„Je mehr ein Unternehmen hergibt, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie das kriegen, was sie wollen, aber auch, dass sie Betriebsgeheimnisse verraten.“
Oliver Alexy , Professor für Wirtschaftsinformatik, TU München
„Man muss ein gewisses Risiko eingehen, wenn man Open Innovation betreibt. Forschung ohne Risiko geht nicht.“
Günter Rübig, Spartenobmann Industrie, Wirtschaftskammer Oberösterreich
„Bei Open Innovation geht es für uns darum, schneller neue Lösungen für unsere Kunden zu identifizieren.“
Bettina Gladysz-Haller, Geschäftsführerin, Schneider Torsysteme
„Open Innovation ist der bewusste Schritt aus der eigenen Komfortzone, um neue Technologien zu bewerten und anzuwenden.“
Alex Pierer, Geschäftsführer Innovation GmbH, KTM
„Wir haben eine eigene Innovation GmbH gegründet. Das ist die erste Anlaufstelle für Open Innovation.“
Walter Sieberer, Geschäftsführer Innovation GmbH, KTM
Die Geschäftsführerin von Schneider Torsysteme mit Sitz in Buchkirchen, Bettina Gladysz-Haller, über Innovationsmanager, Forschungspartner und mögliche Gefahren von Open Innovation.
Warum betreibt Schneider Torsysteme Open Innovation?
Gladysz-Haller_Open Innovation ist die Öffnung des Unternehmens nach außen, was Innovation und Produktentwicklung anbelangt. Das Ziel ist die Beschleunigung unserer Innovationsprozesse.
Wie sieht das praktisch aus?
Gladysz-Haller_Vor gut zwei Jahren habe ich mit einer Praktikantin des Studienganges Innovations- und Produktmanagement begonnen, die geeigneten Methoden für den internen Innovationsprozess zu identifizieren. Ein mittelständischer, traditioneller Familienbetrieb mit 150 Mitarbeitern braucht andere Methoden als ein großes Unternehmen. Daraufhin haben wir eine Innovationsmanagerin fix angestellt, die sich seit Oktober letzten Jahres um den Aufbau des Innovationsprozesses im Haus und um Open Innovation kümmert. Wir haben uns angesehen, welche Technologie-Kompetenzen wir im Haus haben und welche uns fehlen. Auf dieser Basis erstellten wir eine Liste von potentiellen Forschungspartnern. Zusätzlich läuft noch ein interner Ideen-Wettbewerb. Für den externen Part haben wir ein Projekt mit der FH OÖ gestartet, bei dem wir mit dem Studiengang für Innovations- und Produktmanagement zusammengearbeitet haben. So sind Prototypen für neue Tore und Produktideen von Studenten entstanden, die vorher mit Toren nichts zu tun hatten. Das war eine super Erfahrung. Grundsätzlich ist dieser Zugang nicht neu. Bei uns war die Technologie schon vorher vorhanden, bei Open Innovation geht es für uns darum, schneller neue Lösungen für unsere Kunden zu identifizieren.
Wie wird das innerhalb der Belegschaft angenommen?
Gladysz-Haller_Sehr positiv. Die Kollegen haben eine enorme Erwartungshaltung an die Innovationsmanagerin. Die freuen sich, dass wir uns als Unternehmen öffnen. Wichtig ist allerdings, immer vorher darüber zu sprechen. Deshalb haben wir auch eine Kompetenzanalyse gemacht und alle betroffenen Abteilungen abgefragt. Kooperationen und Open Innovationen machen nur dann Sinn, wenn man sich von außen Wissen holen kann, das man selber braucht, aber nicht im Unternehmen hat. Dieser Punkt ist mir persönlich sehr wichtig, weil Open Innovation zielgerichtet sein muss.
Wie gefährlich kann Open Innovation sein?
Gladysz-Haller_Man muss die Kooperationen gezielt steuern und an die Prozesse, die man mit Open Innovation verbessern will, anpassen. Dafür ist eine Kompetenzanalyse gut. Zudem sollte man gezielt darüber reflektieren, welche Forschungspartner man in das Unternehmen holt, weil sonst kann es gefährlich werden. Ich muss mir natürlich gut überlegen, in welchen Bereichen ich mich öffne und was ich von mir preisgebe.
Schneider Torsysteme
Gegründet _1989, mit Sitz in Buchkirchen
Geschäftsführer _Bettina Gladysz-Haller, Martin Schneider
Produkte _horizontale Industrietore (Fall-, Schiebefall-, Schiebe-, Rundlaufschieb-, Zweiflügeltore, Türen), vertikale Industrietore (Sektionaltore, Rolltore, Schnelllauftore) sowie Verladesysteme (Überladebrücken, Verladeschleusen, Torabdichtungen, Verladehubtische, Logistikzubehör).
Mitarbeiter _50
Allgemeines _Schneider Torsysteme ist ein mittelständischer traditioneller Familienbetrieb, der unter der Schneider Holding derzeit mehr als 150 Mitarbeiter beschäftigt und einer der führenden österreichischen Torproduzenten ist. Man beliefert Kunden in Österreich sowie in Deutschland, Italien, Frankreich und der Schweiz in Industrie, Gewerbe und öffentlichem Bereich.
Die Geschäftsführer der KTM Innovation GmbH mit Sitz in Wels, Alex Pierer und Walter Sieberer, über die neu gegründete KTM Tochter, Innovations-Scouting und den notwendigen Fokus bei Open Innovation.
