×


Wir wollen dir schreiben ...

... und zwar pünktlich donnerstags.


Der Newsletter ist kostenfrei und kann jederzeit abbestellt werden.

Lateinamerika: Ein Kontinent kehrt zurück

Knapp zwei Prozent der heimischen Exporte gehen nach Lateinamerika. Nach schwierigen Jahren befindet sich der Kontinent wieder im Aufschwung. Das bringt neue Chancen für heimische Unternehmen. Ein Überblick über einen Kontinent, wo Geschäftspartner erobert werden müssen und zwei Tage Reisezeit zu Kunden an der Tagesordnung stehen.

Geschäftsreisen sind für Axel Kühner, Vorstandsvorsitzender des Kunststoffkonzerns Greiner, bei 139 Standorten in 33 Ländern nichts Außergewöhnliches. Ein Trip zu einem potentiellen Kunden nach Brasilien war aber doch besonders: Kühner verbrachte ein ganzes Wochenende mit dem Unternehmer und dessen Familie auf deren privater Farm. „Dem Unternehmer war wichtig, dass ich ausreichend Zeit mit ihm verbringe und er etwas über mich erfährt“, erzählt Kühner von der „stark beziehungsgeprägten Kultur“ in Lateinamerika. Da reiche es nicht, in einer einstündigen Besprechung alle Fakten auf den Tisch zu legen: „Es wird Wert darauf gelegt, dass man eine Beziehung zu seinem Gegenüber aufbaut – damit tun wir uns als Mitteleuropäer oft nicht so leicht.“ Ähnlich sieht es Marius Hager, Partner beim Mühlviertler Wasserkraftturbinenhersteller Global Hydro Energy: „Die Lateinamerikaner müssen als Kunden erobert werden.“ Dementsprechend länger würde es etwa im Vergleich zu Asien dauern, bis ein Geschäft zustande kommt. Zudem sollte man die Lateinamerikaner in der Landessprache erobern: „Die Lateinamerikaner haben wenig Freude, wenn man rein englischsprachig auftritt.“

Schwieriger Zugang

Doch nicht nur in Bezug auf die Geschwindigkeit bei Geschäftsabschlüssen ist Lateinamerika nicht mit Asien vergleichbar: Während der Ferne Osten mit Wachstumsraten von rund sechs Prozent lockt, habe Lateinamerika einen ganz anderen Markt, so die Außenwirtschaft Austria der Wirtschaftskammer. Die Zugangsmöglichkeiten seien oft schwieriger – aber wenn man einmal hineingekommen ist und sich positionieren konnte, würden langfristige Geschäftsmöglichkeiten winken. Lateinamerika befindet sich als Ganzes im Aufschwung. Die großen Volkswirtschaften wachsen mit Ausnahme von Argentinien sehr gut und ziehen kleinere Länder mit. Kolumbien hat durch die laufenden Friedensverhandlungen gute Möglichkeiten für eine positive Entwicklung, es gibt großes Interesse von Auslandsinvestitionen im Land. Global Hydro Energy eröffnete 2015 in der kolumbianischen Großstadt Medellin seine zweite Vertriebsniederlassung für den lateinamerikanischen Markt. „Man spürt die positive Veränderung extrem gut. Man will weg vom Image des Drogenhandels und hat sich zum Ziel gesetzt, Medellin zu einer modernen, aufstrebenden Stadt zu machen, und das gelingt auch ganz gut“, erzählt Hager.

Mexikos Wirtschaft wuchs in den vergangenen Jahren kontinuierlich. 2019 könnte es aufgrund der Unsicherheit des noch nicht ratifizierten Nachfolgeabkommens von Nafta, dem USMCA, zu einer leichten Abkühlung kommen. Ab 2020 soll es aber wieder ähnlich hohe Wachstumsraten wie in der jüngsten Vergangenheit von über zwei Prozent geben. Kühner weiß von Besuchen im Tochterunternehmen in Monterrey in Mexiko, dass in Europa eine andere Wahrnehmung über die Beziehung zwischen den USA und Mexiko herrscht. Monterrey liegt zwei Stunden von der amerikanischen Grenze entfernt, die Mexikaner fahren nach wie vor in die USA einkaufen: „Das Bild vom großen Zerwürfnis zwischen den USA und Mexiko haben nur wir, die Mexikaner empfinden das nicht so.“ Greiner beobachte die Situation im Tochterwerk der Greiner Packaging genau, aber aktuell gebe es keine Handlungsnotwendigkeit.

