Thomas Stelzer ist als Landeshauptmann oberster Vertreter Oberösterreichs, die 22-jährige Claudia Plakolm wird nach der kommenden Wahl wahrscheinlich die jüngste Abgeordnete im Nationalrat sein. Was ist das Erfolgsrezept der beiden? Zwei Macher am Herd, die normalerweise in der Politik zusammenarbeiten.
„Ah, eine schwarze Küche, das passt ja gut!“, sagt Thomas Stelzer und lacht. Tatsächlich: Die Oberflächenfarbe der Schauküche bei Steininger Designers in der Urfahraner Hauptstraße ist dieselbe wie jene der Partei der beiden Macher am Herd – zumindest auf Landesebene. Bundesweit setzt die Partei unter neuer Leitung von Sebastian Kurz mittlerweile bekanntlich auf Türkis. Auch am Speiseplan steht heute etwas Neues: Rinderfilet mit Parmesantaler, Honigmelonenchutney und Rucola – für Stelzer und Plakolm ungewohnt. Während Plakolm routiniert beginnt, die Honigmelone in kleine Stücke zu schneiden, nimmt sich Stelzer des Ingwers an. Oder versucht es zumindest. „Wie schält man den eigentlich? Mit diesem Ding da?“, fragt er und deutet auf die Käsereibe, die für den Parmesan bestimmt ist. Mit dem richtigen Werkzeug – einem Messer – klappt es dann doch. Dabei steht der Landeshauptmann sogar jeden Tag selbst in der Küche. Zumindest in der Früh. „Ich brate mir jeden Morgen meine Ham and Eggs“, erzählt er, „das Frühstück ist bei mir an vielen Tagen die einzige Gelegenheit, mit der Familie zusammen zu sein.“ Claudia Plakolm verzichtet hingegen unter der Woche völlig auf ihr Frühstück, kocht dafür am Wochenende gerne selbst. Während des Semesters isst die Wirtschaftspädagogik-Studentin oft in der Mensa. „Im Wahlkampf bestellt man sich eine Pizza“, sagt sie und lacht. Wahlkämpfe hat sie schon einige miterlebt. Die 22-Jährige ist eine der großen Nachwuchshoffnungen der OÖVP. Seit zwei Jahren ist sie jüngste Gemeinderätin in Walding, seit einem Jahr Vorsitzende der Jungen ÖVP Oberösterreich. Wie schon einst Thomas Stelzer – der brauchte aber drei Jahre länger, um diesen Posten zu bekommen. Er war es auch, der die junge Frau für den zweiten Listenplatz der OÖVP für die kommende Nationalratswahl vorschlug.
„Das Blut muss spritzen“
Mittlerweile brutzeln die Melonenwürfel gemeinsam mit geschnittenen Jungzwiebeln und dem Ingwer in der Pfanne. Plakolm presst eine Zitrone in die Pfanne und wirft einige Knoblauchzehen hinein. „Da kriegt man eh schon einen Gusto“, sagt Stelzer. Nun ist es tatsächlich Zeit für die Käsereibe, mit der er sich dem Parmesan annimmt und diesen dann auf Backpapier zu Talern formt. Dann die Hauptzutat: das Rinderfilet. „Wie moch mas?“, fragt Stelzer. „Medium-rare, dass des Blut raus spritzt!“, sind sich beide einig. Rinderfilet und Honigmelone – in der Küche können verschiedene Zutaten oft erst in Kombination ihr volles Potential entfalten. Wie ist das in der Politik bei der Zusammenarbeit mit Parteikollegen und der Konkurrenz? „In der ÖVP sind viele Interessen gebündelt, bei so einem Kochvorgang fließen bis zum fertigen Gericht viele Zutaten ein – stimmen muss dann in beiden Fällen das Ergebnis“, sagt Stelzer. Zu viele Köche würden also nicht zwangsläufig den Brei verderben. Mit Sebastian Kurz hat der Einfluss vieler Köche ohnehin abgenommen. Wie findet Stelzer das? „Es ist gut, dass wir auch auf Bundesebene mit einem starken Obmann agieren, der große Handlungsfreiheiten hat. Trotzdem ist und bleibt es in der ÖVP bei Teamwork – die Kunst ist es, viele Ideen einzubinden und mit einer starken Stimme nach außen zu tragen.“
Nur nichts anbrennen lassen
Am Herd funktioniert das Teamwork jedenfalls. Die JVP-Vorsitzende schneidet die Minze klein, Stelzer kümmert sich um das fertig gebratene Rinderfilet. „Ihr könntet ja schon fast eine eigene Kochshow machen“, meint ein Beobachter. „Natürlich, ich hab’ eh meistens nix zu tun“, antwortet Stelzer mit einem Augenzwinkern, während er das innen rosa gebratene Fleisch weiter in dünne Scheiben schneidet. Wie aber reagieren Plakolm und Stelzer, wenn mal etwas anbrennt – in der Politik? „Wenn der Karren so richtig verfahren ist, kann man nicht einfach so von vorne anfangen, denn bei uns sind ja Menschen betroffen“, sagt Stelzer, „die Herausforderung ist, dass wir bei Entscheidungen nie wissen, ob sie wirklich ankommen.