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Wo sich Tiere (sau)wohl fühlen

Der Schwanenstädter Fleischverarbeiter Hütthaler setzt neue Standards bei der Fleischproduktion. Den Tieren soll es von der Geburt bis zur Schlachtung so gut wie möglich gehen. Konsumenten bekommen damit eine Alternative zum Fleisch aus konventioneller Tierhaltung, Landwirte eine Chance, dem Preisdruck zu entkommen.

Die Schweine wühlen in ihrem Auslauf im Freien im Stroh, einige kommen näher und stecken neugierig ihren Rüssel durch das Gitter. Die Tiere machen den Eindruck, sich sauwohl zu fühlen. 400 Schweine leben am Hillinghof bei der Familie Stadlmayr in Rüstorf nähe Schwanenstadt. Der landwirtschaftliche Betrieb ist einer von 25 Partnerhöfen der Marke „Hofkultur“ des Fleischverarbeiters Hütthaler. Das Schwanenstädter Familienunternehmen brachte Anfang des Jahres die ersten Tierwohl-Produkte von Rindern und Schweinen unter der Marke „Hofkultur“ österreichweit in den Handel. Hofer verkauft die Produkte unter der Marke „FairHof“.

Beweggründe

„Wir haben uns schon immer mit Sonderthemen beschäftigt“, sagt Geschäftsführer Florian Hütthaler zu den Beweggründen für das Tierwohl-Projekt. So sei der Fleischerzeuger etwa einer der größten heimischen Biofleischproduzenten mit einem Anteil von zwanzig Prozent bei seiner gesamten Produktion. Insgesamt werden in Österreich nur zwei bis drei Prozent des gesamten Fleisches in Bio-Qualität verkauft. Hütthaler erwirtschaftet mit 350 Mitarbeitern einen jährlichen Umsatz von rund 90 Millionen Euro. Es wird der Einzel- und Großhandel beliefert, der Exportanteil liegt bei rund fünfzehn Prozent. Für die Entwicklung der Tierwohl-Marke schaute sich die Familie Hütthaler Projekte in ganz Europa an. Man spricht von Tierwohl, wenn aufbauend auf die gesetzlichen Tierschutzbestimmungen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden. Bei Hütthalers Marke sind wesentliche Kriterien der doppelt so große Stall, ein Auslauf ins Freie, Stroh-Einstreu für die Tiere und hauseigenes Futter sowie gentechnikfreier Donau Soja. Die Höfe dürfen maximal 50 Kilometer vom Schlachthof entfernt liegen – womit ganz Oberösterreich erreicht wird. Den Tieren soll es von der Geburt bis zur Schlachtung so gut wie möglich gehen und daher baut Hütthaler bis Mitte 2018 einen neuen Schlachthof in der Nachbargemeinde des Firmensitzes in Redlham nach Tierwohl-Kriterien. Dabei sollen Stress und Schmerz bei den Tieren etwa durch ausgeklügelte Treibgänge, konstanter Frischluftzufuhr in größeren Wartesälen und musikalischer Beschallung vermieden werden.

Ein Mitgrund für das gesamte Projekt war auch der Ausstieg von Florians Bruder Philipp aus dem Unternehmen. „Mein Bruder hat sich einen Bauernhof gekauft. Wir haben uns überlegt, wie wir aus den beiden Firmen ein Gemeinschaftsprojekt machen können“, so der Geschäftsführer des Fleischverarbeiters. Der Musterhof des Bruders sei „das Herzstück der Vision Hofkultur“, dort werde den Partnerhöfen die artgerechte Tierhaltung vorgelebt. Am Musterhof tummeln sich auch viele Sonderrassen wie Duroc-Schweine, Schwäbisch-hällische Landschweine und Hochlandrinder. Beim Lokalaugenschein ist das zwei Tage alte Hochlandrind Lotte der große Star. Neben den seltenen Rassen werden 144 Mastrinder gehalten. Florian Hütthaler erklärt beim Rundgang: „Am Musterhof wird viel experimentiert, etwa mit größeren Ausläufen oder verschiedenen Einstreuen.“

