MATTHIAS HORX
Trend- und Zukunftsforscher
Er ist Inhaber des von ihm gegründeten Zukunftsinstituts mit Sitz in Frankfurt, München und Wien. Zum Jahresende gibt Horx jährlich den Zukunftsreport heraus, außerdem erscheint im Dezember die aktuelle Megatrend-Dokumentation: www.zukunftsinstitut.de, www.horx.com
Sie sprechen von Healthness als großen Trend. Ist Wellness denn von gestern?
HorxDer Begriff Wellness hat sich in einer geradezu üblen Weise inflationiert – heute sind schon Badelatschen in einem Hotel „Wellness“. Aber eigentlich bedeutet der Begriff inzwischen „passiver Genuss“, man lässt sich verwöhnen – das war in Hotels aber immer schon der Fall. Beim Healthness-Trend geht es hingegen um die Steigerung der aktiven Gesundheit. Um eine Verbesserung meiner persönlichen Integrität und Widerstandkraft, auch in seelischer Hinsicht.
Hat die Kur ausgedient?
HorxKuren rutschen leider stark in Richtung „Wellness-Bespielung“ ab. Sie müssten das Thema der Selbstwirksamkeit viel mehr in den Vordergrund rücken, also die Frage, wie Menschen ihr eigenes Leben AKTIV verändern können. Solche Angebote gibt es heute schon, aber meistens am Rande oder im privaten Sektor wie etwa Selbstfindung beim Wandern oder Ayurveda plus Achtsamkeits-Training. Wir brauchen neue psychologische Modelle und Programme, die das Individuum und seine Ganzheitlichkeit stärken. Viele chronische Krankheiten haben ja einen tatsächlich seelischen Hintergrund.
Vom passiven Kunden zum aktiven Mitgestalter. Wohin führt das noch?
HorxWir stehen vor einem Paradigmenwechsel im Gesundheitswesen – vom taylorisierten Reparaturbetrieb zum vernetzten, proaktiven, interdisziplinären Gesundheitswesen. Es geht um neue Strategien der Vorsorge, die allerdings nicht die Medizin allein liefern kann. Wir brauchen gesunde Städte, gesunde Arbeitswelten, gesunde Ernährungswelten, gesunde Mindsets, die nicht so sehr von Ängsten und Pessimismus erfüllt sind.
Wie müsste das Österreichische Gesundheitssystem aufgebaut sein, damit es mit dem Megatrend Gesundheit konform geht?
HorxEs müsste ein Gesundheits-System sein! Heute ist es ein Krankheits-System, das vor allem die Schäden an Körper, Geist und Seele verwaltet, wobei unendlich viele Lobbys sich ein Stück aus dem Geldkuchen herausschneiden wollen. Das ist teuer und meistens nicht sehr effektiv.
Stichwort Digitalisierung
Richtig eingesetzt, ist sie ein Gewinn. Sie wird aber auch überschätzt – man kann menschliche Begegnung nicht durch Maschinen ersetzen. Der Pflegeroboter ist eine gefährliche Illusion. Und das Messen der eigenen Körperfunktionen ist heute eher ein Thema für Gesunde, für Sportler. Diejenigen, die ungesund leben und es nötig hätten, ihre Blutwerte und Fitnessdaten zu kennen, lehnen das eher ab.
ULRIKE MURSCH-EDLMAYR
Präsidentin, Apothekerkammer OÖ
Die Managerin des Jahres (ausgezeichnet von der VKB- Bank) studierte Pharmazie, ist Mutter von drei Kindern und gründete die Steyrtal-Apothe- ke, die sie mit elf Mitarbeitern führt. Seit 2012 ist sie als Präsidentin der Apothekerkammer Oberösterreich für 190 Apotheken zuständig.
Wie wirkt sich der Megatrend Gesundheit auf Apotheken aus?
Mursch-EdlmayrImmer mehr gesunde Menschen kommen mit Fragen rund um die Erhaltung ihrer Gesundheit in die Apotheke. Das bezeugen auch aktuelle GFK-Umfragen: Die Apotheke liegt als Informationsplattform nach Internet und Familie auf Platz drei. Ich stelle außerdem fest, dass Menschen zunehmend das Bedürfnis nach persönlicher Versorgung haben – weg von Produkten von der Stange hin zu individuell hergestellten Produkten wie etwa pflanzliche Arzneimittel.