Von den kleineren Ländern in Lateinamerika nennt die Außenwirtschaft Austria Peru und Uruguay als interessante Länder für österreichische Firmen. Letzteres sei „klein, aber fein und eine der stabilsten Volkswirtschaften“ in Lateinamerika. Weiters hätten auch viele von den kleineren Ländern in Zentralamerika wie Panama, Costa Rica sowie Honduras gute Wachstumsraten. Als die zwei Problemländer gelten aktuell Argentinien mit seiner hohen Inflation und Venezuela mit der politischen Krise, die sich weiter zuzuspitzen droht. Dazu Kühner: „Mit unseren sehr stabilen politischen Verhältnissen in Europa sind wir es gar nicht mehr gewohnt, welche Auswirkungen politische Rahmenbedingungen haben können.“

Intensive Beschäftigung

Diese Länderauswahl zeigt, dass es den einen lateinamerikanischen Markt nicht gibt – bei den 23 Ländern mit einer Fläche von rund 20 Millionen Quadratkilometern und damit über 230 Mal der Größe von Österreich handelt es sich um unterschiedliche Märkte mit verschiedenen Strukturen. „Firmen können immer nur in einzelnen Ländern Fuß fassen“, so Hager von Global Hydro Energy. Der Wasserkraftturbinenhersteller ist über Chile in den lateinamerikanischen Markt eingestiegen, nachdem Argentinien dem Nachbarland den Gashahn zugedreht und Chile daraufhin erneuerbare Energie in Form von Kleinwasserkraftwerken gefördert hatte. Beim Eintritt 2004 wurde zuerst mit einem Vertriebspartner zusammengearbeitet, vier Jahre später, als die ersten Anlagen geliefert waren, wurde die Tochterfirma für Service und Wartung gegründet. 2015 kam eine Niederlassung in Kolumbien und 2018 in Argentinien für die Betreuung der Vertriebspartner in den umliegenden Ländern dazu. Mit der breiten Aufstellung für mehrere Märkte würde es auch gut gelingen, stagnierende oder rückläufige Märkte mit anderen zu kompensieren. Als ein besonderes Vorkommnis am lateinamerikanischen Markt nennt Hager gewalttätige Proteste in Guatemala: „Wir sind immer wieder mit Widerständen von Einheimischen gegen Kraftwerke konfrontiert, aber in Europa sind das einfache Protestbewegungen. In Guatemala mussten wir die Baustelle mehrmals mit Hubschraubern räumen lassen, weil Personen in Gefahr waren.“

Aufgrund der Unterschiedlichkeit der lateinamerikanischen Länder werden hier zwei wichtige Handelspartner Österreichs genauer unter die Lupe genommen: Brasilien, die größte Volkswirtschaft, sowie Chile, einer der stabilsten wachsenden Märkte. Übrigens: Das Geschäft mit dem Kunden, bei dem Kühner ein ganzes Wochenende auf dessen Farm verbrachte, ist nicht zustande gekommen. Doch einzelne Absagen sind bei den vielen Geschäftsreisen nichts Außergewöhnliches.

Mit unseren sehr stabilen politischen Verhältnissen in Europa sind wir es gar nicht mehr gewohnt, welche Auswirkungen politische Rahmenbedingungen haben können.

Axel Kühner Vorstandsvorsitzender, Greiner AG

#Ähnliche Artikel

Abflug!

Die weltweite Anzahl der Flugzeuge wird in den nächsten Jahren stark zunehmen, die zwei großen Flugzeugbauer Airbus und Boeing wollen ihre jährliche Stückzahl von 1.500 auf bis zu 2.300 erhöhen. Gute Aussichten für den Flugzeugzulieferer FACC mit Sitz in Ried im Innkreis, der zu den 20 größten der Welt gehört und bei allen neuen Flugzeugmodellen vertreten ist. Vorstandschef Robert Machtlinger über die dafür notwendigen Vorbereitungen und warum das Staustehen in Großstädten vielleicht schon bald der Vergangenheit angehören könnte.

