An der Feinkosttheke des Supermarktes in der knapp 10.000 Einwohner zählenden Stadtgemeinde Laakirchen ist es nicht ganz einfach, sich auf Englisch eine Wurstsemmel zu bestellen. Das wird aber jetzt immer öfters gemacht. Der Industriezulieferer Miba hat seinen Firmensitz in Laakirchen. Das Familienunternehmen wachse global sehr stark, Diversität sei zu einer geschäftlichen Notwendigkeit geworden. „Wenn wir einen Markt technologisch und vertriebsseitig intensiver bearbeiten wollen, dann brauchen wir Leute, die in diesem Kulturkreis aufgewachsen sind“, sagt Bernhard Reisner, Vice President Human Capital. Der Fachkräftemangel sei ein zusätzlicher Verstärker, aber nicht der Auslöser der immer stärker werdenden internationalen Mitarbeitersuche. In dem im vergangenen Jahr eröffneten neuen Miba Forum als Headquarter arbeiten bereits 120 Personen aus elf Nationen – darunter China, Russland, Indien oder auch Amerika. China ist für die Miba ein ganz wichtiger Markt für die Entwicklung der E-Mobility. Während in Europa das Know-how für den Verbrennungsmotor beheimatet ist, spielt China bei E-Mobility eine Vorreiterrolle.
Ähnlich ist es bei der Greiner Gruppe mit Sitz in Kremsmünster. Der Kunststoffverarbeiter wächst stark und streckt seine Fühler bei der Mitarbeitersuche im Bedarfsfall ebenfalls über die Ländergrenzen aus. „Wenn wir bestimmte Positionen mit Mitarbeitern aus dem Ausland leichter besetzen können, dann gehen wir auch diesen Weg“, sagt Claudia Major, Leiterin strategisches HR-Management der Greiner Holding. Bereiche dafür seien etwa die IT, wo man speziell in den Osten nach Ungarn, Tschechien, Polen oder in die Slowakei schaue, oder auch Stellen im Produktionsmanagement, wo man schon Leute aus Regionen in Deutschland lukriert habe, in denen es wirtschaftlich momentan nicht so gut läuft. Neben den Mitarbeitern, die extern rekrutiert werden, würden auch sogenannte Inpats, also Mitarbeiter, die von anderen Greiner-Standorten im Ausland ins Headquarter nach Oberösterreich kommen, eine Rolle spielen. Und genau diesen Bereich wolle man auch zukünftig stärker forcieren. Die HR-Abteilung der Greiner Holding setzt zukünftig auf eine internationale Personalentwicklung: „Wir beginnen gerade damit herauszufinden, welche Mitarbeiter von unseren einzelnen Standorten an internationalen Einsätzen interessiert wären.“ Die Greiner Gruppe ist in den vergangenen Jahren schnell gewachsen und habe sich dabei von einem lange nur als in Österreich zentriert wahrgenommenes Unternehmen zu einer internationalen Gruppe mit mittlerweile 139 Standorten in 33 Ländern entwickelt. „Unsere Aktivitäten werden in Zukunft im Bereich Internationalität und Mobilität der Mitarbeiter noch viel mehr verlangen und dafür müssen wir uns jetzt aufstellen“, sagt Major und erklärt, dass man auch immer wieder Mitarbeiter für kürzere Einsätze, etwa bei Unternehmenskäufen oder Neubauten von Werken, im Ausland brauche. Die Mitarbeiter würden es sehr positiv aufnehmen, dass sie jemand nach deren Wünschen fragt und es sei auch wesentlich für das Unternehmen, den Leuten Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen und so für bestehende Mitarbeiter attraktiv zu bleiben.
Hohe Lebensqualität
Mit den Firmensitzen Kremsmünster und Laakirchen haben Greiner und Miba beide die Aufgabe, Mitarbeiter in eine ländliche Gegend außerhalb des Zentralraums zu locken. Die beiden Personalverantwortlichen sind sich einig, dass das nicht immer leicht ist, gleichzeitig würden die Leute aber dann die Lebensqualität am Land mit dem Salzkammergut oder auch dem Almtal um die Ecke sehr schätzen. „Wenn jemand wirklich eine Metropole oder das Ballungszentrum braucht, dann wird er bei uns nicht glücklich, aber die Lebensqualität in unserer Region ist sehr hoch“, sagt Reisner. Major ergänzt, dass die Leute die vielen Freizeitmöglichkeiten in der Natur lieben. Überraschen würde die Leute, die zuvor Österreich meist nur von einem Wien-Trip kennen, dass es dann doch auf die kurze Distanz große Mentalitätsunterschiede gibt. Die Unternehmen stellen ihren zukünftigen Mitarbeitern aus dem Ausland bereits vor der Anreise so viele Informationen wie möglich zur Verfügung. Man vermittelt Kontakte zu kurzfristig verfügbaren Wohnungen, sodass sie sich erst vor Ort in Ruhe eine fixe Unterkunft suchen können. Ein entscheidender Punkt ist immer, ob Partner und Kinder mitkommen und ob es dann eventuell auch Kindergarten- oder Schulplätze braucht. Oberösterreich ist da im Bereich Internationalität mit nur einer internationalen Schule in Linz nicht besonders gut aufgestellt.
