Wie können Kunst- und Schaumstoffe im Kreislauf gedacht werden, um so die Müllproblematik zu lösen? Wie lässt sich ein Produkt von Anfang an so konzipieren, dass es am Ende des ersten Lebenszyklus wieder komplett in die Ausgangsrohstoffe zerlegt werden kann? Und welche Maßnahmen braucht es, damit gänzlich nachhaltige Schaumstoffprodukte auch wirtschaftlich umsetzbar sind? Darüber hat Eurofoam-Geschäftsführer Wolfgang Ender mit uns gesprochen.
Ansichts.Sache
Kunst- und Schaumstoffe haben in der Nachhaltigkeitsdebatte oft einen schlechten Ruf – Stichwort Umweltbelastung. Wie lässt sich das ändern?
EnderDer Einsatz dieser Stoffe ist in der heutigen Zeit bei unserem heutigen Lebensstandard und auch unseren hygienischen Vorstellungen, die wir haben, nicht mehr wegzudenken. Dass ein Eingriff in die Umwelt stattfindet, das ist ganz klar, diese Diskussion rund um das Thema Nachhaltigkeit gibt es schon sehr lange. Wir sind bereits seit vielen Jahren daran, die Nachhaltigkeit unseres Produktes weiter zu optimieren – also zum einen den Produktionsprozess nachhaltiger zu gestalten und gleichzeitig auch alternative Ausgangsrohstoffe zu verwenden. Bereits 2005 haben wir als erster Schaumstoffhersteller einen nachhaltigen Schaumstoff präsentiert, der zu einem signifikanten Anteil aus natürlich nachwachsenden Rohstoffen produziert wurde. Darauf bin ich heute noch sehr stolz.
Ein hundertprozentig nachhaltiges Schaumstoffprodukt ohne negativen CO2-Fußabdruck – ist das überhaupt möglich?
EnderJa. So ein Produkt ist unser großes Ziel, an dem wir schon sehr lange und intensiv arbeiten. Da fließt viel Geld in die Forschung – von Grundlagenforschung bis hin zu Uni-Kooperationen und Laborversuchen. Will man einen nachhaltig geschlossenen Kreislauf, müssen die Produkte schon von Anfang an darauf ausgerichtet sein. Das Stichwort ist der Begriff „Cradle to Cradle“ – von der Wiege zur Wiege also. Dabei geht es darum, wie ein Produkt so konzipiert werden kann, dass es am Ende des ersten Lebenszyklus wieder komplett in die Ausgangsrohstoffe zerlegt werden kann. Gemeinsam mit der Universität Graz haben wir ein Verfahren patentiert, mit dem Schaumstoffe über Enzyme in viele Grundbestandteile zerlegt werden können – das ist schon sehr nahe an dem „Cradle to Cradle“-Gedanken. Der Prozess ist allerdings sehr aufwendig und wirtschaftlich derzeit nicht darstellbar.
Welche Rahmenbedingungen bräuchte es, damit solche Verfahren wirtschaftlich darstellbar werden?
EnderDiese Verfahren liegen in unserer Schublade, sobald es gesetzliche Richtlinien gibt, die solche Vorgänge fördern oder vorschreiben, werden sie umsetzbar sein. Generell ist leider unsere Erfahrung, dass die meisten Endkonsumenten nicht bereit sind, für nachhaltige Produkte einen Aufpreis zu zahlen. Es wäre sinnvoll, wenn sich die Politik – nicht nur in Österreich, sondern europaweit – Wege überlegt, wie die Kostenwahrheit bei solchen Produkten besser abgebildet werden könnte. Wir brauchen außerdem eine Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Alle müssen gemeinsam durchgehend daran arbeiten, unseren Planeten grüner zu machen.
Sinn.Fragen
Sie sind seit 2001 bei Eurofoam. Wie hat Sie das Unternehmen geprägt?
EnderUm beim Thema Nachhaltigkeit zu bleiben: Wie motiviert unsere Mitarbeiter an diesem Thema arbeiten und wie stark ihr persönliches Interesse ist, sich an der Verbesserung unserer Produkte zu beteiligen, diese Begeisterung beeindruckt mich schon stark.
Was war bisher Ihre größte berufliche Herausforderung?
EnderMeine größte Herausforderung ist es laufend, die Standorte unserer Betriebe in Österreich trotz vieler variabler Umfeldbedingungen, die es sehr schwierig machen, wettbewerbsfähig zu sein, im globalen Kontext abzusichern. Und Arbeitsplätze nicht nur abzusichern, sondern auch aufzubauen. Dazu müssen wir smart, clever und effizienter als andere sein. Mitbewerber in anderen Regionen der Welt haben oft nur sehr geringe oder gar keine Auflagen.
Was steht ganz oben auf Ihrer To-do-Liste?
EnderDerzeit ist es meine Priorität, das Unternehmen durch die Covid-19-Krise zu führen. Wir sind zum Glück in der Situation, dass wir jetzt die negativen Auswirkungen schon zu einem Großteil überwunden haben und sehr gut nach vorne schauen können.
Welcher andere Beruf, der völlig anders ist als das, was Sie heute machen, hätte Sie ebenfalls gereizt?
EnderAls Kind wollte ich Pilot werden, tatsächlich bin ich aber ganz woanders gelandet. Heute bin ich sehr dankbar dafür._
„Für nachhaltige Produkte ohne CO2-Fußabdruck braucht es eine Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Nur so können wir unseren Planeten grüner zu machen.“
Wolfgang Ender
Geschäftsführer, Eurofoam