In China wird man als Vortragender nie Feedback erhalten, weil Kritik den Gesichtsverlust des Redners bedeuten würde. US-Amerikaner tun detaillierte Einleitungen bei Präsentationen als Geschwafel ab – es heißt auf den Punkt zu kommen. Und die Schweden sind irritiert von den vielen Titeln, die man in Österreich und Deutschland gerne vorführt. Kulturelle Unterschiede sind nur einer der vielen Faktoren, mit denen sich Unternehmen befassen müssen, wenn sie im Ausland tätig sein wollen.
Genau hier kommt der Exporttag ins Spiel. Wirtschaftsdelegierte, Botschafter und Unternehmer aus der ganzen Welt teilen ihr Wissen – in Vorträgen, Diskussionen, bei individuellen Beratungen und Workshops. Einer der Vortragenden ist Luis Alfonso de Alba, Botschafter der Vereinigten Mexikanischen Staaten: „Seit den 1990er-Jahren ist die Wirtschaft in Mexiko sehr viel offener geworden. Durch seine enge Beziehung zu den USA und Canada sowie die starke Rolle in Südamerika bietet es viele Möglichkeiten für ausländische Unternehmen. Bisher ist der Austausch zwischen Österreich und Mexiko noch sehr schwach – aber es gibt viel Potenzial“. Friedrich Steinecker, Wirtschaftsdelegierter in Mexiko, rät österreichischen Unternehmen, die in Mexiko Fuß fassen wollen:
„Überlegen Sie sich, wie Sie die Distanz und Sprache überwinden können und laden Sie Ihre Geschäftspartner nach Österreich ein – das schätzen sie sehr!“ Auch europäische Stimmen melden sich zu Wort. Wir treffen Georg Karabaczek, den österreichischen Wirtschaftsdelegierten in London, und fragen ihn prompt nach den Österreichern im Vereinigten Königreich. „Die meisten österreichischen Großunternehmen sind in Großbritannien tätig, viele KMUS wollen hierher. Aber die Unternehmen müssen sich bewusst sein, dass der Markt eine sehr intensive Betreuung braucht. Ich rate ihnen immer: Nicht aufgeben!“, erzählt Karabaczek.Christian Miller berät Unternehmen, die planen in die Tschechische Republik zu expandieren. „Tschechien ist der wichtigste Zugang zu den zentral- und osteuropäischen Ländern. Bereits 1.800 österreichische Firmen haben hier eine operative Niederlassung – aber es könnten ruhig noch mehr sein“, meint Miller mit einem Augenzwinkern. Steinecker, Karabaczek und Miller helfen, wie die vielen anderen Wirtschaftsdelegierten weltweit, österreichischen Unternehmen bei ihrem Start in anderen Ländern. Auf dem Exporttag sitzen sie alle im Festsaal des Palais und stehen den ganzen Tag für individuelle Beratungen zur Verfügung. Klare Zielgruppe: Unternehmen, die planen ins Ausland zu gehen. „Beim OÖ Exporttag haben Unternehmer die Möglichkeit, sich an einem Tag zu allen Fragen des Exports umfassend zu informieren. Zusätzlich ist der Exporttag der Treffpunkt der heimischen Exportwirtschaft und die Netzwerkplatt- form schlechthin“, erzählt Stefan Schöfl, Leiter des WKOÖ Export Centers.