Wie kann man sich eine Apotheke in 30 Jahren vorstellen?
Mursch-EdlmayrApotheken werden immer individueller und bieten immer mehr Dienstleistungen an wie die Messung von Gesundheitswerten und Gesundheitschecks. Es hat sich auch in den vergangenen 30 Jahren sehr viel verändert: Heute herrscht eine entspannte Beratungssituation und ein intensiver Austausch auf Augenhöhe. Patienten sind durch das Internet oft verwirrt, aber auch informiert – das zwingt uns natürlich dazu, uns ständig fortzubilden. Denn was vorgestern galt, ist morgen schon wieder überholt.
Spüren Sie Nebenwirkungen der Online-Apotheken?
Mursch-EdlmayrMan spürt’s schön langsam, sie sind Mitbewerber. Doch neben seriösen Internetapotheken gibt es auch viele unseriöse – rezeptpflichtige Arzneimittel durch die Welt zu schicken, ist verboten. Aufklärung verschafft die Homepage www.aufdersicherenseite.at.
Von der VKB-Bank wurden Sie zur Managerin des Jahres gewählt - und haben damit Vorbildfunktion Was tun Sie selbst für Ihre Gesundheit?
Mursch-EdlmayrIch zehre von der Vergangenheit (lacht). Bis zur Geburt meines dritten Kindes habe ich regelmäßig trainiert, weil ich viele Schiwettkämpfe bestritten hatte. Doch seitdem ich mein Geschäft eröffnet habe, steht mein Training in Konflikt mit meinem Zeitmanagement. Doch man muss Sport als Termin sehen, den man im Kalender fix einträgt – untertags, regelmäßig, knallhart.
Stichwort Gesundheitswahn.
Es gibt mittlerweile viele Menschen, die mit schlechtem Gewissen überladen sind und sich so unter Druck setzen, dass sie schon einen krampfhaften Umgang mit ihrem Lebensstil haben. Dabei geht etwas ganz Wesentliches verloren: die Leichtigkeit. Ich plädiere vielmehr zu Hausverstand: Wichtig ist, sich bei Fachleuten zu informieren, sich und seinen Körper zu spüren, denn der Körper kann zwar nicht sprechen, schickt uns aber Zeichen, die wir deuten mögen. Man soll sich’s ruhig auch mal gut gehen lassen, machen, was einem Spaß macht, essen, was einem schmeckt –dafür macht man zwischendurch wieder mal einige Heilfastentage und regelmäßig Bewegung.
PETER NIEDERMOSER
Präsident, Ärztekammer OÖ
Der gebürtige Steyrer und Facharzt für Pathologie am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz scheut als Interessensvertreter der oberösterreichischen Ärzte Auseinandersetzungen nicht – er versteht es, seine Botschaften wirksam und beharrlich zu platzieren. Eine wesentliche davon: „Es herrscht allgemein Ärztemangel, das ist nicht zu leugnen!“
Vor welchen Herausforderungen stehen Ärzte heute im Gegensatz zu früher?
NiedermoserDie wirkliche Herausforderung ist jene, dass sich Patienten in Gesundheitsbelangen schon sehr gut vorab informieren. Was auch gut ist! Das bedingt, auf ihre Fragen intensiv einzugehen. Diese Gesprächsmedizin – dem Bedürfnis zu entsprechen, über die Krankheit und den möglichen Heilungsprozess ausreichend informiert zu werden - wird längst praktiziert. Gemeinsam mit dem Patienten die richtige Entscheidung zu treffen, ist die tägliche Herausforderung, die uns beschäftigt. In Zukunft werden wir – auch aufgrund der Fortschritte und der zunehmenden Überalterung – vor weiteren Herausforderungen mit „neuen“ Krankheiten stehen und davor, die entsprechende Medizin anbieten zu können und zu müssen.
Sehen Sie unter der großen Anzahl der Flüchtlinge ein Potenzial, um dem Ärztemangel entgegenzuwirken?
NiedermoserPrinzipiell sicher. Ich weiß aus vielen persönlichen Gesprächen auch noch aus meiner Studienzeit, dass vor allem Kollegen aus Syrien eine ausgezeichnete Ausbildung genossen haben. Unter ihnen gibt es bestimmt viele, die nach der notwendigen Nostrifikation und der sehr guten Beherrschung der deutschen Sprache – als eine wichtige Voraussetzung – hier einen Arbeitsplatz finden können.
