Und, BIMst du schon?
Wo steht die Bauwirtschaft in puncto Digitalisierung? Ziemlich weit vorne. Theoretisch. Und praktisch? Mitten im Umbruch. Denn auch wenn die digitale Transformation längst am Bau angekommen ist, muss sie die gesamte Branche durchdringen, um den großen Nutzen von Building Information Modelling (BIM) & Co. sichtbar zu machen.
Captain Spock hatte es schon in den 70er Jahren drauf. Er konnte in einen Stern auf seinem Hologramm hineinzoomen und sich dann direkt darauf begeben. „Ich komme aus der Raumschiff-Enterprise-Generation“, sagt der Geschäftsführer der oberösterreichischen Bauakademie Harald Kopececk, „was damals noch als Science-Fiction galt, ist heute der digitalen Planung sehr ähnlich.“
BIM, Künstliche Intelligenz, Robotik, Virtual Reality, 3D-Druck und vieles Digitale mehr bestimmen die Trends am Bau. Aber wie digital sind hierzulande Baustellen überhaupt schon? Landesinnungsmeister Norbert Hartl dazu: „Wir müssen das Thema Digitalisierung in der gesamten Branche vom Sub- bis zum Generalunternehmen etablieren. Die Durchdringung der Branche gehört zu unseren Hauptzielen, die wir mit unserem Aus- und Weiterbildungsprogramm an der Bauakademie verfolgen.“ Doch wie gelingt das?
Baulehre: modern und innovativ
„Die Baubranche ist keinesfalls verstaubt, sie ist sogar sehr innovativ“, sagt Kopececk. Es sei das Image vieler Berufsbilder der Baubranche, das längst nichts mehr mit der Realität zu tun hat. Und dieses möchte man ändern. „Wir haben die Bauakademie vor 40 Jahren gegründet, um Lehrlingen am Bau in ganz Österreich höchste Ausbildungsstandards zu bieten. Die Baulehre wurde vor kurzem komplett relaunched“, erklärt der Geschäftsführer des Ausbildungszentrums. Neben der Änderung der Berufsbezeichnungen wie etwa von Maurer auf Hochbauer wurden vor allem die Ausbildungsinhalte auf die heutigen modernen Baustellenstandards verändert und angepasst. Das „triale“ Lehrlingsausbildungssystem der Bauakademie bietet zur Praxis im Lehrbetrieb und der Berufsschule eine zwischenbetriebliche Ausbildung. „Heutzutage haben wir jährlich 700 Lehrlinge, die dieses Ausbildungssystem erfolgreich nutzen“, sagt Kopececk. In zwei bis drei Wochen pro Lehrjahr erwerben die Jugendlichen praktische Kenntnisse und Fertigkeiten aus den Berufsbildern Hoch-, Schalungs- oder Tiefbauer. Österreichweit werden so rund 3.700 Lehrlinge in den acht Bauakademien zusätzlich qualifiziert. Und: „Jeder Lehrling bekommt vom ersten Tag an ein Tablet zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig haben www.e-baulehre.at –
eine Online Lernplattform für die Baulehre – geschaffen, die von unseren Lehrlingen sehr erfolgreich und intensiv genützt wird. Am Bau wird zunehmend digital gearbeitet und die Jugendlichen sehen von Beginn an die vielen Chancen und Möglichkeiten, die ihnen diese digitalen Tools bieten“, ergänzt Landesinnungsmeister Hartl. Schwieriger sei es, das Thema Digitalisierung in den Köpfen der älteren Generationen zu verankern. Hartl nennt auch hier die digitale Gebäudeplanung via BIM, deren „Mehrwert und Nutzen für viele noch nicht erkennbar ist“. Schließlich sei die Planung von Beginn an aufwendiger, detaillierter und genauer, weil von allen Baubeteiligten – vom Architekten bis zum Statiker – zur gleichen Zeit gearbeitet wird, um den Bauprozess und das Gebäude gemeinsam zu optimieren. „Nur wenn der digitale Reifegrad der Baubetriebe erhöht wird, kann die Digitalisierung als Erfolgsfaktor genutzt werden“, so Hartl.