Weltweit wissen wies läuft
Abseits davon sind aber auch Besucher mit ganz anderen Intentionen anzutreffen. In einem Vortrag zu interkulturellen Unterschieden nehme ich neben Sonja Friedrich Platz. Sie ist Professorin an der HAK Traun. Mit Schülern des Ausbildungsschwerpunktes „Marketing & Internationale Geschäftsfelder“ besucht sie jedes Jahr den Exporttag und freut sich, dass sie hier immer willkommen sind. Der Vortrag „Weltweit wissen wie’s läuft“ befasst sich vor allem mit interkulturellen Business- Spielregeln. Sophie Wiesinger unterrichtet an der FH Steyr und weiß, wie man sich peinliche Fettnäpfchen ersparen kann: „Beziehungsorientierung, Zeitorientierung und der Präsentations- bzw. Trainingsstil sind wichtige Punkte. Unternehmen müssen sich bewusst sein, was im jeweiligen Land erwartet wird. Humor wird von Österreichern zum Beispiel oft überschätzt.“ Für ihren Kollegen Hannes Hofstadler gehört kulturelles Verständnis zur Allgemeinbildung – das kommt vor allem beim Abendessen zum Tragen, wenn man sich mit Geschäftspartnern über die Ereignisse oder Hintergründe eines Landes unterhält. Roland Huspek hat diese Erfahrungen selbst gemacht. Er verantwortet die rumänische Niederlassung von Zauner Anlagentechnik. Seit 2009 bildet das Unternehmen in Satu Mare Schweißer aus. „Gründe für die Ausbildungsstätte waren der Fachkräftemangel und auch der Preisdruck durch die
Konkurrenz“, so Huspek. Das Unternehmen habe sich unter anderem aufgrund der EU-Fördermittel für Rumänien entschieden. Schnell fielen Huspek kulturelle Besonderheiten in Rumänien auf: „Rumänen sind sehr heimatverbunden. Familienfeste haben einen sehr hohen Stellenwert. Aufgrund der wenigen synchronisierten Filme sprechen sie alle sehr gut englisch. Und sie zeigen einen tollen Arbeitseinsatz. Aber mit der Pünktlichkeit nehmen sie es nicht so genau.“
"Der OÖ Exporttag ist der Treffpunkt der heimischen Exportwirtschaft und die Netzwerkplattform schlechthin"
Stefan SchöflLeiter des WKOÖ Export Centers
Beim Hinausgehen treffen wir auch noch Gabriele Hofstätter. Als Gründungspräsidentin des Export Club Österreich ist sie seit jeher dabei. „Es ist der zentrale Tag der oberösterreichischen Exporte. Unternehmen können von den Erfahrungen der Mitbewerber lernen. Wahnsinnig viel Exportwissen versammelt sich an einem Ort.“ Nächste Gelegenheit dafür? Im November 2015.
Erfolgsfaktoren für Weltmarktführer
von Andreas Otterbach, Otterbach Consulting
Wichtiger Programmpunkt beim Exporttag ist alljährlich auch die „Exporter’s Night“ – zuerst wird am Podium erzählt und diskutiert, danach folgt Netzwerken zum Erfahrungen austauschen und Meinungen einholen. Dieses Jahr lauschte ein prall gefüllter Großer Saal den Worten von Professor Andreas Otterbach, der die Frage beantwortete: Wie wird man zum Weltmarktführer?
Innovationskraft_ Weltmarktführer entwickeln aus eigener Kraft neues.
Familiengesellschaft_ Weltmarktführer sind häufig Familienunternehmen. Die Bindung an das Unternehmen ist hier stärker und Strategien können längerfristiger geplant werden.
Wertschöpfungstiefe_ Unternehmen übernehmen den größten Teil der Gütererstellung selbst.
Fokussierung_ Viele Weltmarktführer konzentrieren sich auf ein Produkt.
Globaler Vertrieb_ Wie man einen globalen Vertrieb aufbauen kann, dazu findet man zahlreiche Antworten auf Veranstaltungen wie dem Exporttag.
Mehr Arbeit als Mitarbeiter_ Wenn bei Weltmarktführern der dritte Mitarbeiter gebraucht wird, wird der zweite eingestellt.
Preis – Qualität wird bezahlt_ Stimmt die Qualität, wird ein hoher preis anerkannt und auch bezahlt.
Investitionen in Hightech_ Damit schaffen Unternehmen Dauerhaftigkeit und sind seltener auf fremde Finanzierung angewiesen.
Mitarbeiter als wertvollstes Gut_ Mitarbeiter brauchen Spielraum, auch abseits von Führungspositionen. Was Spaß macht, geht leichter von der Hand – Weltmarktführer verzeichnen viel geringere Krankheits- und Fluktuationsquoten.