„Es gibt geniale Fußballtrainer, die selber keine Spitzensportler waren. Trainer, die ein Gespür für Leute haben und sich über den Erfolg der anderen freuen können. Man braucht ein Konzept, eine Strategie und Führungsqualität. Das ist etwas, das alle guten Trainer gemeinsam haben. Hier kann man eine tolle Analogie zum Verkauf ziehen“, weiß Gerhard Leitner, Geschäftsführer der Limak Austrian Business School. Denn im Fußball wie im Verkauf gehe es darum, langfristigen Erfolg aufzubauen und nicht nur eine kurze Motivationseinlage zu liefern.
Blackbox Vertrieb
Im globalen Wettbewerb und im Zeitalter von transparenten Informationen sind Kunden anspruchsvoller, besser organisiert und somit schwieriger zu binden. Dabei entsteht ein Paradoxon: Der Faktor Beziehung wird im Zuge der Digitalisierung und der Professionalisierung respektive dem rapiden Wechsel der Einkaufsteams immer schwächer. Gleichzeitig ist aber der Verkauf gefordert, sich ebenfalls zu professionalisieren und den Faktor Beziehung zu stärken. Da in einer digitalen Welt der persönliche Kontakt in den Hintergrund gedrängt wird, wird die persönliche Betreuung im Gespräch mit dem Kunden zum Incentive und Verkaufsargument. Wer sich die Zeit nimmt und diese mit einem professionellen Konzept veredelt, hat im Wettbewerb um potentielle Kunden gute Karten. Diese Tendenzen lassen Unternehmen zuweilen unkonventionell denken und Bereiche verändern, die bisher tabu waren, wie beispielsweise den Vertrieb. Dieser ist für viele Unternehmen oftmals eine „Blackbox“, eine Art Wundertüte, in der viel spontan und individualisiert passiert. Warum das der Fall ist? „Der Vertrieb ist die letzte Instanz Richtung Markt, die im Endeffekt den Ertrag einbringt. Weil der Vertrieb in der Vergangenheit oft durch diese individuelle Note sehr erfolgreich war, hat man ihm vertraut. Mittlerweile hat man erkannt, dass man durch Professionalisierung und einer strukturierten Vorgehensweise Leistungssteigerung möglich machen kann“, erklärt Leitner. Darum setzen jetzt die Professionalisierungsschrauben auch beim individuellen Herzstück der Unternehmen an, wie Wolfgang Mitterdorfer, Vertriebsvorstand der Voestalpine Steel Division, weiß: „Die Zeiten des intuitiven Vertriebs, also der Starverkäufer, die mit wenig Vorbereitung und hoher Improvisationskraft die großen Kunden an Land ziehen, sind vorbei. Heutzutage kann nur eine klar formulierte Vertriebsstrategie, darauf aufbauende Vertriebsziele und eine klare Organisation zum Erfolg führen.“ Silke Goos-Perneker, Geschäftsführerin von Eckes-Granini Austria, sieht die Thematik ähnlich, warnt jedoch vor einem zu engen Korsett: „Es benötigt auf jeden Fall eine grundsätzliche Struktur und Regeln, die das Unternehmen vorgibt, um den Mitarbeitern einen Orientierungsrahmen zu geben. Innerhalb dieses Rahmens sollte jedoch möglichst große Freiheit bestehen, damit die Mitarbeiter ihre Stärken zur Geltung bringen können.“
Sales Management Excellence
Was macht aber nun einen guten Vertriebsleiter aus? Was machen Topvertriebe anders als mittelklassige und wie schafft man es, die eigene Vertriebsleistung zu steigern? Mitterdorfer meint, das Spiel auf der „vollständigen Tastatur des Klaviers“ sei für einen sehr guten Vertriebsleiter entscheidend. „Das bedeutet, ein guter Vertriebsleiter muss zunächst seine Verkaufsmannschaft aus den richtigen Personen formen. Dann gilt es, die Vertriebsstrategie und –ziele zu vermitteln und das Sales Team darauf einzuschwören. Schließlich gibt ein guter Vertriebsleiter positives Feedback und Kritik in Echtzeit und legt hohen Wert auf die Motivation seiner Mitarbeiter.“ Einer der wichtigsten Grundsätze lautet: Verkäuferisches Grundlagenwissen in der Vertriebsleitung ist nötig, aber nicht gleichbedeutend mit Führung und Management. Das Ergebnis der Limak-Studie „Sales Management Excellence“ zeigt, dass es um drei Kompetenzen von erfolgreichen Vertriebsleitern geht: um Leadership-, Management- und Sales-Kompetenz. Wobei die Leadership Kompetenz, also die Führungskompetenz an erster Stelle steht, danach geht es um das Management, also um Prozesse, Steuerung, Controlling und Strategie. Erst an dritter Stelle kommt das eigentliche Verkaufen, denn: „Ich muss nicht der Spitzenverkäufer sein, um eine richtig gute Vertriebsführungskraft zu werden“, erklärt Leitner. In dieselbe Kerbe schlägt auch Goos-Perneker: „Fachliches Know-how ist Grundvoraussetzung. Vor allem ist aber eine hohe Führungs- und Sozialkompetenz notwendig, da Außendienstmitarbeiter oftmals Einzelkämpfer sind und der Vertriebsleiter vor der Herausforderung steht, ein heterogenes Team zu führen, das physisch meist nicht täglich greifbar ist.“ Jedoch ist nicht alles, was theoretisch vorausgesetzt wird, auch praktisch leicht umsetzbar.