Junges, digitales Blut für Unternehmen
Gerade im KMU-Bereich können Betriebe über junge Mitarbeiter zunehmend digitalisiert werden, da „die junge Generation das Thema ja mit der Muttermilch aufgesaugt hat“, sagt der Landesinnungsmeister dazu. Doch welche Fragen sollte sich ein junger Mensch stellen, bevor er sich für eine Ausbildung in der Baubranche entscheidet? „Ob er oder sie in einer Branche arbeiten möchte, in der man mit permanenter Veränderung konfrontiert ist“, so Hartl. „Eine Baustelle verändert sich täglich. Man muss flexibel sein und ein hohes Maß an Agilität mitbringen.“ Die Vorstellung davon, welche Ausbildungs- und Karrieremöglichkeiten man in der Baubranche hat, sei in der Gesellschaft leider noch nicht angekommen. Kopececk dazu: „Wir möchten, dass die Lehre denselben Stellenwert bekommt wie weiterführende Schulen mit Maturaabschluss. Vor 40 Jahren wurde noch gesagt, dass die Lehre eine Sackgasse sei. Das ist keinesfalls mehr so. Denn ausgebildete Baufacharbeiter mit Potential haben umfassende Karrieremöglichkeiten und können es bis zum Polier, bei entsprechenden weiterführenden Ausbildungen es auch bis zum Baumeister schaffen, oder weiterstudieren. Die Qualifizierung erfolgt durch die Lehrlingsausbildung, über Weiterbildungen an den Bauakademien und vor allem durch das praktische Lernen auf den Baustellen. Wir brauchen mutige Lehrlinge mit Verantwortungsbewusstsein, die bereit sind, spontan und vor Ort Entscheidungen zu treffen.“
Stichwort: Aus- und Weiterbildung
Seit der Gründung der Bauakademie hat sich neben der Lehrlingsausbildung auch das Angebot für Aus- und Weiterbildung stark weiterentwickelt. „Von Tagesseminaren bis hin zu postgradualen Universitätslehrgängen bieten wir zahlreiche Ausbildungen für Lehrlinge, Facharbeiter und Führungskräfte an“, so Kopececk. Immer im Fokus: Digitalisierung und Nachhaltigkeit, die dominierenden Zukunftsthemen der Bauwirtschaft. Mit dem Beginn der Coronakrise wurde bei vielen Kursen auf E-Learning umgestellt. „Wir haben sofort reagiert und das Angebot an Aus- und Weiterbildungsprogrammen digital erweitert und eine digitale Bauwissensplattform und Webinare geschaffen.“ Auch Vorträge zu aktuellen Themen rund um die Bauwirtschaft werden regelmäßig digital angeboten. „Wir arbeiten eng mit Technischen Universitäten, Fachhochschulen und Unternehmen zusammen, damit wir wissen, welche Themen gefragt sind, und damit wir diese in Lehrgängen und Forschungsprojekten an der Akademie aufgreifen können.“ Besonders stolz ist man auf das europaweit einzigartige berufsbegleitende Studium „MSc BIM – Building Information Modeling“ an der Bauakademie BWZ Oberösterreich, das in Kooperation mit der Donau-Universität Krems angeboten wird.
Welchen Tipp möchte man Menschen geben, die einen Karriereweg in der Baubranche einschlagen wollen? „Alles mit Überzeugung und Begeisterung zu machen und zu bauen. Denn damit begeistert man automatisch sein Umfeld: Kollegen, Mitarbeiter, Kunden“, sagt Kopececk. Und Hartl meint: „Dass man gebaute Spuren in der Landschaft hinterlässt, auf die man ein Leben lang stolz sein kann.“_
# Gedanken
In der Schule war mein Lieblingsfach_
Hartl_ Darstellende Geometrie
Kopececk_ Physik
Wenn ich noch einmal 18 Jahre wäre, würde ich_
Hartl_ Kriminalpolizist werden.
Kopececk_ einen technischen Beruf ergreifen.
Meine größte berufliche Herausforderung war_
Hartl_ vom Geschäftsführer zum Eigentümer der Schmid Gruppe zu werden.
Kopececk_ als ich vor 20 Jahren Geschäftsführer der Bauakademie wurde.
Highlights aus den Kursangeboten der Bauakademie BWZ OÖ
Building Information Modeling: 1. Masterstudium in Österreich
Der Lehrgang wird gemeinsam von der Bauakademie OÖ mit der Donau-Universität Krems abgehalten und dauert inklusive Masterthesis zwei Jahre. Die Teilnehmer schließen mit dem akademischen Grad „Master of Science“ ab. Im Kurs werden die Grundlagen digitaler Gebäudemodelle, die Erstellung von Auftraggeber-Anforderungs-Profilen sowie konkrete Vor- und Nachteile digitaler Prozesse samt der relevanten wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingung vermittelt.
Baumeisterkurs für Oberösterreich
Die Befähigungsprüfung Baumeister und die Vorbereitung auf diese Prüfung ist ein komplexes System aus Vorwissen, Berufserfahrung und Vorbereitung. Der Prüfungserfolg hängt von den vier Erfolgssäulen schulische Qualifikation, Berufserfahrung, Eigenstudium und von den Bauakademie-Vorbereitungskursen ab.
MBA-Studium Bauwirtschaft
Das Studium MBA Bauwirtschaft ist ein berufsbegleitendes Studium mit drei Schwerpunkten und kann mit einer entsprechenden beruflichen Vorqualifikation auch ohne Matura oder Studienberechtigung absolviert werden. Das praxisorientierte Studium gewährt einen tiefen Einblick in betriebswirtschaftliche Zusammenhänge der Bauwirtschaft. In diesem dynamischen Wirtschaftssektor entscheiden besonders die Qualifikationen der Führungskräfte über Erfolg oder Misserfolg von Bauunternehmen.
Vorarbeiterausbildung an der Bauakademie Oberösterreich
Der Vorarbeiter ist die Führungskraft auf Kleinbaustellen. Als wichtiges Bindeglied zwischen Polier, Bauleitung und den ausführenden Bauarbeitern gehört der Vorarbeiter zu den wichtigsten Positionen in der Bauwirtschaft. Die Ausbildung zum Vorarbeiter an der Bauakademie vermittelt praxis- und projektbezogene Kenntnisse.