Demografischer Wandel, Fehlanreize im Gesundheitssystem, medizintechnischer Fortschritt: Wie geht man in der Gesundheitsbranche damit um, mehr Effizienz zu schaffen, Kosten zu senken und gleichzeitig Innovationen möglich zu machen?
NiedermoserManchmal ist es sehr schwierig, mit dieser Spagat-Situation umzugehen. Wir Ärzte wurden ausgebildet, den Menschen die beste Medizin, unabhängig von Alter, Geschlecht und finanziellen Möglichkeiten, zukommen zu lassen. Ich selbst möchte nie einen Arzt vor mir haben, der überlegt, ob sich die Behandlung nun rechnet oder nicht. Das heißt aber nicht, dass wir mit den Mitteln, die wir haben, nicht effizient umgehen. Es kann jedoch nicht sein – außer die Gesellschaft möchte das so – dass die Behandlung kranker Menschen an finanziellen Mitteln scheitern sollte. Wir haben derzeit aber leider schon die Situation, dass die Geldgeber die ausreichenden Mittel in manchen Bereichen nicht mehr zur Verfügung stellen können und es sicherlich bereits jetzt zu Leistungseinschränkungen kommt. Darum sollte die Politik jetzt endlich ehrlich sein und dies den Menschen auch sagen!
Wie motiviert sind Ärzte heute, sich selbstständig zu machen?
NiedermoserDerzeit sind sie sicher nicht motiviert, weil die Rahmenbedingungen in manchen Bereichen nicht mehr optimal sind. Es gibt immer mehr Auflagen, die das freie Arbeiten zunehmend behindern. Hier muss es zu einer Entbürokratisierung kommen, Leistung muss sich auszahlen.
Was tun Sie für Ihre Gesundheit?
NiedermoserRegelmäßig laufen und gesund ernähren – mein Credo: Man sollte nicht mehr zu sich nehmen als man verbrauchen kann!
Stichwort personalisierte Medizin.
Es war schon immer unsere Aufgabe, personalisierte Medizin anzubieten und auf den Patienten und seine persönliche Situation einzugehen. Jetzt ist damit gemeint, eine punktgenaue, auf Basis genetischer Untersuchungen ausgearbeitete, Medikation anzubieten.
Andreas Winkelhofer
Geschäftsführer, Oberösterreich Tourismus
Der geborene Niederösterreicher und Vater eines Kindes hat seit Mai 2015 die Geschäftsführung des Oberösterreich Tourismus übernommen und möchte sich vor allem für ein erfolgreiches Zusammenspiel von Wirtschaft und Tourismus einsetzen.
Was sind die Nebenwirkungen des Megatrends Gesundheit für den Tourismus in Oberösterreich?
WinkelhoferIn den vergangenen zehn Jahren wurden in Oberösterreich beispielsweise mehr als 270 Millionen Euro in den Ausbau der gesundheitstouristischen Infrastruktur investiert. Diese Qualitätsverbesserungen, die professionelle Arbeit jedes Anbieters und die koordinierte Gästeansprache im Marketing trugen wesentlich dazu bei, dass seither die Ankünfte um mehr als 70 Prozent und die Nächtigungen um ein Viertel gestiegen sind. Die 1,5 Millionen Nächtigungen in den Beherbergungsbetrieben der Gesundheitsdestinationen machen 22 Prozent der gesamten Nächtigungen in Oberösterreich aus.
Die Zuweisungen von Kuren sind rückläufig. Was bedeutet das für den Tourismus?
WinkelhoferDadurch entsteht ein enormes Potenzial im Bereich der privaten Prävention und auch der betrieblichen Gesundheitsförderung. Hier haben Oberösterreichs Gesundheitsanbieter bereits jahrelange Erfahrung und damit auch eine Vorreiterrolle in Österreich.
Was sind die Trends im Gesundheitstourismus?
WinkelhoferDer Gesundheitstourismus der Zukunft beschränkt sich nicht auf die Verbreitung von Wohlgefühl, sondern vermittelt Wohlfühlkompetenzen, die auch nach dem Urlaub anwendbar sind. Der zentrale Erfolgsfaktor für im Urlaub erworbene Gesundheitskompetenzen ist Alltagstauglichkeit. Dahingehend sind Oberösterreichs Gesundheitsanbieter gut vorbereitet – ebenso wie auf alle anderen großen Trends, die in Richtung ganzheitliche Gesundheit als auch natürliche, bewusste und vegane Ernährung abzielen. Lediglich das Thema der „Plastischen Chirurgie im Urlaub“ ist in Oberösterreich noch nicht gängig.
