Ehrfürchtig betritt der Elfjährige nach Feierabend mit seinem Vater das kleine Entwicklungsbüro, in dem der Prototyp leise seine Arbeit verrichtet. „Diese Maschine wird alles verändern“, sagt der Vater, während sich ein Lichtstrahl blitzschnell über eine Gummiplatte bewegt. „Als Bub war das wahnsinnig spannend“, erinnert sich Christopher Müller mit leuchtenden Augen an seine erste Begegnung mit Lasertechnik im Jahr 1993. „Es war klar, dass das die Zukunft ist.“
Fast drei Jahrzehnte sind seither vergangen, in denen der Prototyp zum Grundstein von Trotec Laser und Christopher Müller zum Eigentümerbeirat des Unternehmens wurde. Gegründet vor genau 25 Jahren von Vater Klaus Müller, beschäftigt der Weltmarktführer für Lasermaschinen zum Gravieren, Schneiden und Markieren mittlerweile global mehr als 800 Mitarbeiter und hat im Jahr 2021 einen Umsatz von über 150 Millionen Euro erwirtschaftet – bis 2025 soll die 200-Millionen-Euro-Grenze geknackt werden. „Ich habe keine Zweifel, dass wir das schaffen, weil bisher jedes gesteckte Ziel erreicht und sogar übertroffen wurde“, gibt sich Christopher Müller optimistisch.
Der Laserwelt den Stempel aufdrücken
Optimismus stand auch ganz am Anfang von Trotec Laser, war doch eine derartige Dynamik damals keineswegs absehbar. Zunächst ging es auch um ein gänzlich anderes Ziel: nämlich die Vereinfachung und Beschleunigung der Stempelproduktion im Traditionsunternehmen Trodat, dessen Geschäftsführer Klaus Müller von 1983 bis 2002 war. „Die Gummitextplatte, die den Stempel erst individuell macht, musste bis dahin relativ aufwändig durch Vulkanisation hergestellt werden – kein sehr sauberer Prozess“, schildert Christopher Müller. „1991 hat mein Vater in den USA das erste Mal Lasertechnologie kennengelernt und rasch erkannt, welches Potential dahintersteckt: Die Produktion der Textplatte mit einem Laser ist viel schneller, einfacher und auch umweltfreundlicher.“
Sofort beginnt die Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Stempelherstellers mit der Arbeit an einem Prototyp: Das Gerät stammt noch von einem anderen Hersteller und wird an die speziellen Anforderungen angepasst, zeigt aber einige Schwächen, vor allem bei der Absaugung von Staub und Gerüchen. Also holt man Andreas Penz ins Boot, der damals als Universitätsassistent an der TU Wien im Bereich Lasertechnik geforscht hat: „Der Start war bescheiden, unser Forschungslabor war in einem Container aufgebaut und dort haben wir an den ersten Lasergeräten getüftelt“, erinnert sich Penz. Unter seiner Leitung wird 1996 ein eigener Trotec Laser entwickelt und gebaut. „Das erste Gerät hat neue Standards bei Präzision, Staubschutz und Filtertechnologie gesetzt“, erinnert sich Penz.
Von der Tochter zur Schwester
Über das Vertriebsnetz von Trodat werden die ersten Trotec Laser zur Stempelproduktion verkauft – bis sich herausstellt, dass die Kund:innen Lust auf mehr haben: „Viele der kleinen Stempelmacher produzieren nicht nur Stempel, sondern auch Schilder“, erzählt Penz – und die wollten sie genauso mit den Lasern herstellen. „Dadurch sind wir in andere Anwendungen hineingewachsen und haben neue Märkte entdeckt, die größer sind und stärker wachsen.“
Im Jahr 1997 gliedert Klaus Müller die Lasersparte aus Trodat aus und gründet ein eigenständiges Schwesterunternehmen. „Die Erfolgsgeschichte von Trotec Laser wäre viel schwieriger gewesen, hätte man diesen neuen Bereich damals als eingegliederte Abteilung belassen“, sagt Penz rückblickend. Heute ist Trotec, die seit 2019 gemeinsam von den Geschäftsführern Andreas Penz und Peter Kratky geleitet wird, genauso wie Trodat eine 100-prozentige Tochter der TroGroup. Diese befindet sich zu 74,9 Prozent im Besitz der Müller-Just-Familienstiftungen und zu 25,1 Prozent im Besitz der niederösterreichischen ImWind Gruppe.
