereitet bin.“
Aktive Mitgestaltung
„Es ist die aktive Mitgestaltung, die mir an meinem Beruf am meisten gefällt“, sagt Gringinger. Als Pflegedienstleiterin und somit Hauptverantwortliche für einen großen Teil der Mitarbeiter bildet sie mit den anderen Bereichsleitern und Geschäftsführern das Managementteam der Klinik. Das Wichtigste für sie: eine qualitativ professionelle Pflege sicherzustellen. „Formal gesetzliche und sanitätsbehördliche Aufgaben gehören ebenso zu meinem Verantwortungsgebiet wie die Umsetzung von Visionen und Zielen unserer Pflegekräfte.“ Personalmanagement, Mitarbeiter-Recruiting und die Organisation von fachspezifischen Fortbildungen der Pflegemitarbeiter bilden einen Großteil ihres Aufgabengebietes. „Neben der medizinischen Weiterentwicklung muss Pflege in Zukunft evidenzbasiert und mit Spezialisierungen durchgeführt werden“, meint Gringinger. Es gäbe an der Klinik unter anderem Pflegeexperten in der Diabetesberatung, Wundmanagement, Palliative Care oder Aromapflege.
Ideal pflegen: Aber wie?
Jeder Mensch ist anders. Jeder Tag ist anders. Und jede Krankengeschichte. Gringinger erklärt: „Es gibt keine festgefahrenen Schemata, wie wir Pflege durchführen.“ Bei einer Pflegediagnose durch den gehobenen Dienst werde für jeden Patienten ein individueller Pflegeplan erstellt und laufend evaluiert – und ganz auf den Tagesablauf des Einzelnen abgestimmt. „Das erfordert enorme Flexibilität von den Pflegepersonen. Hinzu kommt, dass wir eine interdisziplinäre Belegungsstruktur haben, also keine Abteilungsstruktur. Das macht die Pflege von Patienten sehr abwechslungsreich“, sagt Gringinger. Die Basis für eine gute Patientenpflege: ein guter Beziehungsaufbau, von Anfang an. Und dazu benötige es Kommunikation und Interaktion von allen Mitarbeitern des Klinikums mit den Patienten. Das soziale Umfeld der Patienten werde so gut wie möglich mitberücksichtigt: „Angehörige dürfen jederzeit kommen und wenn notwendig auch hier übernachten. Wir unterstützen Patienten und ihre Angehörigen auch darin, die beste Betreuung nach dem Krankenhausaufenthalt zu organisieren.“
Neues Konzept: „Spiritual Care“
Empathie und Sorge umeinander: Mit der Einführung des neuen Konzeptes „Spiritual Care“ möchte die Klinik in der Betreuungsqualität noch einen Schritt weitergehen: „Es geht dabei um die spirituellen Bedürfnisse von den Patienten und allen Mitarbeitern unseres Hauses. Diese Bedürfnisse sollen gespürt und erkannt werden, um entsprechend reagieren zu können“, erklärt Gringinger. Das Konzept entspreche der Tradition des Hauses, welches früher durch das Wirken der Diakonissen geprägt war. Und die Umsetzung? „Die Vermittlung erfolgt in Form von Fokustagen, die durch Follow-ups vertieft werden. Eine Gruppe von Mitarbeitern hat sich mit Spiritual Care vertieft auseinandergesetzt. Sie wurden als Multiplikatoren ausgebildet“, sagt Gringinger. Diese „Empathie- und Wahrnehmungsschulung“ aller Mitarbeiter schaffe ein angenehmes Klima unter den Kollegen im Klinikum und einen verständnisvollen Umgang mit den Patienten: Gerade bei einem Krankenhausaufenthalt sei es besonders wichtig, den Patienten abzuholen und zu spüren, inwieweit er Unterstützung braucht. Patienten hätten oft mit existentiellen Fragen wie „Warum gerade ich?“ oder „Wie soll es weitergehen?“ zu kämpfen. Manchmal helfe ein seelsorgerisches Gespräch, eine einfache Geste, das gemeinsame Finden von Kraftquellen oder ein Gebet. „In unserer Spiritualität bemühen wir uns um Wertschätzung, Achtsamkeit und Toleranz und darum, dass sie wohltuend in der Klinik spür- und erlebbar wird.“_
Es geht um die spirituellen Bedürfnisse von den Patienten und allen Mitarbeitern unseres Hauses.
Susanne Gringinger
Pflegedienstleiterin, Klinik Diakonissen
Neue Ausbildungsmöglichkeiten im Pflegebereich
„Der Pflegebedarf wird sich in den nächsten Jahren erhöhen und deshalb war es notwendig, die Ausbildungsniveaus in den Pflegeberufen anzupassen“, sagt Susanne Gringinger. Durch die Einführung der Pflegeassistenzberufe wie Pflegeassistenz und Pflegefachassistenz und die neue Ausbildung im gehobenen Dienst der Gesundheits- und Krankenpflege soll der zukünftige Pflegebedarf in allen Versorgungsstufen gesichert werden.
Das Angebot an Ausbildungen am Bildungszentrum der Diakonissen Linz gliedert sich aktuell in drei Teilbereiche:
01 Pflegefachassistenz (4 Semester) oder Upgrade auf Pflegefachassistenz (2 Semester)
02 Fort-/Weiterbildungen und Workshops
03 Nostrifikation Pflegefachassistenz, diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger_Die Ergänzungsausbildungen richten sich an Personen, die im Ausland eine Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege abgeschlossen haben und diesen Beruf in Österreich ausüben möchten.
Pflegemodell der Klinik Diakonissen
Das Pflegemodell beruht auf den Theorien von Dorothea Orem, Hildegard Peplau und Roper-Logan-Tierney mit den Schwerpunkten Kommunikation und Interaktion, Selbstfürsorge, Gesundheitsförderung, ressourcenerhaltende Begleitung und Lebensaktivitäten. Die Ausrichtung des Pflegeprozesses, der Pflegediagnosen und der Pflegeorganisation beruht ebenfalls auf diesem Modell.