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Wenn uns die Welt Zitronen gibt …

… dann wollen wir die am besten gleich wieder zurückgeben. Und alles wie vorher haben. Keine Existenzängste, keine Umsatzeinbußen. Einfach wieder die Welt, wie sie vorher war, die alte Normalität. Weil das aber nicht möglich ist, fragen wir Michael Stingeder, wie man aus diesen verdammten Zitronen Limonade machen kann.

An den 13. März dieses Jahres erinnert sich Michael Stingeder noch ganz genau. Der diplomierte Humanenergetiker und Bundesberufsgruppensprecher für Humanenergetik der WKÖ will gerade in sein Auto steigen, um zu einem Workshop nach Wien zu fahren, als die Bundesregierung die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus bekannt gibt. „Ich muss gestehen, dass ich das Thema Corona davor noch gar nicht so ernst genommen habe.“ Den Workshop sagt er ab. Es folgen acht Wochen zuhause mit seiner Familie, er ist Vater von drei (mehr oder weniger pubertierenden) Söhnen. „Wir wurden gezwungen, zur Ruhe zu kommen“, sagt er. Und er sagt das mit einem Lächeln. Was er daraus gelernt habe? „Dass auch Onlinecoachings sehr gut funktionieren können.“ Im Interview erzählt er, was die große Chance dieser Krise ist. Und wie man sie nutzen kann.

Wir reden über gesundheitliche und über wirtschaftliche Folgen der Coronakrise. Aber was sind eigentlich die psychischen Folgen, was macht so eine Ausnahmesituation mit unserem Inneren?

StingederDas grundsätzliche Thema ist: Wie gehe ich mit Situationen um, die ich momentan nicht ändern kann? Das ist eine der größten Herausforderungen. Aber auch eine der größten Chancen. Ich sehe die Coronazeit als Riesenchance, sich persönlich weiterzuentwickeln. Das eine ist das Virus, das andere ist, dass die Welt scheinbar eine Zäsur gebraucht hat. Es ging nicht mehr höher, schneller und weiter. Und obwohl diese Zeit natürlich eine große Herausforderung ist, bietet sie auch die Möglichkeit, nicht nur den Kleiderschrank auszumisten, sondern auch sein Inneres. Um sich Fragen zu stellen wie: Wie geht es mir mit meinem Leben? Will ich wie bisher weiterleben? Viele wollen zurück zur alten Normalität, aber es braucht eine neue Normalität, eine Weiterentwicklung, um einen nächsten Schritt zu machen.

Aber wie gelingt es, diesen Schritt nach vorne statt wieder nach hinten zu machen?

StingederWenn Klienten bei mir sind, geht es meistens darum, Muster zu überwinden, das ist immer eine Herausforderung. Das Wichtigste ist daher zunächst, sich bewusst zu sein, dass die Gefahr des Rückfalls droht. Weil es natürlich bequemer ist, eingefahrene Geschichten weiterzubetreiben. Aber wenn ich achtsam bin, erkenne ich die Gefahren besser, die mich wieder in ein altes Rad zurückfallen lassen würden. Als Beispiel: Viele haben während der Coronazeit zu sporteln begonnen. Und jetzt ist es plötzlich wieder verlockender, stattdessen im Gastgarten drei Bier zu trinken. Diese Achtsamkeit zu üben, das ist eine große Chance der Krise.

Glauben Sie, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Neuanfang ist?

StingederEinen besseren Zeitpunkt gibt es nicht. Wobei es nicht gleich ein Neuanfang sein muss, es geht darum, zu überdenken und hinterfragen. Und viele der Terminanfragen in meiner Praxis haben genau diesen Hintergrund: Die Menschen wollen ihr bisheriges Leben weiterentwickeln, wollen den Sinn dahinter sehen, warum sie auf der Welt sind.

Aber in einer derart unsicheren Zeit einen Neuanfang zu wagen, birgt ein großes Risiko in sich. Sollte man da nicht zunächst abwarten, wie sich die Wirtschaft entwickelt?

StingederJeder Tag trägt ein Risiko in sich. Es braucht daher immer Mut. Es stimmt, im Moment können wir nichts planen, wir wissen nicht, ob ein weiterer Lockdown kommt. Aber diese Unsicherheit bringt wieder eine Chance mit. Die Chance, im Hier und Jetzt zu leben. Und nachdem wir kaum vierzehn Tage vorausplanen können, werden wir gezwungen, im Hier und Jetzt zu leben. Das hindert uns auch ein Stück weit daran, wieder in das alte Muster zu fallen – einen Termin nach dem nächsten zu planen, privat wie beruflich. Das ist eigentlich einer der zentralen Punkte meiner Arbeit: das Heute zu nutzen.