Zukunftsmarkt Vietnam

Bereits seit einigen Jahren wird Vietnam als das neue China mit niedrigen Löhnen und einer aufstrebenden Mittelschicht bezeichnet. Investoren aus Österreich sind den Lockrufen in den langgestreckten südostasiatischen Küstenstaat bisher aber nur zaghaft gefolgt. Nun ist mit dem Backgrundstoffhersteller Backaldrin ein großes oberösterreichisches Unternehmen mit einer Produktion auf dem Sprung nach Fernost. Die Erwartungen sind groß. Ein Überblick über den Zukunftsmarkt Vietnam.

Nafta-Raum in Gefahr?

USA, Mexiko und Kanada sorgen aktuell aufgrund der Nafta-Neuverhandlungen für Schlagzeilen. Müssen sich heimische Firmen um drei sich bisher sehr gut entwickelnde Exportmärkte Sorgen machen? Eine Spurensuche bei den Wirtschaftsdelegierten und Unternehmen in den Märkten.

„Regionalisierungsträumereien sind der falsche Weg“

Jeder zweite Arbeitsplatz in Oberösterreich ist vom Export abhängig. Über ein Viertel aller österreichischen Ausfuhren stammen aus Oberösterreich, dem führenden Exportbundesland. Doch wie hat sich die Coronakrise auf die Exportwirtschaft ausgewirkt? Und wie gelingt ein erfolgreiches Comeback? Joachim Haindl-Grutsch, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Oberösterreich, über einen erfolgreichen Restart, Zuversicht und Vertrauen und darüber, warum der Bauernmarkt am Südbahnhof nicht die Weltbevölkerung ernähren kann.

Von Oberösterreich in die ganze Welt

27 Prozent aller österreichischen Exporte stammen aus Oberösterreich – Österreichs führendem Exportbundesland. Die Top 100 Industrieunternehmen in Oberösterreich haben über 1.700 Niederlassungen in über 80 Ländern (194 Staaten erkennen die Vereinten Nationen derzeit an). Rund ein Viertel davon gehört selbst einem ausländischen Konzern an – drei Viertel der Unternehmen haben ihr Headquarter in Oberösterreich.

Volle Kraft zurück!

Die Stabilität der österreichischen Wirtschaft steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der starken Exportleistung des Landes. Grenzschließungen und Sonderregelungen hatten den Sektor aber zuletzt fest im Griff. Florian Zeppetzauer, Leiter des Export Centers OÖ, über die aktuellen Herausforderungen der Exportwirtschaft und die Auswirkungen auf die Handelsbeziehungen mit Österreichs wichtigsten Märkten.

Wie man Erfolg in Stein meißelt

2004 war die Firma Strasser die größte Insolvenz in Österreich. 2005 übernahm ein Bieterkonsortium unter der Führung von Johannes Artmayr den Betrieb. Bei einem Besuch in St. Martin im Mühlkreis erzählt er, wie die Sanierung zum mittlerweilen Marktführer bei Natursteinarbeitsplatten in Mitteleuropa gelungen ist und was die Wachau und das Mühlviertel gemeinsam haben.

Musterschüler Oberösterreich?

In welchen Bereichen ist der oberösterreichische Wirtschaftsstandort Klassenprimus, wo braucht er noch Förderunterricht? Das haben wir Produktionsunternehmen in ganz Oberösterreich gefragt. Landeshauptmann Thomas Stelzer und Landeshauptmann-Stellvertreter Michael Strugl nehmen zu den Kritikpunkten von Unternehmen und Interessensvertretungen Stellung, zeigen Stärken und Schwächen des Standortes auf und argumentieren die Notwendigkeit des potentiellen Standortentwicklungsgesetzes.

"Verkaufen kam nicht in Frage"

Vor rund zweieinhalb Jahren hat Georgia Rohrhofer-Meinhart, die Nichte von Firmengründer Walter Meinhart, die Geschäfte beim österreichischen Marktführer für Kabeln und Leitungen, Meinhart Kabel aus St. Florian, übernommen. Gemeinsam erzählen Onkel und Nichte, warum man immer in Oberösterreich geblieben ist, wie man als studierte Romanistin und Journalistin Geschäftsführerin in der Kabelbranche wird und wie die Übergabe ablief.