Welche neuen Anforderungen werden damit an das Personal gestellt?
WinkelhoferGesundheit als touristisches Angebot erfordert Fachwissen, also gut ausgebildetes Personal. Durch neue Trends entstehen neue Berufe, also Fachrichtungen. Außerdem entstehen auch neue Formen der Kooperationen. Durch den Trend zur veganen Ernährung müssen sich zum Beispiel die Hotels entsprechend einstellen und ihr Personal schulen.
Stichwort Vorsorge.
Die Gesundheit ist ein Kompetenzbündel aus geistiger und körperlicher Entspannung, Bewegung, gesunder Ernährung und Genussfähigkeit.
SABINE PÖSTLBERGER
Wahlärztin für Allgemeinchirurgie
Ihr großes Interesse an der Chirurgie, vor allem der onkologischen Chirurgie, entdeckte sie schon während ihrer Turnuszeit. Vor fünf Jahren wagte die Mutter eines erwachsenen Sohnes den Schritt in die Selbständigkeit als Wahlärztin mit Schwerpunkt Brust- und Varizenchirurgie – operative Eingriffe führt sie in der Diak
Ist Krebs die Seuche unseres Jahrhunderts?
PöstlbergerNeben Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen kann man Krebs durchaus als Seuche unseres Jahrhunderts bezeichnen.
Kann man vorbeugen?
PöstlbergerEs gibt immer zwei Gruppen von Faktoren, welche die Entstehung von Krebs beeinflussen: Endogene Faktoren wie Vererbung können wir nicht beeinflussen. Exogene Faktoren wie Übergewicht, Rauchen, Alkohol, Bewegung können wir sehr wohl beeinflussen: 150 Minuten Bewegung pro Woche können das Brustkrebsrisiko um bis zu 25 Prozent senken. Also: mäßig Alkohol und Nikotin, Normalgewicht (ausgewogene gesunde Ernährung mit frischer Kost) und drei Mal 50 Minuten Bewegung.
Wenn man dennoch erkrankt: Welche Rolle spielen Gefühle beim Heilungsprozess?
PöstlbergerIch bin fest davon überzeugt, dass Körper, Geist und Seele eins sind. Durch die Chemotherapie kommt erst das Krankheitsgefühl. Der Schock der Diagnose ist noch nicht überwunden und schon verändert sich mein Körper, mein Aussehen. Wer dabei seinen Körper pflegt und zum Beispiel mit einer schönen, natürlichen Perücke, Make-up und Kleidung in den Spiegel sieht und sich gefällt, der hat auch ein Gefühl dazu: Freude, Stolz, Glück, Sicherheit. Der Körper ist halt unser Ventil, wenn wir schon vieles auf geistiger und seelischer Ebene ignoriert haben, dann hilft sich der Körper, in dem er uns ein Signal sendet: Krankheit. Psychische Belastung bedeutet für unseren Körper Stress – Dauerstress führt zu Schäden.
Welche Rolle wird Prävention in Zukunft spielen?
PöstlbergerEine ganz entscheidende! Deshalb ist es wichtig, ein Gesundheitsbewusstsein zu schaffen. Es ist nicht selbstverständlich, gesund zu sein, genauso wenig wie eine schöne Wohnung zu haben. Gesundheit fällt nicht einfach so in den Schoß! Es geht darum, Krankheiten möglicherweise zu vermeiden beziehungsweise in einem frühen Stadium zu entdecken. Das würde bedeuten: weniger invasive Behandlungen, weniger Nebenwirkungen, bessere Lebensqualität.
Werden Schulmediziner und Komplementärmediziner je an einem Strang ziehen?
