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Wie kann der Sozialstaat in Zukunft finanziert werden?

Demografischer Wandel, medizinischer Fortschritt, wachsende Ungleichheiten – wie kann man zukünftige Herausforderungen meistern, um soziale Absicherung zu garantieren? Thomas Stelzer, Landeshauptmann von Oberösterreich, Birgit Gerstorfer, oberösterreichische Soziallandesrätin, Erhard Prugger, Abteilungsleiter Sozialpolitik Wirtschaftskammer Oberösterreich, und Axel Greiner, Präsident der Industriellenvereinigung Oberösterreich, geben Antworten auf aktuelle Fragen über das Sozialsystem der Zukunft.

Wie würde die Gesellschaft in Österreich aussehen, wenn plötzlich nur mehr das Bankkonto für die Lebensführung ausschlaggebend wäre? Wer hätte genug Geld, sich eine plötzliche Krankenbehandlung zu leisten? Wie würden wir im Alter über die Runden kommen, wie würden wir gepflegt werden? Fragen, die wir uns aktuell nicht stellen müssen. Noch nicht. Und hoffentlich nie. Doch die gute soziale Absicherung hat in Österreich nicht nur einen Wert, sondern auch einen Preis. 2017 wurden laut Statistik Austria für Altersleistungen 47 Milliarden Euro ausgegeben, was in etwa 44 Prozent der Sozialleistungsausgaben insgesamt entspricht. An zweiter Stelle lagen die Ausgaben für die Gesundheitsversorgung mit 27,5 Milliarden Euro und einem Anteil von 26 Prozent. Es wurden somit 70 Prozent der Sozialaufwendungen für Alters- und Gesundheitsleistungen ausgegeben. Deutlich geringere Ausgabenanteile entfielen auf die Sozialleistungen in den anderen Lebenslagen: zehn Prozent für Familien und Kinder, jeweils sechs Prozent für Invalidität sowie Hinterbliebene und Arbeitslosigkeit, drei Prozent für Wohnen und soziale Ausgrenzung.

Was sehen Sie als zentrale Aufgaben des österreichischen Sozialstaates und wie gut werden diese aktuell erfüllt?

Stelzer_Ein hoch entwickelter Wohlfahrtsstaat wie Österreich muss als Sozialstaat auch denen helfen, die nicht aus eigener Kraft zu einer gewissen Lebensführung mit Lebensqualität kommen. Jeder technologische und wirtschaftliche Fortschritt soll dabei Hand in Hand mit einem sozialen Fortschritt gehen. Wobei der soziale Grundsatzgedanke bedeuten soll: Immer so weit zu helfen, dass man wieder auf eigenen Beinen stehen kann. Ausgenommen sind natürlich jene Fälle, wo permanente Hilfe aufgrund von Erkrankung, Beeinträchtigung und Pflegebedarf notwendig ist. Ich glaube, dass Österreich ein breit gestreutes und gut funktionierendes Sozialsystem hat und als Vorbild gelten darf, weil dieser Gedanke „Hilfe zur Selbsthilfe“ eine große Rolle spielt.

Greiner_Ein leistungsfähiger Sozialstaat ist die Basis für einen attraktiven Wirtschaftsstandort, denn er ermöglicht sozialen Frieden und Sicherheit für Menschen und auch Unternehmen. Im Rahmen seiner Aufgaben muss der Staat fürsorgen, um akute Not zu lindern und Menschen vor Lebensrisiken abzusichern. Dem unbestreitbaren Nutzen des Sozialstaates müssen stets die Kosten gegenübergestellt werden. Auch die Frage nach Zweckmäßigkeit und Effizienz der einzelnen Sozialschutzsysteme sowie eine sachliche Diskussion darüber müssen erlaubt sein – und zwar ohne den mittlerweile fast reflexartigen Aufschrei. Die Reform der Sozialversicherungen ist ein positives Beispiel für eine notwendige Strukturreform.

Prugger_Ich beurteile die Tauglichkeit einen Sozialsystems danach, ob es nachhaltig jenen hilft, die Unterstützung brauchen und ob es mittelfristig finanzierbar ist. In Österreich landen nur vierzehn Prozent der Sozialleistungen bei den einkommensschwächsten Haushalten, das ist der drittletzte Platz innerhalb der EU. Wir verteilen Sozialleistungen viel zu sehr nach dem System „Gießkanne“, das heißt, das System ist zu wenig effizient und treffsicher und auch nicht generationengerecht.