Der Personalberater Trescon hilft Unternehmen auch bei der Suche nach Mitarbeitern im Ausland mit Schwerpunkt auf Führungskräften und einzelnen Spezialisten und kann die Österreich zugeschriebene hohe Lebensqualität ebenfalls bestätigen. Weiters bemerke man immer wieder, dass österreichische Unternehmen einen sehr guten Ruf haben und für diese zu arbeiten auch etwas mit Prestige zu tun habe, so der geschäftsführende Gesellschafter Bertram Klinger. Ein Ansprechpartner für die Integration von hochqualifizierten ausländischen Mitarbeitern am heimischen Arbeitsstandort sowohl für die Unternehmen als auch für die Leute aus dem Ausland ist auch das „Welcome2Upper Austria Service Center“ von Business Upper Austria. Dieses beantwortet individuelle Anfragen, organisiert Veranstaltungen und hat einen Poket-Guide in Englisch herausgegeben. Darin werden alle wichtigen Informationen für einen Aufenthalt in Oberösterreich aufgelistet, beginnend mit allen relevanten Behörden bis hin zu Informationen über Wohnen und warum Samstag Mittag die Sirenen läuten. „Die Leute sollen ein Gespür für Oberösterreich bekommen“, sagt Stefan Promper, Netzwerk-Manager beim Netzwerk Humanressourcen der Business Upper Austria. Offizielle Zahlen, wie viele ausländische Mitarbeiter von heimischen Unternehmen nach Oberösterreich geholt werden, gibt es nicht. Business Upper Austria betreut jährlich rund 600 Internationals. Meist handelt es sich dabei um hochqualifizierte Leute. Die Zahlen steigen und daher plant man auch mittelfristig für einzelne Regionen in Oberösterreich dezentrale Servicestellen. Aktuell gibt es eine solche nur im Innviertel. Die meisten Anfragen kommen zu den Themen Versicherungen, Aufenthaltstiteln, Steuern, Sprachkurse, Kinderbetreuung, Wohnen, Mobilität sowie Jobsuche für den Partner. Die Erfahrung würde zeigen, dass es für eine Integration nicht die groß strukturierten HR-Leitprojekte brauche, sondern viele heimische KMU mit viel Engagement und persönlichen Maßnahmen sehr erfolgreich seien.
Offene Unternehmenskultur
„Die Integration steht und fällt mit dem unmittelbaren Umfeld sowie der Unternehmenskultur“, sagt Major, dass man bei Greiner dementsprechend auf eine offene Unternehmenskultur setze, „wo man sich leicht willkommen fühlen kann.“ Gleichzeitig sei es ein Geben und Nehmen: „Den Leuten wird auch nicht der rote Teppich ausgerollt, nur weil sie von weit herkommen, sie müssen sich schon auch selbst einbringen.“ Bei der Miba habe man durch das neue Miba Forum als sehr offenes Gebäude mit Möglichkeiten für moderne Arbeitsformen eine Struktur geschaffen, die Zusammenarbeit und Integration wesentlich erleichtert. Daneben helfe, dass die österreichischen Kollegen in den vergangenen Jahren viel an den weltweiten Miba Standorten unterwegs waren und fremde Kulturen kennengelernt haben. Es werden interkulturelle Workshops angeboten und man setzt auf eine Reihe kleiner Signale, wie etwa kürzlich eine brasilianische Essenswoche in der Kantine oder auch die Tatsache, dass es seit einiger Zeit einen Speiseplan auf Englisch gibt: „Das sind Kleinigkeiten, aber man redet darüber und tauscht sich aus.“ All das fördert die Offenheit auf beiden Seiten, sodass die Miba-Mitarbeiter auch in der kleinen Stadtgemeinde Laakirchen zu ihrem Wurstsemmerl kommen._