Sicherlich, die antiken Kulturen waren die Vorreiter ihrer Zeit, die römischen Aquädukte eine architektonische Pionierarbeit. Der Glanz der ewigen Stadt in Sachen Trinkwasserversorgung ist jedoch längst verblasst. In Linz etwa schaffte man in gut 125 Jahren den Sprung vom „schlechten Brunnenwasser“ zu – laut eigenen Angaben – „Europas bestem Trinkwasser“. Das wird mittlerweile vollelektronisch mit Messsonden überwacht und regelmäßig auf Herz und Nieren geprüft. Da würden selbst die alten Römer vor Neid erblassen.
„Wir haben für Linz eine große Versorgungssicherheit mit 32 Hochbehältern, fünf Wasserwerken und drei Ringleitungen."
Erich Haider
Generaldirektor, Linz AG
Gefragt
Historiker und Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Roman Sandgruber, über die Anfänge und Entwicklung der öffentlichen Trinkwasserversorgung und was Österreich von anderen europäischen Städten unterscheidet.
Wie entwickelte sich die Trinkwasserversorgung in Österreich?
SandgruberDas Linzer Schloss hat schon zu Beginn des 16. Jahrhunderts eine Wasserleitung gekriegt. Ab dem frühen 19. Jahrhundert traten in allen größeren Städten Seuchenprobleme durch verdorbenes Wasser auf. In Wien hatte man in den frühen 1830er Jahren die ersten Cholerawellen, in Linz traten sie um die 1850er Jahre in Kleinmünchen auf. Um 1806 gab es in Wien bereits die Albertinische, später die Ferdinandäische Wasserleitung. Sie konnten das Problem aber nicht lösen, bis 1873 die Wiener Hochquellwasserleitung gekommen ist. Sie regelt die Wiener Versorgung bis heute. Ab diesem Zeitpunkt gab es auch keine Cholera-Epidemien mehr.
Wie sah das in anderen europäischen Städten aus?
SandgruberIn Städten wie London war das noch um eine Spur schwieriger durch die geologischen Bedingungen, die Größe und die sozialen Probleme. Auch in Hamburg, Frankfurt, Paris und vielen Schweizer Städten ist die öffentliche Trinkwasserversorgung um die 1850er Jahre entstanden. Es war überall die Cholera, die den Anstoß lieferte.
Was unterscheidet Österreich von anderen Ländern?
SandgruberWir haben in Österreich nicht nur gute geologische Voraussetzungen, sondern auch gute Wasserversorger. In Rom etwa hat man nicht nur mit der Geologie zu kämpfen, sondern auch mit den Versäumnissen der Wasserversorger. Da hat man bei uns schon langfristig gedacht.