Es gibt Unternehmen, deren ländliche Wurzeln zu ihrer DNA gehören. Manche arbeiten mit regionalen Rohstoffen und sind allein deshalb mit ihrer Heimat verbunden. Andere sind zwar auf der ganzen Welt zuhause, aber trotzdem am Land daheim. Wir haben zwei Vertreter solcher Unternehmen getroffen.
"Wären wir irgendwann ins städtische Umfeld übersiedelt, wären wir ein anderes Unternehmen."
Stefan Ortner
Geschäftsführer, Ökofen
Wie Wildschweine die Region stärken
Auch Wüdian ist ein „Provinzunternehmen“. Schon allein deswegen, weil die Wildschweine, die man zu Speck und allerlei anderen Leckereien verarbeitet, nun mal in den Wäldern des Grenzlandes zwischen Ober- und Niederösterreich leben. „Uns ist es wichtig, dass alle Schweine in der Region erlegt, beschaut und in weiterer Folge zerlegt und veredelt werden. Nur das garantiert 100 Prozent Wertschöpfung für die Region“, so die Geschäftsführer Daniel Hold und Jörg Neuhauser. 2018 wurden in Österreich über 40.000 freilebende Wildschweine erlegt. Der Großteil dieses Fleisches ging in den Export. „Es ist eigentlich nicht einzusehen, dass dieses hochwertige Fleisch ins Ausland wandert und dort weiterverarbeitet wird und wir importieren im Gegenzug fragwürdiges Fleisch aus dem Ausland.“ Gerade unter den Aspekten Tierwohl und Nachhaltigkeit solle man doch nützen, was in den Wäldern rumläuft und im Bestand sowieso von den Jägern reguliert werden muss. Das klingt zwar logisch, ist aber nicht so einfach. Während in Sardinien Wildschweinfleisch nicht sonderlich seltsam ist, beschränkt man sich hierzulande beim Wildbret vor allem auf Rotwild. „Das heißt für uns, dass wir jede Menge Überzeugungsarbeit leisten mussten und nach wie vor leisten müssen. Es funktioniert nicht, Wildschweinspeck einfach auf den Markt zu bringen und auf experimentierfreudige Menschen zu hoffen. Der Schlüssel zum Erfolg sind Verkostungen. Bei einem so außergewöhnlichen Produkt ist es wichtig, einen niederschwelligen Zugang zu schaffen.“
Mittlerweile läuft der Hauptvertriebsweg des Wüdian über den klassischen österreichischen Handel. Die Produkte sind bei Maximarkt und in den Merkurmärkten in Ober- und Niederösterreich sowie in Wien gelistet. „Neben diesen großen Partnern ist der Wüdian bei vielen Feinkost- und Bauernläden präsent. Zudem sind die Produkte online erhältlich und werden in diversen Gastronomiebetrieben angeboten.“ Für Firmenkunden gibt es Geschenkpakete, nicht nur mit Wüdian-Produkten, sondern auch mit Wein von Partnerunternehmen. „Wir arbeiten momentan außerdem daran, unsere Produktpalette zu erweitern. Angedacht sind Wildschweinpastete, Wildschweingulasch und kleine Jausenwürste.“
Bestehendes nutzen
Zurück zur Regionalität: Wüdian hält also das Wildschweinfleisch, die ganze Ver-arbeitung und Wertschöpfung im Land. Dennoch gibt es keine Wüdian-Fabrik. „Wir verfolgen einen anderen Ansatz: Wir wollen die vorhandenen Ressourcen nutzen. Es bringt nichts, einen neuen Betrieb auf die grüne Wiese zu stellen, wenn der Metzger am Land sowieso nicht ausgelastet ist. Wir versuchen, das, was sowieso vorhanden ist, zu nutzen und zu fördern und somit bestehende Strukturen zu erhalten.“ Die Leistungen der beiden Gründer sind vor allem die Produktidee, die Rezepturen, die Erfindung neuer Produkte sowie Marketing und Vertrieb. Den Rest hat man ausgelagert. 2018 konnten 6.000 Kilogramm Speck und Salami ausgeliefert werden, was einem Umsatz von 200.000 Euro entspricht. Für 2019 hat man sich eine Verdopplung vorgenommen. „In den Städten ist es relativ einfach, neue Kunden zu finden, am Land ist man etwas skeptischer. Ich finde aber, das Wildschweinfleisch ist ein Geschenk, das wir nutzen sollten, und ein Beitrag dazu, lokale Strukturen zu erhalten. Und natürlich schmeckt unser Wüdian auch.“
"Wir versuchen, das, was vorhanden ist, zu nutzen und somit bestehende Strukturen zu erhalten."
Jörg Neuhauser und Daniel Hold
Geschäftsführer, Wüdian