Nahversorger wie Bäcker, Fleischhauer oder Gastronomie-Betriebe decken nicht nur den täglichen Waren-Bedarf der Kunden ab, sondern gelten besonders in ländlichen Gebieten als Treffpunkt für die Gemeinschaft. Trotzdem blicken viele Unternehmen in eine ungewisse Zukunft. Förderungen und Bewusstseinsbildungen sollen den Trend stoppen - oder zumindest verlangsamen.
Eigentlich lieben die Oberösterreicher ihre Nahversorger. 84 Prozent sind mit den Angeboten in ihrer Heimat zu- frieden, und für satte 99 Prozent ist er wichtig oder sehr wichtig, zeigt eine Studie des market-Instituts. Eigent- lich. Denn trotz dieser Werte müssen vor allem in ländlichen Gebieten im- mer mehr Nahversorger aufgeben. Wie kann das sein?
Es liegt nicht nur an den großen Ein- kaufszentren in der Peripherie, sondern auch an den Konsumenten selbst, sagt Wirtschaftsbund-Direktor Wolf- gang Greil. Er kennt Gemeinden, in denen die Menschen kaum noch in ihrer unmittelbaren Umgebung einkaufen. Viele würden die Nahversorger zwar schätzen, aber vorwiegend auswärts Besorgungen erledigen. Be- sonders stark sind Pendlergemeinden betroffen, verstärkt wird die Entwick- lung durch Urbanisierung und die demographische Entwicklung. Auch in Greils Heimatgemeinde Katsdorf musste vor kurzem ein Fleischhauer aufgeben. „Bei der Eröffnung gab es noch eine lange Schlange, schon eine Woche später war der Andrang sehr
überschaubar, erinnert er sich. Der Aufschrei komme immer zu spät. „Solange man einen Nahversorger hat, ist man zufrieden und nutzt ihn wenig, da- nach geht er ab“.
Junge wollen oft Geschäfte nicht weiterführen
Mehr als 20.000 Betriebe gelten in Oberösterreich als Nahversorger – unter ihnen etwa auch Tankstellen, Friseure oder Elektrohandelsgeschäfte. Für sie gibt es ein Förderungsprogramm des Landes mit Zuschüssen, zinsgünstigen Krediten, Haftungsübernahmen oder direkten Unternehmensbeteiligungen. Durch das neue Raumordnungsgesetz wurde auch Einkaufszentren direkt vor den Toren der Stadt ein Riegel vorgeschoben. „Die wichtigste Maßnahme ist aber die Bewusstseinsbildung“, sagt Greil. Man müsse klarmachen, dass Nahversorger in der Gemeinde ein wichtiger Faktor für die Lebensqualität sind. Wichtig sei dabei nicht nur die Be- wusstseinsbildung bei den Konsumen- ten. Auch die Rahmenbedingungen für die Unternehmer müssten passen.
Denn viele Geschäfte würden auch geschlossen, weil die Besitzer in Pension gehen. Greil: „Die Jungen haben oft keine Absicht, weiterzumachen. Es ist schließlich ein sehr zeitintensives und schwieriges Geschäft. Manche Betreiber arbeiten sogar noch mit mehr als 80 Jahren, aber irgendwann geht es nicht mehr.“
Auch Rosa Fröller hilft mit 81 Jahren noch beim Greissler in der Linzer Klammstraße aus, bedient Kunden. Doch selbst wenn sie endgültig in Pension geht, ist die Zukunft des Ladens gesichert. Den hat nämlich längst ihre Tochter Ulrike Lucin übernommen. Die 52-Jährige steht hinter dem Tresen und lächelt. Regale, die bis zur Decke reichen. Rasierer, Strumpfhosen, Gemüse, Brot, Milch. Champagner. Hier gibt es keinen Zentimeter ungenützten Platz, scheint es. Nicht nur in der Straße, auch bei den meisten Anwohnern und Angstellten an der Promenade ist sie bekannt. „Der persönliche Umgang ist meine Strategie“, sagt die Frau mit den blonden Haaren, die sich trotz der großen Konkurrenz im Stadtzentrum sehr gut behaupten kann. „Wennst a Jausenweckerl mit Marmelade zur Wurst willst, kriegst das bei uns auch“, erzählt Lucin.
Tatsächlich erinnert sie sich an einen Fall, in dem ein Besucher Käsewurst mit Marillenmarmelade in seine Semmel wollte. Das Geschäft ist in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich. Mit seinen 15 Quadratmetern Verkaufsfläche ist es nicht nur das kleinste Linzer Lebensmittelgeschäft, sondern auch eines der letzten seiner Art. Geschäfte mit Lebensmittelberechtigung gibt es hierzulande zwar etwa 3000, unabhängig sind aber die wenigsten. Typische Greißler – unabhängige Läden mit Vollsortiment - sind ohnehin beinahe ausgestorben. „Die können nur noch in Städten überleben, wo es hohe Frequenzen von Fußgängern gibt, und Menschen nicht auf Autos angewiesen sind“, sagt Manfred Zöchbauer, Geschäftsführer der Sparte Handel der WKOÖ.
Neue innovative Anbieter
Während die eine Art des Nahversorgers fast verschwunden ist, positionieren sich andere mit neuen Konzepten am Markt. „Ich merke, dass vermehrt Nischen-Anbieter entstehen – mit innovativen Ideen und einem spezifischen Sortiment, richtige Bio- Greißler“, sagt Greil. Die gelte es zu unterstützten – schließlich seien sie Unternehmer und keine Märtyrer oder Samariter._