Warum sollte ich bei meinem nächsten Urlaub ab Linz fliegen?
Draskovits_Weil Sie schnell, auf kurzem Weg, komfortabel von zu Hause zum Flieger und wieder retour kommen. Es geht auch um die regionale Verbundenheit: So wie ich mit einem Einkauf beim Greißler, Bäcker oder der Tankstelle im Ort die regionale Versorgung sichere, so ist es auch mit dem Regionalflughafen. Will ich Qualität vor Ort haben, muss ich sie auch nutzen.
Vielen Passagieren ist der Preis wichtiger. Im Internet findet man Tickets um 19,99 Euro von Wien nach Palma de Mallorca. Was ist der wahre Preis der Billigtickets?
Draskovits_Die Billigtickets stehen mit ihrem Preis plakativ am Markt. Wenn man alle Kosten – Anreise, Parkplatz, Getränke, Koffer – einrechnet, kommt man sowieso auf ein Vielfaches. Was die Passagiere aber tatsächlich bezahlen, hat man beim Flugchaos im vergangenen Sommer gesehen. Da haben sich einige Fluggesellschaften völlig verplant. Jeder spricht nur vom Kostenersatz, aber es geht ja auch darum: Wieviel Zeit verbringe ich am Flughafen, weil wieder ein Flug ausgefallen ist? Es nützt mir nichts, wenn ich ein Ticket um 19 Euro habe. Jedem Konsumenten ist bewusst, dass das nicht kostendeckend und nachhaltig sein kann. Da liegt es in unserer Verantwortung als Branche generell und auch als Flughafen, dass wir Airlines zu uns bekommen, die gute Qualität bieten und den Konsumenten keine Probleme bescheren.
Sie waren jahrelang sowohl in der Flug- als auch der Tourismusbranche. Worauf schauen Passagiere bei der Wahl ihres Fluges und Flughafens?
Draskovits_Bei einem Geschäftsreisenden sind eindeutig die Flugzeiten und die Gesamtreisezeit ausschlaggebend: Wie lange braucht er von zu Hause oder vom Büro zum Parkplatz des Flughafens, weiter zum Terminal und zum Gate, durch die Security Line zum Abflug bis hin zum jeweiligen Bestimmungsort. Beim Endverbraucher ist es eine Kombination aus Preis und Leistung. Der oberösterreichische Kunde ist bekannt dafür, dass er zahlungskräftig ist und sich gerne gute Qualität leistet. Die ganz Preissensiblen, die um 25 Euro nach Barcelona oder Stockholm fliegen wollen, werden wir nie erwischen. Billig-Carrier gehen lieber in die Ballungsräume zu den großen Flughäfen.
Die Fluggastzahlen in Linz haben sich nach einem jahrelangen Sinkflug zuletzt wieder positiv entwickelt: Es gab ein Plus von 21,3 Prozent in den ersten drei Quartalen 2018. Wie wollen Sie die wichtige Wahrnehmungsgrenze von 500.000 Passagieren pro Jahr erreichen?
Draskovits_Die Zahl von 500.000 ist notwendig, um eine durchgängige, qualitativ hohe Servicekette anbieten zu können. Alles, was darunter ist, führt zu Einsparungen im System, nicht nur beim Airport selber, sondern auch bei den Dienstleistern vor Ort, etwa den Transportbetrieben wie Taxi oder öffentlicher Bus, der Sicherheit, der Gastronomie, et cetera. Wir haben im Jahr 2017 den absoluten Tiefpunkt erreicht und uns in zehn Jahren von 800.000 Passagieren auf knapp 400.000 halbiert, aber jetzt geht es hoffentlich stetig aufwärts. 2018 rechnen wir mit 450.000 Passagieren und nächstes Jahr mit über 500.000. Damit wären wir durch die Talsohle durch und können ein ordentliches Investitionsprogramm starten.
Vor dem Flughafen wird ja derzeit schon gearbeitet – ein Vorbote der Investitionen?
Draskovits_Ja, wir haben im Herbst mit dem Fassadenumbau begonnen, der über den Winter abgeschlossen sein soll. Wir haben eine attraktive Gebäudehülle, die allerdings etwas in die Jahre gekommen ist. Bis zum Frühjahr werden wir die Planungen für den Umbau des Innenlebens des Passagierterminals abschließen und diese Pläne im nächsten Winter realisieren. Da geht’s darum, die Wege zu verkürzen und gleichzeitig den Komfort und die Qualität zu erhöhen. Ungünstig gelegene Räumlichkeiten werden verlegt: Zum Beispiel ist der Eingangsbereich in die Security Line nur drei Meter breit. Da muss man für die Passagiere mehr Raum schaffen und den Platz für Verwaltung, Büros und dergleichen zurücknehmen.