Warum betreibt KTM Open Innovation?
Pierer_Das Ideal wäre Innovation ohne Grenzen. In der Realität ist das schwer umsetzbar. Offene Innovation schafft einen Freiraum, in dem wir uns mit externen Partnern, Start-ups und Ideengebern vernetzen können. Es ist der bewusste Schritt aus der eigenen Komfortzone, um neue Technologien zu bewerten und anzuwenden. Die Kollaboration mit Start-ups, deren radikale Ideen und Herangehensweise schafft frische Impulse mit dem Bekannten umzugehen.
Wie sieht das praktisch aus?
Sieberer_Wir haben dafür im Februar dieses Jahres eine eigene Innovation GmbH gegründet. Das ist die erste Anlaufstelle für Open Innovation. Geplant sind hierfür in der ersten Phase zehn Leute, die unterschiedliche Technologiefelder wie Künstliche Intelligenz, Blockchain, Big Data oder Business Modelling betreiben. Diese Innovationsmanager werden einerseits in Projekten arbeiten, andererseits aber auch Technologien und Ideen einschätzen. Das ist aufgrund der Geschwindigkeit, mit der sich die digitalen Themen entwickeln auch notwendig, denn man hat gar nicht mehr die Chance alles selber zu generieren. Man darf dabei aber auf keinen Fall den Fokus auf sein Kernprodukt verlieren, weil man bei so vielen Ideen schnell versucht ist, vieles interessant zu finden. Die Scouting-Aktivität mit Innovationsmanagern ist in dieser Hinsicht ein wichtiger Punkt, weil diese aktiv Ideen von außen in das Unternehmen holen. Wir sind auch immer auf der Suche nach Netzwerken, die uns gezielt mit Start-ups in Verbindung bringen.
Wie wird das innerhalb der Belegschaft angenommen?
Pierer_Innovation ist ein kollaboratives Thema. Es ist wichtig, dass alle betroffenen Mitarbeiter eingebunden sind, eine Anlaufstelle und Unterstützung vorfinden und Themen vorschlagen können, die im normalen Unternehmensalltag keinen Platz finden. Wir versuchen das Potential unserer Mitarbeiter zu nutzen und miteinander an der Zukunft zu arbeiten.
Wie gefährlich kann Open Innovation sein?
Sieberer_Wenn man externe Partner einbindet, ist Vertraulichkeit von großer Bedeutung. Dieses Thema hat man aber auch mit Mitarbeitern. Ich sehe die größere Gefahr aber darin, dass man sich verläuft und nicht ausreichend fokussiert ist.
KTM AG
Gegründet _1953, mit Sitz in Mattighofen
Vorstandsvorsitzender _Stefan Pierer
Produkte _Motorräder, Sportwagen, Bekleidung, Zubehör, Originalersatzteile
Mitarbeiter _3.245 (weltweit)
Allgemeines _Anfangen hat man als reiner Offroad-Motorradhersteller, mittlerweile produziert man auch Straßenmotorräder und Premiumsportwagen und ist Europas größter Motorradhersteller. Zudem feierte man 17 Siege hintereinander bei der Rallye Dakar. Mit Standorten in Europa, Brasilien, Kanada, Südafrika, Australien, Singapur, Japan, Indien und dem Nahen Osten wurde 2017 ein Umsatz von mehr als 1,3 Milliarden Euro erwirtschaftet.
Oh, du innovatives (Ober-)österreich!
Bundesstrategie _Laut Bundesministerium für Inneres ist Österreich der erste europäische Mitgliedsstaat, der eine nationale Open Innovation-Strategie entwickelt hat. Der Beteiligungs- beziehungsweise Innovationsprozess soll in Zukunft nicht mehr nur zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und öffentlicher Verwaltung stattfinden (Triple-Helix-Modell), sondern nun auch die Zivilgesellschaft miteinbinden (Qadruple-Helix-Modell). Dadurch soll die Innovationsfähigkeit erhöht und das Risiko des Scheiterns durch die Einbeziehung von Gesellschaft und Markt reduziert werden. Dafür wurden insgesamt 14 Maßnahmen aufgestellt, etwa die Einrichtung von offenen Innovations- und Experimentierräumen oder die Weiterentwicklung der öffentlichen Verwaltung mittels Open Innovation und der stärkeren Einbindung der Bürger. Mitte des Jahres 2016 wurde sie beschlossen.
Innovationstag _Wie man mit der richtigen Open Innovation-Strategie wettbewerbsfähig bleibt, was Oberösterreich als Open Innovation-Region braucht und warum die Blockchain-Technologie die Basis einer neuen Wirtschaft sein könnte – um diese Fragen drehte sich der WKOÖ Innovationstag. Dazu Gladysz-Haller von Schneider Torsysteme: „Die Vorträge haben bestätigt, was ich mir bereits im Vorfeld über Blockchain, Bitcoins und Open Innovation gedacht habe: Sie werden uns alle in Zukunft sehr stark betreffen. Gerade Open Innovation ist ein heikles Thema, dessen praktische Umsetzung immer wieder reflektiert werden muss. Deshalb ist es wichtig, dass die WKOÖ Sparte Industrie regelmäßig solche Veranstaltungen macht und man Leute aus der Szene trifft, denn Netzwerken gehört auch wesentlich zu Open Innovation.“
Quelle_BMI, WKOÖ