„Geh leicht in die Hocke, umfasse den Schläger fest mit beiden Händen und hol aus.“ Der Golfball fliegt und fliegt. Und landet schließlich sogar auf dem Green. Als Anfänger auf der Runde des Golfclub Mühlviertel St. Oswald bei Freistadt ist das mehr als respektabel, da der gesamte Kurs ziemlich herausfordernd ist, wie Golfclub-Präsident Rudolf Istok verrät: „Unser Platz hat den Ruf, nicht gerade leicht zu sein, aber er ist nicht unfair. Jede unserer 18 Spielbahnen hat ihren eigenen Charakter.“ Zudem hat man von so gut wie allen Spielbahnen einen herrlichen Blick auf die gesamte Anlage, man sieht sogar auf den Ortskern von St. Oswald. Gut verständlich, dass die Mitglieder und Tagesspieler nicht nur zum Golfen herkommen, sondern auf der vier bis fünf Stunden langen 18-Loch-Anlage auch die Mühlviertler Hügellandschaft, die Ruhe und die intakte Umwelt genießen. „Das Gebiet um St. Oswald hat laut Messdaten der oberösterreichischen Landesregierung die beste Luftqualität im Raum Oberösterreich, darauf sind wir sehr stolz“, so Präsident Istok. Als einer der Höhepunkte der Runde gilt die Spielbahn Nummer Fünf, mit 612 Metern eine der längsten Europas. Als Neuling traue ich mich da noch nicht hin. Aber auch die anderen 17 Löcher sind spektakulär, das unterstreicht Manager Haider: „Der Wiedererkennungswert unserer Anlage ist sehr hoch, erstens durch die geologischen Bedingungen, zweitens wegen des Architekten.“
Golfen wie in Irland
Entworfen wurde der Platz vom irischen Golfplatzdesigner Mel Flanagan, mit Erfahrung und Expertise zur Seite stand ihm der Direktor des Botanischen Gartens in Dublin, Aidan Brandy. Wichtig dabei war der respektvolle Umgang mit der Natur, wie Golfclub-Betreiber Erich Holzhaider sagt: „Flanagans Credo ist: Golf muss die Natur respektieren. Unser Golfplatz tut das, das ist unser USP. Davon zeugen auch sehr alte Baumbestände, die in den Golfplatz integriert wurden. Was mir besonders gefällt ist, dass die Anlage den Reiz der Umgebung erhält und nicht von ihr ablenkt. Unser Motto ist daher: Wir schlagen im Mühlviertel ab, aber wir golfen wie in Irland.“
Gegründet wurde der Club 1988 nach einer Idee des damaligen ÖSV-Alpintrainers Hans Pum von ein paar „exzentrischen Golfern“ aus der Region. Die Golfclubhistorie ist eine mit Höhen und Tiefen, 2014 wurde es finanziell eng. Mittlerweile hat man sich aber berappelt, ist auch überregional bekannt und mit Turnieren mit 220 Startern nicht nur Teil der Golf-Staatsmeisterschaften, sondern auch touristischer Anziehungspunkt. „Wir sehen uns wie eine Seilbahn in einem Skigebiet, die der Region Nächtigungen bringt“, so Haider. Um dieses Image weiter zu stärken, hat man bereits das nächste Projekt in der Schublade. Am Standort des Clubgebäudes soll ein Vier-Sterne-Hotel mit 45 Zimmern, Wellnessbereich und Seminarräumen entstehen. „Wir sind der Meinung, dass der Golfplatz und die Region unbedingt einen anspruchsvollen Beherbergungsbetrieb brauchen, denn bei Turnieren und vielen Tagesgästen haben wir immer das Problem, dass uns Unterkünfte fehlen“, so Holzhaider. Dieses Projekt soll nicht nur mehr Golfspieler anlocken, sondern eine regionale, touristische Wertschöpfungskette mit Radtouristen und Wanderlustigen generieren. Ebenso sind in unmittelbarer Hotelnähe originalgetreue Mühlviertler Chalets geplant, die einerseits dem Hotel zur Verfügung stehen werden, andererseits auch als Eigentum erworben werden können. „Pläne und Flächenumwidmungen existieren alle bereits. Wir suchen noch nach einem Investor, der gleichzeitig auch Betreiber sein will“, sagt Holzhaider. Anlocken will man mit dem Hotelprojekt vor allem auch vermehrt Tagesspieler aus Tschechien, denn bis 2021 soll die Autobahn bis nach Budweis respektive Prag fertig sein. Gerade aus Tschechien würden immer mehr Gäste kommen. „Durch die gehobene Platzqualität und Mundpropaganda wollen wir den Anteil der Gästespieler steigern. Wir wollen erreichen, dass man sagt: Der Golfclub Mühlviertel St. Oswald bei Freistadt ist eine geile Wies’n, da fahren wir wieder hin“, so Präsident Istok.