Steigendes Interesse

Familie Stadlmayr liefert seit fast 40 Jahren ihre Schweine an die Firma Hütthalter und war von Anfang an von deren Tierwohl-Projekt begeistert. Im Frühling 2016 haben sie ihren Stall umgebaut. Es wurden Türen in die Außenwand gebrochen und so wurde ein Auslauf ins Freie geschaffen. Freunde und Bekannte belächelten die Familie dafür. „Wir haben zu Beginn viele negative Reaktionen bekommen, wurden als Spinner bezeichnet. Die Leute haben gesagt, dass Stroh im Stall der Vergangenheit angehört und das Konzept nicht funktionieren wird“, erinnert sich Florian Stadlmayr. Der 26-Jährige arbeitet Vollzeit am elterlichen Hof und wird diesen auch einmal übernehmen. Mittlerweile habe sich das Blatt aber gewendet, Familie Stadlmayr könne den Leuten den funktionierenden Betrieb zeigen und das Interesse dafür ist groß.

Das steigende Interesse spürt auch die Firma Hütthaler. Mittlerweile meldeten sich fast 100 interessierte Landwirte. Wie viele davon Hütthaler noch unter Vertrag nehmen werde, hänge von der Nachfrage der Konsumenten ab. Diese war in den ersten Monaten sehr hoch, konnte zum Teil gar nicht erfüllt werden. Die Konsumenten müssen rund 25 Prozent mehr als für ein Produkt aus konventioneller Landwirtschaft bezahlen. Der Geschäftsführer ist überzeugt, dass die Österreicher insgesamt stärker über die Herkunft ihres Fleisches nachdenken. „Billigprodukte werden vom Markt aber nicht verschwinden, Fleisch nach Tierwohl-Kriterien wird ein Teilbereich bleiben.“ In der Schweiz und in England wird bereits seit einigen Jahren Fleisch von Tieren, die nach Tierwohlkriterien gehalten werden, verkauft, der Marktanteil liegt mittlerweile bei rund 30 Prozent. In Österreich ist die Firma Hütthaler Vorreiter, seit Anfang des Jahres gibt es auch das AMA-Gütesiegel „Mehr Tierwohl“. Die Regelungen bei der Marke „Hofkultur“ sind etwas enger gefasst. Martin Greßl von der Agrarmarkt Austria (AMA) prognostiziert auf längere Sicht einen Marktanteil von rund zehn Prozent Tierwohl-Fleisch in Österreich.

Knapp vor Betriebsaus

Die Firma Hütthaler könnte die Schlachtkapazitäten für Produkte nach Tierwohl-Kriterien noch fast verdoppeln. Von den aktuell 25 Partnerhöfen bekommt Hütthaler jährlich 22.000 Schweine. Rinder werden derzeit nur vom Musterhof geliefert, es werde aber bald eine Erweiterung geben. Die Bauern haben eine Abnahmegarantie der Tiere für fünf Jahre. Hütthaler zahlt zum üblichen Preis, welcher sich an der Schweinebörse orientiert, einen Zuschlag und gleichzeitig gibt es einen Mindestpreis und somit eine Börsenpreisabsicherung. „Die Landwirte bekommen im Jahresdurchschnitt rund 30 Prozent mehr als üblich bezahlt“, sagt Hütthaler. Dazu Stadlmayr: „Die Mehrarbeit wird bezahlt.“ Die Spanne für Landwirte werde immer knapper, das Projekt von Hütthaler sei laut Stadlmayr eine Möglichkeit, dem Preisdruck zu entkommen. Laut Hütthaler seien acht von den 25 Partnerbetrieben knapp vor dem Betriebsaus gestanden: „Die junge Generation wollte den elterlichen Hof nicht übernehmen. Erst mit unserem Projekt haben sie für sich eine Zukunft in der Landwirtschaft gesehen und es wurde in den Hof investiert.“_

„Unsere Partnerbetriebe bekommen im Jahresdurchschnitt rund 30 Prozent mehr als üblich bezahlt.“

Florian HütthalerGeschäftsführer, Hütthaler

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