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„Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit bedingen einander“

Plastik wird in der öffentlichen Debatte oft mit Verpackung gleichgesetzt. „Dabei treiben wir mit schützenden Verpackungslösungen aktiv die Verbesserung der Lebensbedingungen auf unserem Planeten voran“, stellt Michael Schernthaner, CEO von Schur Flexibles, klar. Wieso es eine differenzierte Betrachtungsweise benötigt und weshalb Nachhaltigkeit ohne Kunststoff nicht möglich ist, erklärt er im Interview.

Als Befürworter des Green Deals wollen Sie mit Schur Flexibles „aktiv zur Umsetzung des nachhaltigen Aktionsplans der EU beitragen“. Welche Anstrengungen unternimmt Schur Flexibles konkret dafür?

SCHERNTHANERAls Unternehmensgruppe mit 22 Produktionsstandorten und knapp 2.000 Mitarbeitern in Europa sehen wir uns dem Green Deal verpflichtet; ich unterstütze das auch persönlich innerhalb der „CEO Action Group“ im World Economic Forum. Wir wollen entlang unserer eigenen integrierten Produktionskette, aber auch in Zusammenarbeit mit Partnern unseren Beitrag zur Erneuerung der europäischen Wirtschaft entsprechend dem Green Deal leisten: Reduktion von Treibhausgasen, Reduktion des Ressourceneinsatzes und Stärkung der Digitalisierung. Unsere Teams in den Bereichen Sustainability sowie Forschung und Entwicklung begleiten sowohl Kunden als auch unsere Standorte bei der Entwicklung entsprechender Projekte.

Welche Projekte sind das?

SCHERNTHANERBeispielsweise sparen wir Ressourcen durch die Erforschung und Entwicklung von immer dünneren Folien: So produzieren wir aktuell die weltweit dünnste Hochbarriere-Folie „Superthin“. Wir entwickeln für unsere Kunden recyclingfähige Produktalternativen, die sowohl im Produktionslauf als auch mit Blick auf Transportwege und Lagerung einen positiven Nachhaltigkeitsbeitrag leisten. Unsere Standorte reduzieren trotz Steigerung der Auslastung ihren Energieverbrauch und setzen stark auf erneuerbare Energiequellen. Wir optimieren den Einsatz von Produktionsmitteln durch Operational-Excellence-Projekte und halten Rohstoffe im Produktionskreislauf, zum Beispiel durch eigene Lösungsmittelrückgewinnung.Zum nachhaltigen Wirtschaften gehört auch, dass wir diese Projekte evaluieren und ent- sprechend den Standards der Global Reporting Initiative transparent machen, indem wir sie in unserem Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen.

Weltweit wird jährlich ungefähr ein Drittel der produzierten Lebensmittel verschwendet. Was kann Verpackung dazu beitragen, diese Verschwendung zu reduzieren? Wie müsste sich Verpackung ändern, um hier einen positiven Effekt zu erzielen?

SCHERNTHANERDie Verpackungsindustrie leistet einen ganz essentiellen Beitrag, um Lebensmittelverderb vorzubeugen. Unsere extrem dünnen Kunststofffolien erfüllen heute wesentliche, hochtechnische Barrierefunktionen, die die Haltbarkeit der Lebensmittel deutlich verlängern, aber auch Transport und Lagerung überhaupt erst ermöglichen. Beim ganzheitlichen Blick auf das Verpackungskonzept stellen sich zwei wesentliche Fragen: Was ergibt die Summe des Ressourceneinsatzes bei Erzeugung und Transport der Verpackung? Und welche Funktion übernimmt die Verpackung im Hinblick auf die Haltbarkeit von Produkten? Und hier überzeugt Kunststoff aufgrund seiner außerordentlich guten Schutzfunktionen, des geringen Gewichts und des gesamten Ressourceneinsatzes zumeist als die Verpackung mit dem kleinsten ökologischen Fußabdruck. Wichtig ist dennoch, nach der Erstverwendung den Reststoff Kunststoff wieder zum Wertstoff Kunststoff zu entwickeln und diesen im Kreislauf zu halten.

Mikroplastik ist in den letzten Jahren ein prominentes Thema geworden. Wie begegnen Sie dieser Thematik?