Ist das so einfach, wie es klingt?

Stingeder(lacht) Das klingt jetzt makaber, aber in meiner Praxis arbeite ich dazu gern mit dem Tod. Da geht es nicht darum, Angst zu machen, sondern das Bewusstsein zu schaffen, dass wir nicht ewig leben, aber die Zeit, die wir hier zur Verfügung haben, bewusst nutzen können. Der Tod ist dazu ein Bewusstseinsinstrument. Wenn man das jetzt auf die Coronakrise umlegt: Wir wissen nicht, ob die Infektionszahlen wieder ansteigen oder wann sie wieder ansteigen. Ich kann also nicht weit planen. Und damit ist heute der wichtigste Tag in meinem Leben. „Carpe diem“ ist ein wunderbarer Spruch. Aber diesen wirklich vom Kopf ins Gefühl zu bekommen, ist ein Prozess. Dazu braucht es meist Unterstützung von außen. Im Hier und Jetzt zu leben ist eine Worthülse, das Füllen ist ein Bewusstseinsprozess.

„Ich sehe die
Coronazeit als
Riesenchance, sich
persönlich weiterzuentwickeln.“

Michael Stingeder diplomierter Humanenergetiker, Fachverbandsobmann persönliche Dienstleister WKÖ, Bundesberufsgruppensprecher Humanenergetik WKÖ

Planen ist jetzt also nicht drin. Dabei ging es doch in sämtlichen Seminaren immer darum, sich Ziele zu setzen.

StingederEs macht natürlich schon Sinn, sich Gedanken zu machen: Was ist meine Vision? Wohin will ich generell im Leben? Welche Talente habe ich und wie kann ich sie nutzen? Es ist auch gut, sich sowohl erreichbare als auch schwer erreichbare Ziele zu setzen. Aber wir sollten aufhören, von einem Ziel zum nächsten zu hetzen und privat wie beruflich ohne Rast permanent Zielen hinterherzueifern. Jetzt geht es darum innezuhalten, durchzuatmen und von einem Ziel zum nächsten reflektieren, was sich am Weg vielleicht verändert hat, warum ich mir dieses Ziel gesteckt habe – vielleicht nur, um mich besser darzustellen? Oder weil ich gar nicht weiß, dass es auch anders geht? Corona hilft uns, viel besser zu reflektieren – warum mache ich das Ganze? Und dieses Warum ist für mich essenziell.

Manche hat die Krise aber so hart getroffen, dass sie sich nicht die Warum-Frage stellen, sondern vielmehr die Frage: Wie schaffe ich das jetzt überhaupt noch?

StingederMeistens kommen die Menschen zu mir, wenn sie verzweifelt sind – egal ob aus beruflichen oder privaten Gründen. Meine Aufgabe ist es zu versuchen, die andere Seite zu beleuchten. Bei Schicksalsschlägen kann ich meine Wut und Ängste nach außen transferieren – dem Virus oder der Regierung die Schuld geben. Oder ich setze mich hin und frage mich: Was will mir das Leben damit sagen? Mein Lebensgrundsatz war immer schon: Wenn dir das Leben Zitronen reicht, dann kannst du dir damit in die Augen spritzen oder du machst einen Saft daraus. Um diese zweite Seite, diese Möglichkeit zu sehen, braucht es aber wieder ein gewisses Bewusstsein, um nicht in Verzweiflung zu erstarren. Diese Verzweiflung ist ja berechtigt, aber Selbstmitleid bringt mich nicht weiter. Weiter bringt es mich, wenn ich die äußeren Umstände, die ich nicht ändern kann, akzeptiere und versuche, das Beste daraus zu machen.

Inwiefern kann die Humanenergetik dabei helfen, das Beste daraus zu machen?

StingederDie Humanenergetik hat unterschiedlichste Methoden und Möglichkeiten, um unterstützend einzugreifen. Von Biofeedback und Bioresonanz über Kinesiologie und Magnetfeldanwendungen bis hin zu Cranio Sacraler Energiearbeit. Auf der Seite humanenergetiker.co.at sind alle Methoden aufgelistet und auch die Kontakte zu den jeweiligen Humanenergetikern. Oft hört man aber auch einfach über Mundpropaganda, wer am besten zu einem passt.

Was werden wir in einem Jahr über den Frühling 2020 sagen?

StingederIch wünsche mir, dass wir sagen werden: Dieser Frühling war notwendig, um gewisse Themen anzugehen, um neue Chancen zu nutzen – und die Welt ist nun eine andere, eine bessere als zuvor._

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