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Diversität: Keine Frage der Moral

Dass Diversität einen positiven Effekt auf den Unternehmenserfolg hat, belegen zahlreiche Studien. Ein Blick in die Führungsetagen Österreichs zeigt allerdings, dass dieser Wettbewerbsvorteil kaum genutzt wird. Wieso das so ist? Die beiden BDO Führungskräfte Petra Lahofer und Julia Leeb sind sich einig: Es braucht einen gesellschaftlichen Wandel. Bei BDO ist Diversität schon seit Längerem Teil der Unternehmensstrategie. Wie sich dadurch die Zusammenarbeit im Team verändert hat und welche Fragen sie zu dem Thema nicht mehr hören wollen, erzählen die beiden im Interview.

Was hat sich bei BDO verändert, seit der Fokus verstärkt auf Diversität in der Führungsetage liegt?

LahoferDiversität steigert den Unternehmenserfolg. Und mit Diversität meine ich nicht nur die Geschlechter – auch das Alter und den Background. Unser 35-köpfiges Beratungsteam setzt sich aus Personen mit insgesamt 22 unterschiedlichen Studienrichtungen zusammen. Diese Diversität ist wichtig, weil wir dadurch auch die Vielfalt unserer Kunden in der Förderberatung abbilden und entsprechend betreuen können. Diversität ist das, was uns als Unternehmen auszeichnet und stark macht.

LeebBesonders im Kundengeschäft ist Diversität extrem wichtig. Wenn man in der Führungskultur und in der Belegschaft eine sehr einseitige Besetzung hat, ist es nicht möglich, die Kunden in ihrer Unterschiedlichkeit so zu erreichen, wie sie das möchten. Abgesehen von der Notwendigkeit der Gleichstellung stellt sie vor allem ein wirtschaftliches Argument dar. Alle Studien sprechen dafür, dass diverse Führungsteams kreativer, innovativer und produktiver sind und auch bessere Zahlen liefern. Das sollte sich kein Unternehmen entgehen lassen.

Wie fördern Sie die Diversität in Ihren Teams?

LahoferMit Offenheit. Wenn wir eine neue Position im Team besetzen, bestimmen wir nur ein paar Eckpfeiler. Ansonsten haben wir keine starren Anforderungen an den Lebenslauf oder bisherige berufliche Stationen. Natürlich braucht man bei uns ein betriebswirtschaftliches Fundament, um das Geschäftskonzept der Kunden zu verstehen. Aber das muss nicht unbedingt ein BWL-Studium sein. Es geht darum, einen Mehrwert in das Team zu bringen und nicht eine Person, die genauso ist, wie alle anderen.

LeebFrauen unterschätzen ihr Können und ihre Leistungen und bleiben dadurch oft im Hintergrund. Starre Hierarchien, fehlende Vorbilder beziehungsweise Mentorinnen sind oft Gründe, warum Frauen in ihrer beruflichen Weiterentwicklung stecken bleiben. Ich selbst habe erlebt, wie wertvoll eine Mentorin sein kann.

Inwiefern haben Sie das erlebt?

LeebIch hatte das große Glück, auf meinem Karriereweg von meiner ersten Chefin begleitet zu werden. Sie war eigentlich schon in Pension, wollte aber noch im Unternehmen mitwirken. Sie hat mich immer wieder in meinem Selbstbewusstsein gestärkt und mich motiviert, den nächsten Schritt zu gehen. Ein weibliches Vorbild zu haben, das selber in einer Führungsposition war und sich in einem männerdominierten Umfeld behauptet hat, hat mir wahnsinnig geholfen. Weil nur eine Frau nachvollziehen kann, wie sich eine Frau in bestimmten Situationen fühlt. Das Zusammenspiel von Jung und Alt wird vor allem im Hinblick auf die Personalkosten völlig unterschätzt. Unternehmen sollten sich überlegen, die Kosten für solche Modelle zu übernehmen – um später mit mehr Diversität bessere Ergebnisse zu erzielen.

Junge Frauen brauchen mehr weibliche Vorbilder im Top-Management von Unternehmen.

Julia Leeb Partnerin, BDO

Flexible Arbeitszeiten haben durch Corona einen Aufschwung erlebt. Wie stehen Sie zu Teilzeitführungskräften? Inwiefern würde das Diversität fördern?