44 Unternehmen mit ausgezeichnetem Erfolg

Der Zweite ist immer der erste Verlierer? Falsch. Es kann auch mehrere Gewinner geben. Im Falle von „Österreichs Beste Arbeitgeber“, ausgezeichnet vom Forschungs- und Beratungsnetzwerk „Great Place to Work“, sind es heuer sogar 44. Es sind Unternehmen, die sich nicht selbst als solche bezeichnen, sondern denen ihre eigenen Mitarbeiter so ein gutes Zeugnis ausstellen.

„Ganz zufrieden bin ich nie“

Es waren große Fußstapfen, die er zu füllen hatte. Es waren unangenehme Sachverhalte, die er angehen musste. Und es war (und ist) eine große Verantwortung, die er zu tragen hat. Thomas Stelzer über Herausforderungen in seinem ersten Jahr als oberösterreichischer Landeshauptmann, die gesetzlich verankerte Schuldenbremse, die neu formierte Bundesregierung und die Neustrukturierung der Landesverwaltung.

Wo Ideen statt Container gehandelt werden

Die Zusammenarbeit von Großunternehmen mit Start-ups gilt bereits seit längerem als Erfolgsrezept für die Schaffung von Innovationen. Es gibt kaum noch Industriebetriebe, die ihre Fühler nicht bereits in Richtung Start-ups ausgestreckt haben. Acht oberösterreichische Leitbetriebe gehen nun mit dem OÖ Inkubator Tech2b einen Schritt weiter und haben beim Handelshafen Pier4 angedockt.

„Ohne Mensch keine Automatisierung“

Warum spielt der Faktor Mensch in Automatisierungsprozessen eine so große Rolle? Was ist der aktuelle Stand zum Einsatz von Robotern in der Industrie? Und welche Veränderungen der bisherigen Arbeitswelt werden dadurch künftig auf uns zukommen? Wir diskutieren mit drei Experten.

Wenn die Fabrik ihr „Hirn“ einschaltet

16.000 Tonnen Stahl, Edelstahl und Aluminium werden hier durch die Synergie aus Mensch und Maschine jährlich verarbeitet. Wo? Im Mekka der Stahlbranche: Oberösterreich. Genauer gesagt bei AHZ Components. Seit der Gründung im Jahr 1999 setzt der Lohnfertigungsbetrieb aus Sipbachzell auf Maschinen des Schweizer Herstellers Bystronic. Über eine außergewöhnliche Zusammenarbeit zwischen Hemdsärmeligkeit, Präzision und Serviceorientierung.

Eine Prise Lombardei

Eine 404 Kilometer lange Landesgrenze verbindet Österreich und Italien miteinander. Was die beiden Alpenrepubliken wirklich vereint, ist dabei mehr als die Liebe zur Kulinarik, gutem Kaffee und den umliegenden Berglandschaften. Zwei Nationen, eine Erfolgsgeschichte und wie sie diese weiterschreiben möchten.

Role Models: Frauen im MINT-Sektor

Gute Bezahlung, sichere Arbeitsplätze und aufregende Karrierechancen: Der MINT-Bereich hat Jobsuchenden so einiges zu bieten. Komisch nur, dass sich so wenige Frauen für diesen Sektor entscheiden – an den öffentlichen Universitäten machen sie zum Beispiel nur etwa ein Drittel der Studierenden in MINT-Fächern aus. Wir haben mit drei Frauen, die im MINT-Sektor erfolgreich sind, darüber gesprochen, woran das liegen könnte.

Neue Studiengänge im Überblick

Auch dieses Jahr gibt es seit dem Wintersemester wieder einige Neuerungen an Österreichs Universitäten und Fachhochschulen. Auffällig bei den neuen Studienrichtungen: Der Schwerpunkt liegt klar auf den Zukunftsthemen digitale Transformation und Informationstechnologie.

Traut euch, Mädels!

Weg mit den Klischees: Dass Frauen keineswegs das schwache Geschlecht im Bereich Technik und Technologien sind, sagt und beweist das sehr weiblich besetzte Team des tech2b Inkubators, der Start-up-Förderung in Oberösterreich. Drei technikaffine Persönlichkeiten stellen sich vor.