Das allein wird allerdings nicht reichen, um die Passagiere zurückzuholen.
Draskovits_Ja, wir brauchen mehr Angebot. Im Geschäftsbereich fehlt uns die Anbindung an wichtige Strecken, zum Beispiel zu den norddeutschen Städten oder nach Asien. Bei den Ferienflügen wollen wir eine Maschine fix in Linz stationieren, mit allen Schwierigkeiten für die Airline, aber auch allen Vorteilen für unsere Gäste: Wenn eine Maschine hier stationiert ist und über Nacht bleibt, dann fliegt sie die erste Rotation des Tages von Linz. Der Kunde ist dann zum Beispiel um acht Uhr schon in Heraklion und um zehn Uhr am Strand, gewinnt also einen Urlaubstag. Und am letzten Tag fliegt er erst am Abend wieder retour. Er kann also zu attraktiven Zeiten fliegen, und die Kosten werden sinken. Es freut mich, dass es uns gelungen ist, das zu realisieren: Wir haben nächstes Jahr von Mitte Mai bis Anfang Oktober eine Maschine der Bulgarian Air Charter fix stationiert, die im Namen von TUI, Thomas Cook, Rewe und FTI fliegt. Es war eine Herausforderung, die vier Konkurrenten zusammenzubringen, aber sie haben sich mit der Fluggesellschaft auf einen Flugplan geeinigt.
Welche Ziele fliegt die Maschine an?
Draskovits_Unser Sommerprogramm wird ähnlich wie im Jahr 2018, allerdings werden wir die Sitzplätze deutlich steigern. Wir hatten heuer insgesamt 80.000 Sitze im Ferienflugprogramm und kommen 2019 auf bis zu 96.000 Sitze, also um 20 Prozent mehr. Das ist ein Riesenschritt in die richtige Richtung.
Der Charterflieger ist vor allem für Urlauber interessant. Wie wollen Sie das Angebot für Geschäftsreisende verbessern?
Draskovits_In erster Linie geht’s darum, die Kapazitätsengpässe, die wir derzeit auf der Frankfurt- oder Düsseldorf-Strecke haben, durch größeren Flugzeugeinsatz zu überwinden. Kurzfristig ist uns gelungen, dass die Lufthansa jetzt größere Maschinen einsetzt und es seit September eine zusätzliche Nachmittagsverbindung nach Düsseldorf gibt.
Im Sommer hat die Austrian den letzten Wien-Flug eingestellt – schmerzhaft für Sie?
Draskovits_Damit haben wir gerechnet, weil der Oberflächentransport nach Wien sowohl per Auto als auch per Bahn sehr gut funktioniert. Aber ich verstehe die Empörung, wenn sich ein ehemaliger National Carrier aus dem größten Wirtschaftsmarkt neben Wien zurückzieht. Die Austrian-Mutter Lufthansa reagiert wie jedes Unternehmen, wenn es knappe Ressourcen gibt. Nur eines beachten sie nicht: Dass jene Passagiere aus Oberösterreich, die von Wien oder München abfliegen, nicht bei der Lufthansa-Gruppe einsteigen, sondern überwiegend bei der Konkurrenz. Und deshalb sollten die Airlines den Flug nicht einstellen, sondern beibehalten oder sogar aufstocken. Letztendlich geht’s für uns aber auch darum, im Passagierbereich die Dominanz der Lufthansa-Gruppe und jeder anderen Allianz zu durchbrechen, um mehr Spielraum zu haben.
In den vergangenen Jahren gingen viele Fluggäste an Wien, Salzburg und München verloren. Welche Auswirkungen hat das auf den Flughafen?
Draskovits_Wir haben 150 eigene Mitarbeiter. Mit den diversen Dienstleistern – Security, Handling Service, Gastronomie, … – sind es insgesamt ungefähr 330 Personen, die im Passagierverkehr an der Servicekette hier am Flughafen mitarbeiten. In den vergangenen Jahren haben wir Mitarbeiter reduziert respektive nicht nachbesetzt. Für nächstes Jahr wollen wir mit den steigenden Passagierzahlen auch wieder neue Mitarbeiter einstellen, um die Qualität zu verbessern. Im Vergleich mit Wien, München und Salzburg können wir als kleiner Flughafen unseren Service schneller, einfacher, individueller und komfortabler machen.
Im Frühjahr ist ein direkter Konkurrent – der Flughafen Salzburg – für fünf Wochen gesperrt. Eine Chance für Sie?