SCHERNTHANERMikroplastik betrifft den Bereich der flexiblen Verpackungsindustrie in Europa nur indirekt, da wir hier geschlossene Müllsammelsysteme haben und der Großteil des Mikroplastiks aus Abrieb, Verwitterung und Ähnlichem stammt – also nicht von Verpackungsprodukten. Dennoch setzen wir bei der Erzeugung unserer Produkte auf eine durchgängig strenge Kontrolle, damit generell kein Kunststoff freigesetzt werden kann, der später gegebenenfalls zu kleineren Partikeln abgebaut wird. Dazu sind wir auch freiwillig Partner der „Operation Clean Sweep“, die einen klaren Maßnahmenkatalog vorgibt, um entlang aller Produktionsschritte ein Freisetzen von Kunststoffen zu vermeiden. Wir gehen auch hier einen Schritt weiter und verpflichten nicht nur unsere Produktionsstätten, die Folien produzieren, zur Teilnahme an „Operation Clean Sweep“, sondern auch unsere verarbeitenden Betriebe in der Bedruckung, Kaschierung und Konfektionierung von Kunststoffverpackungen.

Schur Flexibles investiert stark in Forschung und Entwicklung und hat angekündigt, dass noch vor dem Jahr 2025 alle vom Unternehmen stammenden Verpackungen für die Lebensmittelindustrie recycelbar, wiederverwertbar oder kompostierbar sein werden. Wie weit sind Sie mit diesem Vorhaben?

SCHERNTHANERWir sind hier sehr weit vorangeschritten – bereits Ende 2019 hatten wir für jedes unserer Marktsegmente recyclingfähige Produktalternativen entwickelt. Dazu investieren wir nun auch viel, um Kunden auf diesem Weg zu begleiten und den Umstieg zu erleichtern. Eine flexible Verpackung erfüllt heute wesentliche Funktionen – von Hygiene über Haltbarkeit und Festigkeit bis hin zum Schutz des Produkts. Das heißt, die Verpackung muss maßgeschneidert auf jedes Produkt abgestimmt werden. Daher brauchen wir hier auch die Bereitschaft unserer Kunden, aber auch der Konsumenten, die diese Bemühungen wahrnehmen und nachfragen. Der Wiedereinsatz von Verpackungen ist ein hohes Ziel und bedarf vieler Partner in der Lieferkette, um ein hygienisch einwandfreies Produkt anbieten zu können.

Wie rentieren sich diese Bestrebungen für Sie wirtschaftlich?

SCHERNTHANERNachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit bedingen einander. Nur wenn wir nachhaltig wirtschaften, sichern wir den Lebensraum für uns Menschen. Dabei folgen wir dem ganzheitlichen Ansatz der „4 Ps“, ausgehend vom zentralen Purpose mit Blick auf People, Planet and Prosperity. In der Verpackungsindustrie leisten wir einen Beitrag zur Verfügbarkeit von Produkten und unterstützen dadurch die Menschen, ihre wichtigsten Bedürfnisse zu befriedigen. Daher müssen wir unsere Investitionen darauf ausrichten, unsere Prozesse ressourcenschonend zu optimieren. Dazu braucht es mehr als eine oberflächliche Sicht auf das Thema Nachhaltigkeit. Das umfasst viele Themenbereiche: hochqualifizierte Fachkräfte, Digitalisierung, Forschung und Entwicklung, Innovationen im Maschinenpark, Mobilität und Gebäude. Dementsprechend hoch ist auch der Investitionsfaktor anzusetzen. Das ist unsere Verantwortung!

Wir schreiben das Jahr 2040: Wohin hat sich die Verpackungsindustrie entwickelt?

SCHERNTHANERDie Verpackung hat sich von einer kaum wahrnehmbaren Hülle zu einem informationsgeladenen „Vermittler“ zwischen Herstellern und Konsumenten entwickelt. Sie adressiert den individuellen Verbraucher über seine Devices und erleichtert ihm, Produkte entsprechend seiner ganz persönlichen Bedürfnisse zu finden und auswählen zu können. Entlang der Supply Chain ist die Verpackung der Träger der kompletten Informationen zum Produkt und erklärt sämtliche Stationen der Erzeugung, Inhalte, Haltbarkeit, kennt aber auch den aktuellen Zustand des Produkts und warnt vor Verderb-Risiko. Die Verpackung wird entlang der gesamten Produktionskette bis zum Home des Konsumenten mit anderen smarten Devices kommunizieren._

Der Wertstoff Kunststoff muss im Kreislauf geführt werden.

Michael Schernthaner CEO, Schur Flexibles

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