“ Nach striktem Lehr- oder Kochbuch lässt sich in der Realität also nicht agieren. Kulinarisch hat der Landeshauptmann selbst noch nichts anbrennen lassen – die Ham and Eggs dürften also immer gelungen sein. „Vielleicht war ich das ein oder andere Mal in Restaurants zu waghalsig bei der Bestellung. Ich mag es scharf, aber nicht zu scharf – manchmal habe ich mich schon überschätzt“, meint Stelzer und schmunzelt. In der Politik hingegen ertappt er sich nach eigenen Angaben hin und wieder selbst dabei, zu voreingenommen zu sein. Stelzer. „Manchmal bildet man sich schon beim ersten Blick eine Meinung von jemandem, das passiert auch mir. Da muss man sich an der Nase nehmen, niemand hat es verdient, voreilig eingeschätzt zu werden.“ Wie ist es ihm da selbst als neuer Landeshauptmann ergangen? „Es hat mich überrascht, wie schnell die Menschen auf einen zugehen“, sagt er. Seine erste Bilanz nach einigen Monaten Amtszeit: „Obwohl ich nicht gerade ein Frischgefangener war, ist es dann noch einmal ganz was anderes, wenn man tatsächlich in der Rolle des Landeshauptmanns ist“. Auch wenn er es nicht anders eingeschätzt habe: Dass es wirklich keinen privaten Bereich mehr gibt, sei trotzdem gewöhnungsbedürftig. „Jeder kennt dich – das ist auch gut so. Aber irgendwo privat hingehen, das spielt es nicht als Landeshauptmann.“
Während die beiden aus dem gebratenen Fleisch, der Melonen-Minze-Mischung, den Parmesantalern und noch mehr Fleisch einen kleinen, aber köstlichen Turm anrichten, erzählen sie ihr persönliches Erfolgsrezept. Für Stelzer ist es einerseits die Gewissheit, das beste Modell zu vertreten. Andererseits, nicht zu voreilig zu sein, aber auch rasche Entscheidungen zu treffen. „Wichtig ist ein gewisses Gespür und offenes Ohr für die Menschen“, sagt Plakolm. „Gerade als Politiker muss man natürlich auch teamfähig sein – und schauen, wie die eigenen Entscheidungen ankommen.“ Zumindest eine Forderung der 22-Jährigen dürfte bei zwei Altersgruppen sehr unterschiedlich ankommen. Plakolm fordert eine Diskussion über die Anhebung des Pensionsalters, auch vor der Wahl. „Dieses Thema wird immer auf die lange Bank geschoben, weil sich viele Politiker da vorsichtig anstellen“, sagt sie, „das Pensionssystem muss aber nachhaltig sein. Wir brauchen eine größere Reform in diesem Bereich.“ Trotzdem beschloss die ÖVP erst vor kurzem gemeinsam mit der SPÖ eine gestaffelte Pensionserhöhung. Für die junge Politikerin ein zweischneidiges Schwert: „Natürlich gibt es auch Personen älterer Generationen, die unverdient eine niedrige Pension haben.“
Einsparungspotential sieht Thomas Stelzer nicht nur im Kulturbereich. „Wir wollen aus guten Gründen keine neuen Schulden machen, und trotzdem in wichtige Bereiche investieren – etwa in Soziales, Betriebsansiedelungen und den Breitbandausbau“, sagt er. Damit man sich diese Schwerpunkte leisten könne, müsse man woanders einsparen. „Da werden alle Regierungsbereiche etwas dazu beitragen müssen.“ Von möglichen Einsparungen zurück in die Küche: Der Turm ist fertig, nun geht es noch um die Optik. Plakolm verteilt etwas Rucola zur Verzierung auf dem Teller, Stelzer nimmt einige Cashew-Nüsse. Und muss sich dabei beherrschen, nicht gleich zu kosten. „Wenn man bei denen einmal anfängt, kann man nicht mehr aufhören.“ Eine Chilischote und zwei Brombeeren dazu – fertig. Es ist angerichtet.
Was mögen Sie in der Küche am wenigsten?
StelzerGeschirrspüler aus- und einräumen.
PlakolmHändisch abwaschen.
Und im Beruf?
StelzerGanz lange am Schreibtisch sitzen und stundenlang lesen müssen.
PlakolmNicht rauskommen, nicht unter Leuten sein.
Was mögen Sie in der Küche am meisten?
StelzerWenn das Werk fertig ist, zum ersten Mal hineinschneiden und kosten.
PlakolmMit Menschen kochen, die davon mehr Ahnung haben als ich.
Im Beruf?
StelzerUnter Leuten sein.
PlakolmMit engagierten Leuten zu tun haben, selbst Verantwortung übernehmen.
Was würden Sie niemals essen?
StelzerBeuschl oder andere Innereien.
PlakolmUngewöhnliche Tierarten, Innereien.
Was würden Sie in der Politik niemals machen?
StelzerJemanden persönlich herabwürdigen, Entscheidungen gegen jemanden treffen, nur weil mir die Person nicht zu Gesicht steht.
PlakolmNur über die Medien etwas ausrichten, worüber ich unzufrieden bin.
Rinderfilet mit Honigmelonenchutney und Parmesantaler
ZUTATENLISTE (für 2 Personen)
Honigmelonenchutney
- ½ Honigmelone
- 2 Frühlingszwiebeln
- 100 ml Kokosmilch
- frischer Ingwer, frische Minze
- 1 rote Chilischote
- Olivenöl
- Limettensaft
- Salz, Pfeffer
- Currypulver
Rinderfilet
- 400 g im Ganzen
- Frühlingszwiebel, Knoblauch
- Olivenöl, Salz, Pfeffer
Parmesantaler
- 150 g frischer Parmesan
- 100 g Sauerrahm, Limettensaft
- 6 frische Brombeeren,
- 1 Hand voll Cashewkerne
- 1 Bund Rucola