Draskovits_Wir bemühen uns schon länger um ein Gateway Richtung Asien, weil der oberösterreichische Markt zu zwei Drittel dorthin geht. Wir freuen uns sehr, dass wir im Zuge der Sanierung des Salzburger Flughafens von 24. April bis 28. Mai 2019 die Möglichkeit haben, die Turkish Airlines für fünf Wochen ab Linz nach Istanbul fliegen zu lassen. Die Turkish ist bei Geschäftsreisenden sehr beliebt, weil sie das dichteste asiatische Netzwerk von allen Fluggesellschaften hat. Da wird man sehen, ob das Potential in Oberösterreich wirklich so ist, wie wir es einschätzen. In anderen Industrien würde man sagen, das ist ein Alpha-Test, weil wir schon länger mit der Turkish verhandeln, um die Flüge fix ins Programm aufzunehmen. Natürlich wär’s gut, wenn diese Generalprobe funktioniert.
Wieviel Spielraum haben Sie überhaupt als Direktor eines Regionalflughafens gegenüber großen Flugkonzernen?
Draskovits_Wir verkaufen nicht den Flughafen, sondern den Markt. Früher war es notwendig, den Airport von der Technik und der Infrastruktur am Status quo zu halten. Jetzt müssen wir den Markt aufbereiten, analysieren, einschätzen und im Detail präsentieren, besonders im Vergleich zu anderen internationalen Märkten. Unsere Konkurrenten sind nicht Graz oder Salzburg, sondern Leipzig, Dresden, Nizza, Lyon oder Bordeaux – all jene Sekundärpunkte, die auch gerne ans Netz einer großen Allianz gehen würden. Auf dem europäischen Markt gibt es zu wenige Flugzeuge und Piloten, und somit werden gemäß der Priorität der Märkte die Kapazitäten verteilt. Wir müssen versuchen, in der Prioritätenliste der Carrier nach oben zu kommen. Da kommt mir zugute, dass ich die Branche von allen Seiten kenne und Zugang zu Ziffern und Zahlen habe, die Airlines für sich nicht haben.
Der Flughafen ist je zur Hälfte in Besitz des Landes OÖ und der Stadt Linz. Welche Rolle spielt Politik?
Draskovits_Die Eigentümerverhältnisse sind bei allen Flughäfen in Österreich ähnlich. Die Politik will für Infrastruktur, Wirtschaft und Touristik einen Schlüsselbetrieb wie den Flughafen möglichst in einer Aufwärtsbewegung haben. Gerade bei einer exportorientierten Wirtschaft wie jener in Oberösterreich ist eine leichte Erreichbarkeit notwendig und erleichtert die Betriebsansiedlung. Um die Wirtschaft in ihrem Wachstum gut zu unterstützen, braucht es einen gut ausgebauten Linienverkehr. Das ist der Auftrag der Eigentümer an mich. Im Tourismus ist es genauso: Die sehr guten Skigebiete und Sommerurlaubsregionen, die es in Oberösterreich gibt, müssen wir stärker ins Programm einbauen.
Linz ist der zweitgrößte Frachtflughafen Österreichs. Welche Rolle spielt der Flughafen für den Wirtschaftsstandort OÖ?
Draskovits_Bei der Fracht vergleichen wir uns nicht mit Österreich, wir spielen da schon in der Europa League mit. Von den 44 Flughäfen im deutschsprachigen Raum sind wir mit 55.000 Tonnen Frachtaufkommen pro Jahr auf Platz elf und werden uns Schritt für Schritt nach vorne arbeiten. Was uns fehlt, ist eine weitere regelmäßige Flugverbindung in Ergänzung zu DHL, die derzeit ihr Verteilerzentrum mit zwei Flügen pro Tag bedient. DHL investiert gerade einen zweistelligen Millionenbetrag in ein neues Sortierzentrum am Flughafen. Daran sieht man, auch unsere unmittelbaren Geschäftspartner vertrauen auf die relative Stärke am Standort: Wir sind der Flughafen mit den kürzesten Durchlaufzeiten, wir haben einen Single Point of Service, wir haben kurze Wegzeiten und Spezialangebote wie unterschiedlich temperierte Lager oder den Import und Export von Huftieren. Im Frachtbereich geht es darum, die Airlines zu überzeugen, dass wir extrem viel Potential Richtung Asien haben. Die prosperierende Wirtschaftslage hat uns ein All-Time-High geschenkt, und diese Chance müssen wir nutzen.
Gibt es Überlegungen, die Kapazitäten am Boden zu erweitern?
Draskovits_Bei der Fracht haben wir aktuell fünf Terminals, der sechste steht schon ante portas. Er ist noch nicht genehmigt, aber bei uns in den Köpfen ist der sechste Frachtterminal schon eingezeichnet._