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Die Macht der Geschwister

„Ich hätte einen anderen Führungsstil, wenn ich ein Einzelkind wäre.“

Maximilian Priglinger Geschäftsführer, Biohort und Ascendor, Mittlerer von drei Geschwistern

Geschwisterlicher Ansporn

Derselbe Gedanke hat auch Familie Priglinger beschäftigt, als Sohn Maximilian 2016 ins Familienunternehmen Biohort eingestiegen ist: Seine zwei Jahre ältere Schwester war zu dem Zeitpunkt bereits im Unternehmen, auch der zehn Jahre jüngere Bruder hat Interesse am Betrieb. Um eventuellen Differenzen vorzubeugen, schafft ein Familienkodex klare Verhältnisse, schildert Maximilian Priglinger: „Wenn wer aus der Familie im Unternehmen arbeiten will, welche Ausbildung und Erfahrung muss er mitbringen? Wer ist das Gesicht nach außen und wer hat das letzte Wort?“ Die gemeinsam festgelegten Normen gelten für alle Familienmitglieder gleichermaßen. „Nur der Sohn oder die Tochter zu sein, zählt nicht. Das ist für die Mitarbeiter und das Unternehmen ganz wesentlich.“

Das deckt sich mit den Werten, die Priglinger in seiner Kindheit gelernt hat: „Wir sind so erzogen worden, dass man einen Anspruch an sich selbst stellen muss.“ Dieser Ehrgeiz treibt ihn an, stets mehr als das Notwendige zu leisten, egal ob als Schulsprecher, als Milizoffizier beim Bundesheer oder als Projektleiter bei der Firma Rosenbauer, wo er erste berufliche Erfahrungen sammelt. Seine Schwester und er spornen sich gegenseitig an, wer zum Beispiel den Segelschein oder den Studienabschluss schneller schafft. „Meine Schwester ist eine starke Persönlichkeit, da habe ich gelernt, mich zu behaupten und zu argumentieren.“ Und dabei auch immer aufeinander Rücksicht zu nehmen, lacht Priglinger. „Wir sind eine diskussionsfreudige Familie und können gut mit Feedback und Kritik umgehen.“

Diese familiären Erfahrungen beeinflussen ihn bis heute: „Man lernt, dass nicht alles nach dem eigenen Kopf geht“, ist Priglinger überzeugt. „Ich wäre eine andere Persönlichkeit und hätte einen anderen Führungsstil, wenn ich Einzelkind wäre.“

„Als Ältester habe ich die Verantwortung gehabt, auf die Kleinen aufzupassen.“

Johann Lehner Geschäftsführer, Die Wirtschaftstreuhänder, Ältester von drei Geschwistern

Frühe Verantwortung

Diese Einschätzung teilt auch Johann Lehner: „Mit Geschwistern gibt es eine gewisse Gruppendynamik, die ich als Einzelkind nicht habe, diesen Gegensatz zwischen Sicharrangieren und Sichdurchsetzen. Das kann man gut in Unternehmen brauchen.“ Als ältester von drei Geschwistern – die Schwester ist zwei, der Bruder zehn Jahre jünger – „habe ich die Verantwortung gehabt, auf die Kleinen aufzupassen. Wenn die Vase bei einer Polsterschlacht im Wohnzimmer runtergefallen ist, war ich verantwortlich, weil ich es besser wissen hätte können.“ Auch dass er als Erstgeborener seinen Eltern viele Freiheiten abtrotzen musste, sieht er heute als Vorteil: „Später kann es nicht schaden, wenn man weiß, wie man sich etwas erkämpft.“ Nur einen Nachteil sieht Lehner in seiner Rolle als ältester Bruder: „Die Jungen pfeifen sich weniger“, lacht er. Zum Glück sei Risikobereitschaft für ihn als Steuerberater und Mitgründer der Kanzlei Die Wirtschaftstreuhänder „nicht so wichtig“. Entscheidender war das Vorbild der Eltern, die als Landwirte täglich unternehmerisches Handeln vorgelebt haben. „Ich wurde als Nachfolger gesehen und entsprechend begünstigt“, erzählt Lehner. „Aber der Altersunterschied zu meinen Eltern war zu klein, ich hätte den Betrieb lange mit meinem Vater gemeinsam führen müssen.“ Also hat er seine Wunschkarriere in der Wirtschaft gestartet und dem kleinen Bruder den Hof überlassen.

„Der Erstgeborene bekommt eine ganz andere Aufmerksamkeit und ständig das Gefühl, besonders zu sein.“

Martin Hertkorn Soziologe und Coach, Inqua-Institut

Viele Mosaiksteinchen

Noch heute achtet er bei der Auswahl der Bewerber, ob sie einer unternehmerischen oder landwirtschaftlichen Familie entstammen, „dann hat man eher das Gründer-Gen“. Und das sei für den zukünftigen Erfolg viel wichtiger als die Position in der Geschwisterreihe, glaubt Lehner. Auch Ulrike Rabmer-Koller ist der Meinung, dass der Charakter stärker „von der Familie, der Persönlichkeit, dem Umfeld“ geprägt wird als von der Geburtenfolge.

Ähnlich sieht es Soziologe Hertkorn: „Unser Charakter ist ein unglaublich komplexes Feld und setzt sich aus verschiedenen Mosaiksteinchen zusammen, und die Geschwisterkonstellation ist nur eines davon.“ Menschen in Schubladen zu stecken, sei eine gefährliche Angelegenheit. Aber den Blick auf bestimmte Themen zu lenken, helfe bei der korrekten Selbsteinschätzung. „Wichtig ist zu verstehen, wie ich ticke, und zu wissen, was ich damit anstelle. Wenn ich mein Entwicklungspotential sehe, dann habe ich gute Chancen, eine tolle Führungskraft zu werden.“_

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