Führende Firmen der Digitalbranche sind in OÖ angesiedelt. Warum wird dieser Joker nicht stärker im Contact-Tracing zur Entwicklung einer Lösung eingesetzt?
ACHLEITNERDie Coronakrise brachte uns mit der „Stopp Corona“-App den größten Feldversuch. Das Rote Kreuz ist die Organisation, die in Österreich den höchsten Vertrauensindex hat. Die Verantwortlichen dort haben gesagt, dass sie eine völlig sichere und anonymisierte Appversion haben, die nichts anderes tut, als Kontakte aufzuzeichnen, um im Bedarfsfall zu warnen, dass man Kontakt mit einer infizierten Person hatte. Die App ist einfach und kann de facto auch nicht missbraucht werden. Sie würde uns beim Contact-Tracing die Arbeit enorm erleichtern, aber was war der Effekt? Nicht einmal eine Million Menschen haben die App am Handy installiert. Es ist eine schwierige Aufgabe, den Nutzen der Digitalisierung mit dem entsprechenden Vertrauen auszustatten.
Sie haben angekündigt, Oberösterreich aus der Krise herausinvestieren zu wollen. Dazu will das Land viel Geld in die Hand nehmen – der „Oberösterreich-Plan“ soll 1,2 Milliarden Euro schwer sein. Wo sehen Sie die wichtigsten Stellschrauben, um aus dieser Krise wieder herauszukommen?
ACHLEITNERIn einer Krise gibt es zwei Phasen. Die eine ist die Krisenbewältigung, die andere ist der Wiederaufbau. Wir haben schon im Mai mit der Erarbeitung des Oberösterreich-Plans begonnen und uns mit der Bundesregierung die Frage gestellt: Wie schaffen wir ein Herausinvestieren aus der Krise, damit wir nicht einbrechen. Die Gemeindemilliarde des Bundes bedeutet für Oberösterreich 162 Millionen. Diesen Betrag haben wir verdoppelt, weil die Gemeinden die lokalen Auftraggeber für die kleinen Betriebe sind. Für die Unternehmen haben wir eine bundesweite Investitionsprämie aufgelegt. Unternehmen, die bis Februar Investitionen einreichen, bekommen sieben Prozent Direktzuschuss vom Staat. Einen Lenkungseffekt erreichen wir dadurch, dass wir Investitionen in Digitalisierung, Ökologisierung oder in den Gesundheitsbereich sogar mit 14 Prozent fördern. Ich freue mich, dass ein Drittel aller Anträge aus Oberösterreich kommt, wir sind derzeit bei 5,8 Milliarden Euro Investitionsvolumen. Das wird ein Turbo für das kommende Jahr werden. Der dritte Baustein ist der große Hebel der Bauwirtschaft. Wir investieren in den öffentlichen Verkehr, in Infrastruktur und in den Gesundheitsbereich. Im Kepler Universitätsklinikum wird der ganze Kindertrakt nun früher als geplant neu errichtet. Wir nehmen viel Geld für Forschung und Entwicklung in die Hand, denn Innovationen sind der Treiber der Wirtschaft.
Welche Schlagzeile wünschen Sie sich zur Eröffnung der TU Oberösterreich im Studienjahr 2023/24?
ACHLEITNERDas Zentrum der digitalen Transformation startet in Oberösterreich.
Wie überzeugen Sie einen Maturanten, der eigentlich an die TU nach Wien gehen möchte, stattdessen in Oberösterreich zu studieren?
ACHLEITNERMit der Konzeption einer völlig neuen, eigenständigen Universität des 21. Jahrhunderts. Diese hat zum Ziel, die digitale Transformation des gesamten Wirtschaftswesens zu erforschen, zu lehren und dann auch in Wertschöpfung zu verwandeln. Dies ist ein völlig neuer Ansatz.
Simone Gastberger vom Eventresort Scalaria am Wolfgangsee ist Teil jener Branche, die die Pandemie am meisten trifft – dennoch bleibt sie positiv und hat sich in der Krise neu erfunden. Kennen Sie noch weitere Beispiele, die in der schweren Zeit etwas Positives gefunden haben?
ACHLEITNERFast alle Unternehmer haben viel gelernt und gezeigt, dass sie anpassungsfähig sind. Simone Gastberger ist ein perfektes Beispiel dafür, weil sie vom reinen Seminarhotel auf Urlaubsgäste umdisponiert hat. Mit unserer Digitalisierungsoffensive haben wir Unternehmen rasch geholfen, sich online umzuorganisieren. Die Gastronomie hat in weiten Teilen schnell auf Zustellung und Abholung umgestellt, der kleine Buchhändler hat den Zusatzvertriebsweg Internet kennengelernt. Gerade bei kleinen Geschäften sind die Kunden treu, man musste sich nur auf die neuen Bedürfnisse einstellen, was meiner Meinung nach gut funktioniert hat.
Wie machen Sie den oberösterreichischen Tourismusbetrieben Mut?
ACHLEITNERWir haben im Sommer schon gesehen, dass die Menschen wieder mehr Gespür dafür bekommen haben, was Oberösterreich alles kann und zu bieten hat. Ausflugsziele, Gastronomie und ansässige kleine Händler wurden regelrecht gestürmt. Viele Gäste entdeckten Plätze, wo sie noch nie zuvor waren. Die heimischen Touristen haben die Qualität der oberösterreichischen Betriebe kennengelernt, daher wird es auch in Zukunft bestimmt wieder zu Höhenflügen kommen.
Und wovor warnen Sie?
ACHLEITNERWir dürfen nicht glauben, dass wir das Virus schon überwunden haben. Auf uns aufpassen und zusammenhalten lautet die Devise, damit wir bald wieder zuversichtlich in die Zukunft schauen können.
Auf sämtlichen Kanälen sieht/hört/liest man jetzt Tourismuswerbung der einzelnen Bundesländer. Was ist der USP von OÖ?
ACHLEITNEROberösterreich ist die Essenz Österreichs. Alles, was Österreich kann, haben wir in Oberösterreich. Seen, Berge, Kultur, Städte, Kulinarik, Sport – es ist wunderschön bei uns. Gepaart mit unserer Mentalität haben wir einen Vorteil, den andere nicht haben.
Mit welchen Gefühlen blicken Sie in die Zukunft?
ACHLEITNERMit absoluter Zuversicht und mit Dankbarkeit für den Zusammenhalt unserer Landsleute in einer schwierigen Phase. Das gibt Kraft. Es gibt überhaupt keinen Grund, warum Oberösterreich nicht genauso stark werden sollte wie vor Corona. Ich bin sogar überzeugt, es wird stärker werden._