Gedankensprung … mit Montanunirektor Wilfried Eichlseder
Sind eigentlich auch Frauen unter den Bergleuten? Wie hat sich das Studenten-Dasein in den vergangenen Jahren verändert? Wie studiert es sich in Leoben und wie halten Sie es mit der Nachhaltigkeit, Herr Rektor? Das und mehr klären wir im persönlichen Gespräch.
Ansichts.Sache
Die Montanuniversität Leoben ist die kleinste technische Universität Österreichs. Was macht sie aus Ihrer Sicht zur „größten“?
EICHLSEDERDas fachliche Umfeld. Die Spezialisierung vom Abbau der Rohstoffe selbst bis hin zur Erzeugung, Entwicklung und Erforschung von Werkstoffen. Mit Recycling schließen wir den Stoffkreislauf. Das ist einzigartig.
MINT-Nachwuchs wird überall händeringend gesucht. Wie erleben Sie die Situation in Leoben?
EICHLSEDERDa können wir uns nicht ausnehmen. Für eigene Forschungsarbeiten würden wir auch mehr Nachwuchs benötigen. Relativ gesehen ist die Montanuniversität jene Uni, die die meisten Drittmittelumsätze mit der Wirtschaft, aber auch innerhalb von Forschungsprogrammen macht.
Im Wettbewerb um die besten Nachwuchskräfte könnte man mittlerweile behaupten, dass sich nicht mehr die Studenten bei der Hochschule bewerben müssen, sondern umgekehrt. Abseits der Studieninhalte: Was macht den Campus der Montanuni zum Studentenerlebnis?
EICHLSEDERUnsere Studierenden sind in der Stadt integriert, das macht das Studentenleben aus. Leoben ist klein, überschaubar und bequem fußläufig erreichbar. Sie können von hier aus, ohne in ein Auto steigen zu müssen, sofort auf der Alm sein.
„Studieren mit Nachhaltigkeitsfaktor und tollen Jobaussichten“ ist als Claim auf Ihrer Website zu lesen. Was macht die Absolventen für die Wirtschaft so interessant?
EICHLSEDEREigentlich zwei gegensätzliche Aspekte: Die breite Ausbildung und das spezifische Fachwissen. Die breite Ausbildung kommt daher, weil wir im ersten Studienjahr für alle Studienrichtungen den gleichen Studienplan haben. Das heißt, man kann es sich später noch überlegen und wechseln. In den höheren Semestern ist es dann sehr spezifisch.
Sinn.Frage
An der Montanuni liegt der Frauenanteil unter den Studierenden bei rund 25 Prozent. Ist ein Frauen-Männer-Verhältnis von 50:50 realistisch? Wie könnte das erreicht werden? Und wieso ist es überhaupt wichtig, Frauen verstärkt für die Montanuni zu begeistern?
EICHLSEDERDer Frauenanteil ist zum Glück leicht steigend, wir gehen schon Richtung 30 Prozent. Aus der Tradition heraus gibt es in unserer Sprache nur den Bergmann und Bergleute, da sind wir in der Sprache noch hinten, was das betrifft. Dass es harte Arbeit ist, stimmt heute nicht mehr, weil die meiste Arbeit am Computer passiert. Wir haben Studienrichtungen wie Kunststofftechnik oder die industrielle Umwelttechnik, in denen der Frauenanteil sehr hoch ist. Attraktiv ist es für Frauen, weil auch sie in den traditionellen Männerberufen Erfolg haben können und dann natürlich auch die gleichen Aussichten haben wie die Männer.
Sie sind seit 22 Jahren an der Montanuni Leoben tätig, die letzten zehn Jahre davon als Rektor. Was ist der größte Unterschied, den Sie bei heutigen Studenten im Vergleich zu Ihren Anfängen wahrnehmen?
EICHLSEDERDie Studierenden sind sehr diszipliniert und zielstrebig. Viele lernen und arbeiten sehr tüchtig. Ich habe den Eindruck, dass diese Leistungsbezogenheit früher geringer war.
Das Thema Nachhaltigkeit ist Teil der DNA der Montanuni. Hand aufs Herz: Wo könnten Sie in Ihrem Alltag selbst noch nachhaltiger werden? Und wo könnten sich andere ein Vorbild an Ihrem Verhalten nehmen?
EICHLSEDERIch verzichte auf das Auto und gehe jeden Tag zu Fuß zur Arbeit. Das sind zwei Kilometer in eine Richtung, hochgerechnet 1.000 Kilometer im Jahr. Verbesserungspotential sehe ich beim Re-Use von Produkten. Ich bin ein Technikfreak und muss, bei manchen Sachen, immer die neueste Ausrüstung haben._
Die Leistungsbezogenheit war früher geringer.
Wilfried Eichlseder Rektor, Montanuniversität Leoben