Theoretisch ist vieles leichter
Eines der Kernstücke der Studie zeigt, dass die Lücke zwischen Anspruch und Praxis oft weit auseinanderklafft, also zwischen dem, was im Vertrieb als wichtig eingeschätzt wird und dem, was bereits im Unternehmen umgesetzt wird. So wird etwa das Anwerben von neuen, talentierten Vertriebsmitarbeitern und die Aufgabe, bereits bestehende Mitarbeiter gezielt weiterzuentwickeln, als wichtig eingeschätzt, jedoch in der Praxis unzureichend umgesetzt, wie der Unterschied zwischen Soll und Ist mit 32 Prozent beweist. Ebenso herrscht ein großes Defizit in der Kommunikation. So scheint es Vertriebsmanagern schwer zu fallen, ordentliches Feedback und Kritik effektiv an die Mitarbeiter zu geben, wie 22 Prozent Unterschied bestätigen. Diese Stellhebel der Mitarbeiterakquirierung und der effektiven Kommunikation sind zwei Exempel dafür, wie und warum sich die Topvertriebe von mittelklassigen unterscheiden. „74 Prozent der Topvertriebe haben bereits einen starken Fokus auf nachhaltiges Recruiting und die Weiterentwicklung von Vertriebsmitarbeitern, aber nur 57 Prozent der Durchschnittsvertriebe“, so Leitner. Oft sei es aber auch nicht so einfach, die theoretischen Vorgaben adäquat in die Praxis umzusetzen, wie Mitterdorfer weiß: „Recruiting und Kritik sind
Disziplinen, die zwar jeder Führungskraft als Erfolgsfaktoren bekannt sind, die in der täglichen Praxis jedoch oft zu kurz kommen. Das mangelnde Zusammenspiel zwischen der Personalabteilung und dem Vertrieb ist die eine Erklärung dafür, veraltetes Führungsverständnis nach dem Motto ‚Keine Kritik ist gleich Lob’ eine weitere.“ Goos-Perneker beklagt vor allem den Fachkräftemangel und standardisierte Trainings: „In der Konsumgüterindustrie ist es schwierig, gut ausgebildete Vertriebsmitarbeiter zu bekommen. Die gezielte Weiterentwicklung eines Mitarbeiters wiederum ist vom Können sowie der Bereitschaft des Mitarbeiters und des Unternehmens abhängig. Aus meiner Sicht bedarf es der individuellen Auseinandersetzung mit jedem Mitarbeiter, jedoch werden Vertriebsmitarbeiter der Einfachheit halber oft lediglich in standardisierte Vertriebs- und Verhandlungstrainings geschickt.“
Die Gretchenfrage
Um eine Leistungssteigerung im Vertrieb zu erreichen, ist ein ganzer Kanon an Maßnahmen gegeben. „Eines der großen Optimierungspotentiale liegt in der Ausweitung der Kompetenz, neben Produkten auch Services und erweiterten Nutzen besser zu vermarkten. Eine große Chance liegt auch darin, die Vision und die Werte eines Unternehmens in Einklang mit den Zielen des Vertriebs zu bringen. Wenn hier eine hohe Konsistenz herrscht, wird es besser gelingen, die Vertriebsmitarbeiter zu steuern und die gesetzten Ziele zu erreichen“, zeigt Mitterdorfer die Chancen auf. An bessere Ausbildungen und Integration an Hochschulen wiederum denkt Goos-Perneker: „Um eine Leistungssteigerung zu erreichen, ist ein Ausbildungsangebot für den Vertrieb über die bestehenden Verkaufstrainings hinaus wichtig. Beispielsweise die Integration dieses Fachbereichs in der universitären Praxis.“ Doch auch die besten Vorsätze sind nur dann etwas wert, wenn man sie auch umsetzt, bringt es Leitner auf den Punkt: „Es geht darum, das Potential zu erkennen und sich zu trauen, die Vorsätze umzusetzen.“_
Sales Management
Laut der Limak Studie „Sales Management Excellence“ ist mit 40 Prozent die Digitalisierung die größte Herausforderung, die zukünftig auf die Vertriebe zukommt. An zweiter und dritter Stelle stehen mit 27 Prozent sowie mit 19 Prozent die Aufgaben, richtige Mitarbeiter zu finden und die richtige Mitarbeiterführung.
Nicht alle Sales Manager sind automatisch geborene Verkäufer- und Managerpersönlichkeiten. Laut Harvard Business Review geben amerikanische Unternehmen jährlich mehr als 20 Milliarden Dollar dafür aus, ihre Verkäufer in punkto Produktwissen und Verkaufskompetenz zu schulen.
Die drei Schlüsselkompetenzen eines Vertriebsleiters und die optimale Verteilung seiner Zeitressourcen
01_ 60 Prozent Leadership Kompetenz: Führungskompetenz, Kommunikationsstärke, Teamfähigkeit, Motivationsstärke
02_ 30 Prozent Management Kompetenz: strategische und unternehmerische Kompetenz, Entscheidungsstärke, Fähigkeit zur Steuerung, Ziel- und Erfolgsorientierung
03_ 10 Prozent Sales Kompetenz: Know-how der Produkte sowie des Verkaufs- und Verhandlungsprozesses
Für mehr Informationen finden Sie die vollständige Studie unter www.limak.at/sales-studie