In Zeiten der Globalisierung?
EichlsederIch meine vor allem Latein. Ich würde es nicht für jene streichen, die sich dafür interessieren, aber wozu braucht ein Jurist oder ein Mediziner Latein? Man braucht die lebenden Sprachen mehr denn je, aber die Ausbildung darin ist um so viel besser geworden, man kann sich außerdem jederzeit Filme in allen Sprachen ansehen, sodass man die Schulstunden zugunsten der Naturwissenschaften ein bisschen reduzieren kann.
Wie wurde Ihr Interesse für Naturwissenschaften, für Technik geweckt?
EichlsederIch bin technisch gefördert worden von meinem Vater. Wir hatten Fotoapparate zu Hause und ich wollte immer damit spielen. Er hat nicht gesagt, ich dürfe nichts angreifen.
Daher rührt also auch Ihre Leidenschaft für die Fotografie?
EichlsederJa, genau. Mit 16 habe ich dann eine Spiegelreflexkamera bekommen und ich begann zu entwickeln – chemisch, schwarz-weiß, negativ, positiv. Ich hatte niemanden, der mir das erklärte, ich lernte es als Autodidakt. Und da entstand die Leidenschaft. So wie auch die Leidenschaft für Motocross entstand, ich verbrachte jedes Wochenende bei Motocrossrennen als Zuschauer und Fotograf. Im Berufsleben ließ das dann zunächst nach – ich fotografierte eine Zeit lang überhaupt nicht mehr. Obwohl ich da am meisten herumgekommen bin in der Welt – China, Australien, Japan, Korea, Indien. Da gibt’s kein einziges Foto.
Warum haben Sie da plötzlich mit dem Fotografieren aufgehört?
EichlsederVielleicht deshalb, weil ich immer eine Fototasche, die ja ziemlich schwer ist, mitgeschleppt hatte. Und auf einmal hab ich es als befreiend gefunden, dass ich die nicht mitschleppen
musste.
Und wann fingen Sie wieder an zu knipsen?
EichlsederDas hat wohl etwas mit meiner Technikaffinität zu tun – mit der digitalen Fotografie kam auch meine Faszination zurück. Das explodierte regelrecht, ich hab sicher 20 Kameras.
Haben Sie immer eine davon dabei?
EichlsederFast immer. Nur heute nicht. Außer natürlich die Handykamera, aber ...
... Handyfotos gehen für echte Fotografen gar nicht, stimmt’s?
Eichlseder(lacht) Das wäre eigentlich unter meiner Würde. Obwohl – wenn die Lichtverhältnisse stimmen, leisten die Handykameras mittlerweile wirklich Gigantisches.
Grundsätzlich kann jeder ein Foto machen. Aber worauf kommt es an, damit es ein richtig gutes Bild wird?
EichlsederDas ist eine super Frage. Da könnte ich jetzt eine Stunde einen Vortrag darüber halten.
Mein Zug geht in eineinhalb Stunden, das geht sich aus.
Eichlseder(lacht) Also gut. An und für sich sind die Regeln ganz einfach. Das Problem ist ja oft: Man ist auf Reisen total beeindruckt von einem Motiv. Und dann kommt man heim, schaut sich das Bild an und findet es fad. Fürchterlich. Ich glaube, so geht’s vielen. Fotografie ist eine Mischung aus Kunst und Technik. Und dazu kann man eben einige Regeln befolgen, zum Beispiel beim Bildaufbau. Dabei geht’s um Vordergrund, Hauptmotiv und Hintergrund. Das Hauptmotiv sollte etwas seitlich oder vertikal versetzt angeordnet sein, das nennt man Goldener Schnitt. Der zweite Trick ist, dass immer etwas hineinführen muss ins Bild, das Horizontale ist langweilig. Farblich ist es immer gut, wenn ein roter Punkt im Bild ist. Und dann spielt das Licht eine ganz entscheidende Rolle, da geht’s um jede Minute. Unter der blauen Stunde versteht man die besondere Färbung des Himmels während der Zeit der Dämmerung nach Sonnenuntergang und vor Eintritt der nächtlichen Dunkelheit, am Morgen ist es die goldene Stunde. Und manchmal geht es auch darum, Regeln bewusst zu brechen.
In der digitalen Fotografie geht es meist auch darum, die Bilder zu bearbeiten, am Kontrast oder an der Belichtung zu feilen. Wenn Sie nun die Bilder Ihrer Karriere betrachten, gibt es da welche, die Sie im Nachhinein gern bearbeiten würden?
EichlsederNein, ich bin sehr glücklich, wie ich es getroffen habe. Ich bin öfter vor einer Entscheidung gestanden und ich bin zufrieden, wie es gelaufen ist, man weiß ja nicht, was sonst daraus geworden wäre. Das sind lauter Weggabelungen, hätte ich eine andere Abzweigung genommen, mein Leben wäre komplett anders verlaufen. Das beginnt mit der Wahl des Studienortes. Dort habe ich meine Frau kennengelernt. Hätte ich etwas anderes studiert, hätte ich andere Freunde gehabt, wäre in eine andere Firma gegangen. Und dann kamen immer wieder finanzielle Verlockungen. Aber den Verlockungen des Geldes bin ich nicht erlegen, obwohl es ein paar Mal interessant gewesen wäre. Ich bin froh, dass ich so entschieden habe._