PöstlbergerDie sogenannte Schulmedizin ist wie die Komplementärmedizin auch nur ein Mosaiksteinchen vom Ganzen. Zum Gesundwerden braucht es viele Steinchen, vor allem das Vertrauen zu sich selbst. Aus einer persönlichen Erfahrung habe ich zwei für mich wesentliche Dinge gelernt: Erstens - das Vertrauen zum behandelnden Arzt war für mich die halbe Therapie. Zweitens – ich lernte, gut zu mir zu sein. Ich esse gesund und regelmäßig, trinke ausreichend und bin gerne in der Natur, im Kino, in der Oper und im Wasser. Sie werden denken, ich arbeite nicht – oh, doch (lacht). Aber ich bin draufgekommen, dass man in ein Glas kleinere Steine einfüllen kann – einen für Frühstück machen, einen für Kinder zur Schule bringen, einen für Ordination, einen für OP, einen für Vortrag. Dann passen keine Steine mehr hinein, aber es hat immer noch Sand zwischen diesen Steinen Platz – in Form von genussvollem Essen, einem heißen Bad, einer Tasse Tee im Stillen oder einem Abendspaziergang mit meinem Hund.
Vom passiven Patienten hin zum aktiven Mitgestalter der eigenen Gesundheit. Was bedeutet das für Ärzte? Und was halten Sie von Dr. Google?
PöstlbergerIch finde aktive Patienten gut! Plötzlich setzen sie sich mit neuen Dingen auseinander, können selbst mitbestimmen, selbst entscheiden und ihren Teil zur Genesung beitragen. Voraussetzung dafür ist eine gute und verständliche Aufklärung - nur so kann man richtig entscheiden. Dr. Google finde ich zeitweise gar nicht so schlecht. Die Kehrseite ist, dass durch die zum Teil falsche Interpretation viel mehr Angst erzeugt wird als notwendig wäre. Ich sehe mich hier als Beraterin, die aufklärt und manchen Patienten auch davon abrät.
Wie beeinflusst die Digitalisierung Ihre Arbeit als Ärztin?
PöstlbergerErstens: Die elektronische Patientenkartei ist ein wahrer Segen – alle Infos zur Person können gespeichert werden, lange Vorbereitungszeiten, um sich einen raschen Gesamtüberblick zu verschaffen, werden damit verkürzt. Zweitens: Durch die digitale Befundübermittlung fallen lange Postwege weg und es kann zu keinen Verlusten mehr kommen. Drittens: Es beeinflusst maßgeblich das wissenschaftliche Arbeiten und die Qualitätssicherung.
Warum haben Sie sich dazu entschieden, Wahlärztin zu werden?
PöstlbergerDas System Spital konnte meine Vorstellungen von Patientenbetreuung nicht mehr erfüllen. Ich will eine persönliche Betreuung und sehe mich als Dienstleistungsbetrieb, wo „der Kunde“ EINE Ansprechpartnerin hat. Krebs bedeutet Lebensbedrohung und Angst, Einfühlsamkeit ist daher gefragt. Ich kenne jede einzelne Patientin sehr gut und weiß über ihre Ängste und Bedürfnisse Bescheid.
Stichwort Wertewandel.
Die Grundtendenz ist, dass uns materielle Dinge sowie Schönheit und Jugend wichtig sind. Wird man krank, relativieren sich diese Werte. Besonders Krebs verändert vieles. Patientinnen berichten mir oft nach einiger Zeit, dass sich trotz der lebensbedrohlichen Diagnose Brustkrebs sehr vieles zum Guten verändert hat.
GERTRUDE SCHATZDORFER
Geschäftsführende Gesellschafterin, Schatzdorfer Gerätebau
Das Geheimnis ihres Erfolges seien ihre motivierten Mitarbeiter – für deren Gesundheit setzt sie regelmäßig Maßnahmen. Seit 2012 ist ihr Betrieb daher mit dem Gütesiegel für Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) ausgezeichnet
Durch den demographischen Wandel wird es für Unternehmen immer wichtiger werden, auch das Potenzial älterer Mitarbeiter auszuschöpfen. Wie kann das gelingen?
SchatzdorferDas ist für mich nicht nur eine Frage, die sich Unternehmen stellen müssen, sondern betrifft unsere ganze Gesellschaft. Wir haben unseren Fokus viel zu sehr auf Krankheit, Krankenversicherung und unser teures Gesundheitssystem gelegt, anstatt uns darum zu kümmern, dass die Menschen in unserem schönen Land glücklich leben können. Ängste und Sorgen sind wesentliche Gründe, warum Menschen krank werden. Schon unsere Kinder sind zum Teil großem Druck ausgeliefert, der von unserem Schulsystem ausgeht. In meinem Unternehmen habe ich die Verantwortung, dass jeder seine Arbeit gut und gerne macht und diese Tätigkeit für jeden sinnstiftend ist. Das ist jeden Tag eine Herausforderung – wenn sie gut gelingt, nennt man das Erfolg. Das heißt, die Firmenkultur, der persönliche Umgang, Wertschätzung, Fortbildungsmöglichkeiten sind starke Treiber, die motivieren. Wenn das passt, wird der Mitarbeiter bereit sein, seine Leistung bestmöglich einzubringen.