"In Österreich landen nur vierzehn Prozent der Sozialleistungen bei den einkommensschwächsten
Haushalten."

Erhard Prugger Abteilungsleiter Sozialpolitik, Wirtschaftskammer Oberösterreich

Der österreichische Sozialstaat liegt betreffend Sozialleistungen, sozialer Absicherung und Lebensstandard im internationalen Spitzenfeld. Wo sehen Sie die größten zukünftigen Herausforderungen und wie könnte man diese am besten meistern?

Gerstorfer_Die größten Herausforderungen aktuell und zukünftig sind die Finanzierung der Pflege, die Frage der Gesundheitsversorgung und die Armutsbekämpfung. Der demografische Wandel wird in zweifacher Form zuschlagen: Durch das Älterwerden der Menschen und den Zuwachs an Pflegebedürftigen, der sich bis 2040 um das Eineinhalbfache erhöhen wird, sowie einer gleichzeitig sinkenden Geburtenrate. Die Pflege ist historisch aus dem Armenwesen gewachsen und wird von den Gemeinden über die Sozialhilfeverbände finanziert. Ich finde, der beste Weg, die Pflege auch künftig finanzieren zu können, geht über das Steuersystem. Und wir brauchen dort eine Steuer, wo Wertschöpfung ohne Arbeitskraft passiert: Das kann eine neue Erbschaftssteuer, eine Digitalisierungssteuer, eine Vermögenssteuer oder eine neue Finanztransaktionssteuer sein. Wir investieren etwas unter zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes in die Pflege, andere europäische Staaten zahlen drei Prozent ein. Wenn wir das machen würden, dann wäre die Pflege für die nächsten zwanzig Jahre abgesichert. Der Weg über eine Privatversicherung ist für mich inakzeptabel und führt zu einem Ausbau der Zweiklassenmedizin. Eine Erhöhung der Lohnnebenkosten zur Finanzierung der Pflege würde den Wirtschaftsstandort schwächen.

Prugger_Wir haben ein gutes, aber – im Vergleich zu anderen Ländern – relativ teures Sozialsystem. Die Finanzierung der Pflege wird schon alleine aufgrund der Zunahme der Singlehaushalte auf eine neue Basis gestellt werden müssen – jede weitere Erhöhung der Lohnnebenkosten ist dabei ein No-go. Wir müssen wie andere EU-Länder unsere Schuldenpolitik aufgeben und mit Budgetüberschüssen die zusätzlichen Pflegekosten finanzieren. Auch das Pensionsantrittsalter muss automatisch an die gestiegene Lebenserwartung angepasst werden – alles andere geht sonst zu Lasten der heute unter 40-Jährigen. Wenn wir in Oberösterreich 22.000 offene Stellen haben, muss man mehr als bisher auf aktivierende Maßnahmen und Flexibilität setzen. Generell müssen Prävention und Eigenverantwortung einen neuen Stellenwert bekommen. „Vollkaskosysteme“, wo man sich nehmen darf, was man möchte, weil man ja „einen Anspruch darauf hat“, sind ineffizient und sozial ungerecht. Jeder einzelne muss wieder den ihm möglichen Eigenbeitrag leisten, erst dann sollte die Solidargemeinschaft einspringen müssen. Das sind wir den arbeitenden Menschen, also den Beitragzahlern, schuldig.

Greiner_Die Ausgaben für Sozial- und Gesundheitsleistungen sind mit über 100 Milliarden Euro im Jahr der mit Abstand größte Ausgabenposten des Staates. Ein wesentlicher Anteil der Sozialausgaben wird von den Unternehmen über Sozialbeiträge und Steuerleistungen finanziert. Die Staatsausgaben haben sich in den vergangenen Jahrzehnten deutlich weg von investitionsbezogenen und produktiven Ausgaben hin zu Konsum- und Transferausgaben entwickelt. Angesichts der Höhe der Staatsschulden ist klar, dass der Sozialstaat in seiner derzeitigen Ausrichtung nicht auf Dauer finanzierbar ist. Er ist vielfach weder effizient noch effektiv noch generationengerecht. Aufgrund der demografischen Entwicklung werden die langfristigen Ausgaben nicht durch die zu erwartenden Einnahmen gedeckt werden. Reformbedarf besteht etwa im Pensionssystem und in der Arbeitslosenversicherung.

"Das aktuelle Sozialsystem ist vielfach weder effizient noch effektiv noch generationengerecht."

Axel Greiner Präsident der Industriellenvereinigung Oberösterreich

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