Rasante Entwicklung
Schon bald nach der Gründung kann Trotec Laser budgetär Fuß fassen: 2001 schafft das Unternehmen den Break-even – im selben Jahr, in dem Andreas Penz von der Entwicklungsabteilung in die Geschäftsführung wechselt. Der Rollentausch habe für ihn auch spezielle Herausforderungen gebracht, gesteht Penz: „In manche Details bei aktuellen Forschungsprojekten muss ich mich heute aufgrund der Komplexität richtig einarbeiten. Aber was ich sehe, sind die leuchtenden Augen von jungen Forschern, die mir mit Stolz was Neues präsentieren, und das begeistert auch mich noch immer.“
Mit Penz‘ Wechsel in die Geschäftsführung beginnt auch die internationale Expansion: 2001 wird die erste Vertriebsniederlassung in Deutschland eröffnet, 16 weitere folgen – von den USA über Russland bis China. Aktuell wird ein zusätzlicher Standort in Singapur aufgebaut. Mittlerweile werden 97 Prozent des Umsatzes im Ausland erwirtschaftet. „Es gibt sicher günstigere Laser in der Anschaffung, aber wenn ein Problem auftritt, haben wir mit den lokalen Niederlassungen die Möglichkeit, mit einem Techniker schnell vor Ort zu sein, der die Sprache der Kunden spricht“, erläutert Christopher Müller. „Daher wissen die Kunden: Wenn ich einen Trotec-Laser habe, dann läuft der.“
Flexibel und lieferfähig
Diese serviceorientierte Strategie wurde auch in den beiden großen Krisen der vergangenen Jahre beibehalten – der Finanzkrise und der Coronapandemie. „Das hat dazu geführt, dass wir nachhaltig Mitbewerber auf dem europäischen Markt verdrängt haben, weil wir für unsere Kunden da waren“, sagt Christopher Müller. Im Gegensatz zur Konkurrenz „haben wir frühzeitig die Bauteile für 2021 eingekauft und waren dadurch immer in der Lage, die Geräte zu fertigen und auszuliefern“.
Als großer Vorteil erwies sich dabei, dass die Kerntechnologien vollständig im eigenen Haus entwickelt und gebaut werden, sagt Penz: „Einige Chips waren nicht verfügbar, aber wir haben unsere Software umprogrammiert und die Elektronik umgebaut.“ Möglich sei dies nur, weil die Mitarbeiter:innen auch in schwierigen Phasen extrem motiviert und flexibel seien. Allein schon deshalb sei ein Umzug in ein Billiglohnland kein Thema, im Gegenteil: Im Jahr 2013 hat man das neue Nullenergie-Produktionsgebäude in Marchtrenk bezogen, das in puncto Nachhaltigkeit sämtliche Stückln spielt – von Photovoltaik über LED-Beleuchtung bis Erdwärmespeicher. „Wir werden langfristig hier investieren und können bei Bedarf den Standort deutlich ausbauen“, blickt Penz zuversichtlich in die Zukunft.
Software macht den Unterschied
Der Standort Oberösterreich bietet nicht nur logistische Vorzüge – knapp die Hälfte des Umsatzes wird innerhalb der EU generiert –, sondern stärkt auch das Image: „Die Ingenieurskunst aus Österreich wird international sehr geschätzt“, sagt Penz. In Zukunft wolle man sich aber nicht nur mit den Geräten abheben: „Software wird das wesentliche Differenzierungsmerkmal“, ist Penz überzeugt. „Unsere Kunden verkaufen ihre Produkte zunehmend über das Internet, das heißt, sie brauchen einen digitalen Workflow.“ Um diesen geänderten Bedürfnissen gerecht zu werden, habe man 2017 „mit der Software noch mal ganz von vorne begonnen“, schildert Penz. „Manche haben gesagt, ihr seid verrückt. Aber durch den klaren Schnitt konnten wir Altlasten hinter uns lassen und beim Programm ‚Trotec Ruby®‘ auf eine komplett neue Technologie setzen.“
Nicht nur bei dieser Entscheidung haben das Vertrauen und der Optimismus der Eigentümer eine wichtige Rolle gespielt: „Wachstum und Entwicklung stehen über der Dividende“, schildert Christopher Müller die Philosophie der Familie. Operativ tätig sein möchte er – im Gegensatz zu seinem Vater – bei TroGroup allerdings nicht: „Es ist besser, man hat eine gute Geschäftsführung, als jemanden von der Familie, der das vielleicht nicht so gut kann.“ Seine Leidenschaft gilt vielmehr dem Boutiquehotel Lupaia in der Toskana, das er gemeinsam mit seiner Frau betreibt: „Dort habe ich meinen Platz gefunden.“_