LahoferFlexible Arbeitszeitmodelle funktionieren auch für Führungskräfte – und müssen funktionieren! Sonst würde das bedeuten: Man muss sich zwischen Familie und Beruf entscheiden. Und genau diese Entscheidung wollen wir nicht. In meinem Team sind auch Teilzeitführungskräfte. Dafür braucht es einfach eine klare Definition der Führungsrolle, die sich auf die Stärken der Führungskraft fokussiert. Niemand muss rund um die Uhr erreichbar sein, auch nicht Führungskräfte – wichtig sind klare Rollen und eine gute Kommunikation.

LeebAbsolut! Und Frauen, die familienbedingt Teilzeitführungskräfte sind, wollen das selten auf Dauer bleiben. Die meisten möchten zu gegebener Zeit wieder als Vollzeitführungskraft zurückkommen. Für Unternehmen ist das eine große Chance ein Führungskräfte-Ökosystem zu etablieren: Wenn man die Lücke, die sich durch die Teilzeit ergibt, mit einer Nachwuchsführungskraft besetzt, kann die nächste Generation mit der Hilfe einer Mentorin in diese Rolle hineinwachsen. Eine Win-win-win-Situation: Die Teilzeitführungskraft behält ihre Position, der Nachwuchs kann sich weiterentwickeln und das Unternehmen sorgt für regelmäßigen Führungskräfte-Nachschub aus den eigenen Reihen. Gleichzeitig würden so auch immer mehr junge Frauen in Führungspositionen kommen.

Welche Aspekte werden abseits von Quoten zu wenig diskutiert?

LahoferWas mir in der öffentlichen Debatte komplett fehlt, ist die Diskussion über den Mehrwert, den Diversität bringt. Die Tatsache, dass wir so unterschiedlich sind, bringt uns bei BDO enorm weiter. Meistens geht es im öffentlichen Diskurs um Quoten und Vorstandspositionen. Am Ende des Tages braucht es aber einen Gesellschaftswandel. Und den erreicht man nicht rein aufgrund der Quotendiskussion. Die Debatte müsste viel stärker inhaltlich geführt werden – mit wirtschaftlichen Argumenten. Und davon gibt es ausreichend!

Was mir in der öffentlichen Debatte komplett fehlt, ist die Diskussion über den Mehrwert, den Diversität bringt.

Petra Lahofer Director und Prokuristin, BDO

LeebEs braucht definitiv einen gesellschaftlichen Wandel. Deshalb glaube ich auch, dass wir eingreifende Maßnahmen wie die Frauenquote brauchen. Das Rollenbild der Spitzenmanagerin gibt es ja kaum. In vielen Unternehmen gibt es kein einziges weibliches Vorbild für junge Frauen, an dem sie sich orientieren können. Dieses Rollenbild einmal zu verankern, ist sehr wichtig.

Und abseits davon?

LahoferIch bin Mitglied in vielen Frauennetzwerken, wo wir sehr oft über unsere Erfahrungen sprechen. Eines ist dabei immer gleich: Als weibliche Führungskraft kommt man viel öfter in die Situation, seine Position rechtfertigen zu müssen. Darüber wird viel zu wenig gesprochen. Die Forderung nach mehr weiblichen Führungskräften ruft zwar in der öffentlichen Diskussion Großteils Einigkeit auf allen Seiten hervor – dies täuscht aber nur wenig darüber hinweg, dass Anspruch und Wirklichkeit oft weit entfernt voneinander liegen. Konkrete Unternehmensziele im Bereich Diversität sind gefordert. Dann gilt es, diese Ziele auch zu erreichen.

Wie sprechen wir in zehn Jahren über das Thema Diversität? Welche Fragen werde ich Ihnen dann nicht mehr stellen?

LahoferOb sich Frauen in Führungspositionen stärker behaupten müssen. Beziehungsweise ist die Antwort dann hoffentlich: nicht mehr.

LeebDass wir gar nicht mehr darüber sprechen werden, weil Diversität selbstverständlich geworden ist, kann ich mir nicht vorstellen. Ich hoffe aber, dass wir dann auf eine Entwicklung zurückschauen können, die durch bestimmte Maßnahmen zu einer Bewusstseinsbildung für die Vorteile von Diversität geführt hat. Und vielleicht werden wir uns zumindest über genderspezifische Gehaltsunterschiede nicht mehr unterhalten müssen._

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