600 Unternehmen in der Medizintechnik mit einem Umsatz von mehr als drei Milliarden Euro, 65 gekoppelte Krankenhäuser, 80 Institute mit medizintechnischem Schwerpunkt und 850.000 stationäre Patienten pro Jahr: Die Zahlen des Medical Valley Erlangen bei Nürnberg sind beeindruckend. Die kleine Stadt hat sich als Deutschlands Zentrum für Medizin etabliert und gehört zu den stärksten und innovativsten Medizintechnik-Clustern weltweit. Erlangen ist nicht nur eine be- sondere Modellregion – sondern auch Vorbild für Oberösterreich und Linz. Denn auch hier will man mit der neuen Medizin- Fakultät und einer engen Verknüpfung von Wirtschaft, Wissenschaft und Medizin ein ideales Klima für den Standort und Unternehmen schaffen.
Wo Know-how ist, folgen Unternehmen
Erlangen und Linz sind sich tatsächlich zwischen der Wirtschaft und Universität vorantreiben soll. „Es ist beeindruckend, was in Erlangen in der Zwischenzeit entstanden ist“, sagt Hagelauer, „nun kommt es darauf an, nicht den gesamten Entwicklungsprozess noch einmal durchzumachen.“ Wichtig sei es, jene Dinge, die in Bayern Erfolg gebracht haben, auch in Linz zu übernehmen und umzusetzen, so könne man in kurzer Zeit eine noch bestehende Lücke schnell schließen. „Ein solcher Technologie- und Know-how-Transfer braucht auch eine gewisse Zeit und es wird wichtig sein, dass wir jetzt beginnen, junge Menschen mit den notwendigen interdisziplinären Kenntnissen auszubilden, die dann morgen auch für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen“, sagt Hagelauer.
Demographische Entwicklung: Chancen
Denn die Vergangenheit hat gezeigt: Wo Know-how ist, dort folgen die Unternehmen. „Wenn wir gut ausgebildete junge Menschen haben, dann ergibt sich der zweite Schritt von alleine“, so Hagelauer. Das Linzer Modell sieht vor, Kooperationen zwischen Wirtschaft, Universität und der öffentlichen Hand voranzutreiben, die Forschungsergebnisse so weiterzuentwickeln, dass Produkte folgen, mit denen neue Märkte erschlossen werden. Gut ausgebildete, junge Menschen sind für den Standort doppelt wichtig. Die Lebenserwartung der Männer in Österreich erhöhte sich seit 1991 um 6,6 auf 78,6 Jahre, jene der Frauen um 4,7 auf 83,8 Jahre. Durch die demographische Entwicklung steigt auch das durchschnittliche Alter der Bevölkerung immer weiter, das stellt Oberösterreich in punkto Betreuung vor neue Herausforderungen. „Zum einen soll die Lebensqualität bis ins hohe Alter erhalten bleiben und zum anderen muss das Ganze auch finanzierbar sein“, sagt Hagelauer. Aber die Entwicklung birgt auch neue Chancen und Möglichkeiten für den Standort – insbesondere für Unternehmen im Medizinbereich. Hier wird auch klar der USP der neuen Med-Fakultät liegen. „Und zwar in den Bereichen Klinische Altersforschung sowie Vorsorgeforschung. Beide Bereiche sind sehr wichtig für die Zukunft“, ist Hagelauer überzeugt.
"Es herrscht eine gewisse Aufbruchstimmung, alle erhoffen sich neue Chancen und Möglichkeiten."
Nora MackCluster-Managerin, Business Upper Austria
Schnittstelle zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Medizin in Oberösterreich ist der Medizintechnik-Cluster, der bis Anfang Dezember unter dem Namen „OÖ. Gesundheitstechnologie- Cluster“ bekannt war. „Wir positionieren uns als Technologie-Transferstelle mit dem Ziel,Firmen,Forscher und Ärzte zusammenzuführen und gemeinsame Projekte zu entwickeln“, sagt Cluster-Managerin Nora Mack. Innovativ ist das Bundesland bereits jetzt. „Ergebnis einer Workshop- Reihe ist etwa der Einsatz von 3D-Druck in der Mund- Kiefer- und Plastischen Gesichtschirurgie, der gemeinsam von Michael Malek, dem Vorstand der Abteilung Mund- Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie des Kepler Universitätsklinikums und dem Unternehmen Lithoz erforscht und möglich wurde“, sagt Mack. Ihrer Meinung nach würden die heimischen Unternehmen durch die neue Fakultät vor allem durch einen direkten Zugang zur Forschung profitieren. „Mein Eindruck war, dass eine gewisse Aufbruchstimmung herrscht, alle erhoffen sich neue Chancen und Möglichkeiten“, sagt die Cluster-Managerin. Insgesamt betreut man 220 Partner-Unternehmen oberösterreichweit.
Impuls erwartet
Dazu gehört auch Greiner Bio-One. Das Unternehmen beschäftigt etwa 1.800 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2014 einen Umsatz von 388 Millionen Euro. Hauptfelder sind Preanalytics mit der Entwicklung von Probeentnahmesystemen für Blut, Urin und Speichel, BioScience mit Spezialprodukten wie etwa die Kultivierung und Analyse von Zellkulturen und Diagnostics mit molekularen Analysemethoden. „Die bereits bestehenden medizinischen Fakultäten in Österreich sind Impulsgeber für die Industrie und Forschung rund um die jeweiligen Standorte“, sagt Rainer Perneker, CEO der Greiner Bio-One International GmbH, „beste Beispiele dafür sind die vielen Unternehmen in den Bereichen Life-Science und Pharma rund um die Med-Unis Wien,Graz und Innsbruck“. Einen ähnlichen Impuls erwartet man nun auch für den Standort Linz und Umgebung. „Wir freuen uns auf die Eröffnung der neuen Fakultät und gehen von einer engen Zusammenarbeit aus. Denn ohne eine Kombination aus ausreichend konkreter Forschung und anwenderorientierter Produktentwicklung in den Kernbereichen ist es für ein Unternehmen aus der Gesundheitsbranche nur sehr schwer möglich, langfristig gute Leistungen abzurufen und im internationalen Wettbewerb zu bestehen“, sagt Perneker.
„Reibungslose Zusammenarbeit wichtig“
Derzeit seien die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Oberösterreich für die Branche positiv. „Dem Bereich der Medizintechnik geht es gut“, sagt Perneker. Seit 2008 hat Greiner Bio-One etwa 60 Millionen Euro in neue Standorte wie in Rainbach im Mühlviertel, in ein neues Logistikzentrum in Kremsmünster oder in den Neubau des Sterilisationsbetriebes Mediscan investiert. Um eine Entwicklung wie in Erlangen möglich zu machen, ist für Perneker eine reibungslose Zusammenarbeit von Land, Wirtschaft und Wissenschaft notwendig. „Wichtig ist für den Erfolg der Medizin-Fakultät Linz jedoch, dass schon in der Planung die richtigen Forschungsschwerpunkte definiert werden, um sich von anderen Standorten zu differenzieren.“
"Wenn wir gut ausgebildete junge Menschen haben, dann ergibt sich der zweite Schritt von alleine."
Richard HagelauerVorstand Institut für Integrierte Schaltungen, JKU