Vom Dreher bis zum Anwalt
Der Konkurrenzkampf zwischen den Golfclubs sei ein harter, bei rund 160 Golfanlagen in Österreich, die im Schnitt um die 600 Mitglieder haben, sei der Markt sehr kompetitiv. „Bis in die 90er Jahre ist der Markt im zweistelligen Prozentbereich gewachsen, irgendwann ist eine Sättigung eingetreten“, sagt Haider. Man habe eine flache, aber stabile Erfolgskurve. „Aktuell haben wir 420 Mitglieder, 100 mehr würden aber nicht schaden, um uns breiter aufstellen zu können“, so Holzhaider. Dafür können auch Erfolge von österreichischen Golfprofis hilfreich sein. Jahrzehntelang sei kein einziger österreichischer Golfprofi auf der Tour gewesen, das habe sich geändert. „Wir hatten Markus Brier im europäischen Rahmen und jetzt Bernd Wiesberger, der in Hochform Turniere gewinnen kann. Auf einmal gibt es Social-Media-Aktivitäten und die Zeitungen berichten darüber. Gerade bei den jungen Leuten merkt man einen Anstieg. Es kommen viele, die das ausprobieren wollen“, sagt Haider. Dafür habe man auch spezielle Angebote geschnürt. Mit einer Sondermitgliedschaft, die gestaffelt auf drei Jahre ausgelegt ist, spiele man im ersten Jahr kostenlos, im zweiten Jahr um die Hälfte und erst im dritten Jahr wird die Vollmitgliedschaft von 1.200 Euro im Jahr fällig. Eine mittelklassige Ausrüstung für einen Anfänger koste um die 250 Euro.
Längst sei Golf zudem in der breiten Masse angekommen, das elitäre Feeling mehr ein Relikt aus vergangenen Tagen. „Es hängt sicherlich von der Lage des Platzes und vom Einzugsbereich ab, aber Golf ist heute vom Dreher bis zum Anwalt möglich“, so Istok. Vor 30 Jahren sah das noch ein bisschen anders aus, wie Haider aus seinem Erfahrungsschatz erzählt: „Ich bin seit 32 Jahren in der Szene, damals war es noch sehr elitär. Auf manchen Golfplätzen im Zentralraum Linz hat man nicht einmal auf die Driving Range gehen dürfen, wenn man nicht Mitglied war. Zudem hat man ein bis zwei Protegés gebraucht, sonst wäre man da nie reingekommen. Etikette war das Wichtigste, heute ist alles legerer. Es geht in Richtung Breitensport, aber ein gewisser elitärer Touch ist nach wie vor vorhanden, weil es ein Gentleman-Sport ist.“ Am Green empfiehlt Manager Haider einen Putter. „Einfach konzentriert einlochen.“ Der Ball rollt und rollt. Er scheint fast ein bisschen zu langsam, fällt aber doch. Versenkt. Vielleicht wurde hier ja gerade der nächste österreichische Golfprofi geboren? Zumindest hat ein weiterer Gentleman die Liebe zum Golf entdeckt.