„Da würden wir widersprechen“, antworten Heiko Kleve und Tobias Köllner überzeugt. Für die beiden Soziologen steht fest: Dank traditioneller Werte, Leidenschaft und ihrer Flexibilität blicken Familienunternehmen vielversprechenden Zukunfts-perspektiven entgegen.
Das Unternehmen wird ein Stück der eigenen Identität, nicht nur eine Einkommensquelle.
Tobias Köllner
Sozialwissenschaftler und Projektleiter, WIFU
Tobias KöllnerDarüber hinaus gibt es zahlreiche Ressourcen, die von der Unternehmerfamilie gestellt werden, wie etwa engagierte Führungspersönlichkeiten oder Mitarbeiter:innen oder die Bereitschaft, im Ernstfall auf Ansprüche zu verzichten.
Ein Großteil aller Unternehmen ist familiengeführt, vor allem in Krisenzeiten erweist sich das Modell historisch als Erfolgskonzept. Woran liegt das?
Heiko KleveDas liegt überwiegend tatsächlich an der Unternehmerfamilie, genauer: an der Verbindung aus Eigentum und Verantwortung. Wer als Eigentümerfamilie die Konsequenzen des Entscheidens und Handelns auch selbst verantworten muss, versucht in ganzheitlicher Weise vorzugehen –
ist also mit allen möglichen Lebensaspekten mit dem Unternehmen verbunden. Dabei geht es nicht nur um wirtschaftliche Vernunft, sondern eben auch um Gefühle und die sensible Reflexion der möglichen Effekte, die das eigene Handeln zeitigen kann und die dann zu verantworten sind.
Tobias KöllnerAuch die bereits angesprochene Bereitschaft ist wichtig, sich gerade in solchen Krisensituationen noch stärker zu engagieren und alles für den Erhalt des Unternehmens zu tun. Das hat zum Teil auch damit zu tun, dass das Unternehmen ein Stück der eigenen Identität ist und nicht nur eine Einkommensquelle.
Werden Unternehmerfamilien durch ihr gesellschaftliches Umfeld beeinflusst?
Tobias KöllnerJa, wie alle Familien sind auch Unternehmerfamilien von der gesellschaftlichen Umwelt beeinflusst. So sind hier etwa sozialer Wandel wie die zunehmende Individualisierung der Lebensläufe und die Pluralisierung der Lebenswelten genauso relevant wie die Veränderung der Geschlechterverhältnisse. Dadurch versteht sich vieles nicht mehr von selbst, etwa die Übertragung der Nachfolge. Daher sind Unternehmerfamilien gut beraten, wenn sie die Frage, wie die Lebensentwürfe der einzelnen Familienmitglieder mit den Zielen der gesamten Familie und den ökonomischen Erfordernissen des Unternehmens zusammenpassen und zukunftsorientiert zusammengeführt werden können, nicht dem Selbstlauf überlassen.
Familienunternehmen suchen nicht das schnelle Geld, sondern den zukunftsorientierten Bestand.
Heiko Kleve
Sozialwissenschaftler und akademischer Direktor, WIFU