Inwiefern empfinden Sie die Gesundheit Ihrer Mitarbeiter als Ihre Verantwortung?
SchatzdorferEs liegt in meiner Verantwortung, dass die Arbeitsbedingungen wirklich passen und jeder stärkenadäquat seine Fähigkeiten und Leistungen einbringen kann. Bedenklich ist nur, dass immer mehr Verantwortung auf die Wirtschaft und damit die Unternehmer abgewälzt wird. In der Schule etwa wird oft jahrelang nicht darauf geachtet, dass Kinder und Jugendliche mit unterschiedlicher Körpergröße auf den gleichen Sesseln sitzen müssen. In einer Firma ist Ergonomie hingegen ein bestimmendes Thema. Oder nehmen wir die Arbeitszeit für Lehrlinge: Selbst freiwillig darf ein Jugendlicher nur beschränkt arbeiten, aber er darf die halbe Nacht fortgehen! Arbeitszeitgesetz und Jugendschutzgesetz sollte man aufeinander abstimmen.
Stichwort Vorbild.
Ich versuche, gerade in Bezug auf Gesundheit, ein Vorbild für meine Mitarbeiter (und auch Kinder und Enkelkinder) zu sein. Fitness, Beweglichkeit, Ernährung und Gesundheit sind einfach allgegenwertig und ein Gradmesser für die eigene Lebensqualität. Ich treibe Sport und bin gerne in der Natur. Daher sorge ich dafür, dass ich das noch möglichst lange und gut machen kann. Und ich will sehr alt werden ...
KARIN PERNICA
Geschäftsführerin, Vitalwelt
Das Image der Region als Gesundheitsdestination zu festigen, ist ein wesentliches Ziel der Welserin, die seit 2009 den Tourismusverband der Urlaubsregion Vitalwelt Bad Schallerbach leitet. Und das ganz offenbar mit Erfolg: Gemessen an den Nächtigungszahlen liegt Bad Schallerbach nach Linz an zweiter Stelle in Oberösterreich.
Was sind die Trends im Gesundheitstourismus?
PernicaDer Trend geht eindeutig in Richtung Fitness und Vorbeugung. Das Thema Gesundheit ist nicht mehr verstaubt und keineswegs nur für alte, kranke Menschen im Fokus. Im Gegenteil – heute ist „gesund leben“ trendy und ja, sexy. Man möchte gesund und fit älter werden und ist dafür im Gegensatz zu früher bereit, auch aktiv etwas dafür zu tun.
Wie beschreiben Sie den typischen Gesundheitstouristen?
PernicaDen gibt es nicht wirklich. Aber interessant ist die Entwicklung, dass der Gast von heute verschiedenste Interessen auslebt: Einmal gönnt er sich einen Gesundheits- und Wellnessurlaub, beim nächsten Mal stehen Kultur und aktives Erleben auf dem Wunschzettel.
Schätzt man die Gesundheit erst, wenn man sie nicht mehr hat?
PernicaJa, leider – das liegt wohl in der Natur des Menschen, jene Dinge zu verdrängen, die einen nicht unmittelbar betreffen. Es gibt noch viel zu viele Menschen, die erst dann etwas für ihre Gesundheit tun, wenn es der Leidensdruck erfordert.
Und selbst?
PernicaMit dem Rauchen aufzuhören war vor über zehn Jahren mein allergrößter persönlicher Erfolg. Ein Befreiungsschlag gegen eine Sucht, die man als solche erst mal anerkennen muss, um sie besiegen zu können.
Stichwort Auszeit
Wir (Mitteleuropäer) leben heute viel gesünder als Generationen vor uns. Die Gesundheit ist uns etwas wert, wir gönnen uns mehr Auszeiten, machen immer öfter Urlaub – dafür immer kürzer. Abgesehen von Kuraufenthalten sind dreiwöchige Urlaube heutzutage eher die Ausnahme.