Klingt alles sehr zeitaufwendig und mühsam? „Meine Erfahrung zeigt: Je mehr Zeit sich die Führungskraft für Führung in Relation zur Größe ihres Teams nimmt, desto weniger Probleme hat sie im Alltag“, sagt Christian Schernthaner, der selbst 31 Jahre Erfahrung in der Führung mit Schwerpunkt Vertrieb hat. Als positives Beispiel nennt er einen seiner Kunden, Unternehmer eines 20-Personen-Betriebes, der sich zum Großteil auf seine Führung konzentriert. „Er hält die Kundenkontakte, führt die Kommunikation des Unternehmens, entscheidet große strategische Themen, kümmert sich um die Mitarbeiterakquise und bespricht das alles auch mit seinem Team.“ Und wenn er mal drei Wochen auf Urlaub ist? „Dann läuft der Laden genauso weiter.“ Das sei übrigens eine gute Frage, um seine eigene Führungsstärke unter die Lupe zu nehmen: Was passiert, wenn ich drei Wochen lang weg bin? Muss ich dann zusperren? „Wer sich oft als Führungskraft alleingelassen fühlt und sich denkt: ‚Ohne mich geht da gar nichts', der sollte das als Zeichen sehen, dass zu wenig Führung stattfindet“, so der Unternehmensberater.
Vom Suchen und Finden
Doch wie findet man nun jene Mitarbeiter, die den Laden auch schupfen, wenn der Chef mal nicht da ist? Wenn Christian Schernthaner genau mit dieser Frage betraut wird, dann gibt er vorweg eines zu bedenken: Es geht nicht nur darum, Mitarbeiter aufzunehmen, die das bisherige Geschäft gut machen. Viel wichtiger ist die Frage: Welche Mitarbeiter brauchen wir, damit das Geschäft auch in fünf Jahren gut läuft – dann, wenn die Digitalisierung noch weiter fortgeschritten ist? Hab ich jemanden im Team, der sich mit den Zukunftsthemen auseinandersetzen kann? Jemanden, der die Kompetenz hat, zu entscheiden, welche Programme wir in Zukunft brauchen, welche Daten wir kaufen und wie wir sie auswerten? „Wer hingegen vorwiegend im Tagesgeschäft operativ tätig ist, der wird keine Zeit haben, über Zukunftsthemen und Strategien nachzudenken“, weiß Schernthaner. Er verstehe natürlich, wenn ein Tischlerbetrieb, dessen Auftragsbücher voll sind, keinen Drang verspürt, sich diese Fragen zu stellen. „Aber was ist in fünf Jahren? Dann wird es mittels Künstlicher Intelligenz vielleicht auch in der Industrie möglich sein, individualisierte Möbel in hoher Qualität zu fertigen. Wenn ich nicht die Bereitschaft habe, mir unangenehme Fragen zu stellen, werde ich mich nicht weiterentwickeln können.“
Und diese Weiterentwicklung brauche es auch bei der Personalsuche. „Ich muss offen sein für Menschen, die vielleicht ganz anders sind als die, die ich mir erwartet habe, und ganz andere Bedürfnisse haben.“ Und die wollen nicht nach Schema F geführt werden, sondern individuell. „Der eine braucht die volle Aufmerksamkeit der Führungskraft, der andere will in Ruhe gelassen werden. Der eine findet das alljährliche Grillfest toll, der andere kann damit nichts anfangen.“ Was aber fast alle gemeinsam haben, so Schernthaner: „Hierarchische Führungsstrukturen akzeptiert keiner mehr.“ Und daher gehe es vor allem darum, alte Hierarchien aufzulösen. „Der Chef hat ja gar nicht mehr die Chance, im Fachwissen bis ins Detail über alles Bescheid zu wissen. Er ist nicht mehr der, der allein die Prozesse steuert. Er ist der Erste unter Gleichen. Und dabei muss er nicht der Allwissende sein. Sondern jener, der es schafft, viele Kluge an einem Ort zu versammeln und immer wieder herauszufordern.“ Gut geführte Mitarbeiter sind übrigens nebenbei die beste Werbung für die Personalsuche. „Wer seine Mitarbeiter gut führt, ist auch in der Personalsuche führend“, ist Schernthaner überzeugt. Denn ein Inserat mit dem Wortlaut „Wir sind ein dynamisches Team“ ist eine Sache (die übrigens keiner mehr lesen will). Immer wieder persönlich „Dort zu arbeiten, macht echt Spaß – da wird man wertgeschätzt!“ zu hören, eine ganz andere.
Der Lebenslauf von Christian Schernthaner liest sich wie eine Wanderkarte, die genau dorthin führt, wo er jetzt ist. Denn wer so viel Erfahrung als Führungskraft und im Vertrieb gesammelt hat (unter anderem als Geschäftsführer der Rex Handelsges.m.b.H und in der Verkaufsleitung bei der Wolfgang Denzel AG), der will all diese Erfahrungen irgendwann weitergeben. 2015 gründete er daher die CS Beratung mit Schwerpunkt auf Beratung im HR-Bereich für Klein- und Mittelbetriebe. Außerdem ist er Mitglied der HRM Expertsgroup, Laienrichter am Arbeits- und Sozialgericht Linz sowie Arbeitskreismitglied der Arbeitskräfteüberlasser an der WKOÖ.