Permanente Miesmacher bringen ihn auf die Palme, gesteht Roman Szeliga: „Ich finde es schade, wenn wir das Lachen am Morgen beim Portier abgeben“, klagt der Facharzt, CliniClowns-Mitbegründer und Humorexperte über mangelnden Spaß in der Arbeit. „Die Leute stehen in der Küche beieinander und lachen, dann kommt der Chef und fragt, ob sie nichts zu tun haben. Dabei sollte er sich alle zehn Finger abschlecken, weil er ein Team hat, in dem die gute Laune regiert. Das gehört noch viel mehr in den Job integriert.“
Jeder zweite Arbeitnehmer hat schon einmal wegen Überforderung über einen Jobwechsel nachgedacht, bei Unterforderung sind es hingegen sogar 75 Prozent, zeigt eine Studie des Karriereportals Monster. Monotone Aufgaben, fehlende Entwicklungsmöglichkeiten oder miese Stimmung im Team – Langeweile ist viel gefährlicher für die Karriere als konstanter Stress. Wer sich heute als attraktiver Arbeitgeber auf dem Markt positionieren will, muss also auch auf die Gefühle im Team achtgeben, sagt Humorexperte Szeliga: „Ein Unternehmen ohne positive Emotionen zu führen, ist wie Fernsehen in Schwarz-Weiß. Humorvolle Chefs werden mehr geschätzt, die Stimmung im Unternehmen ist besser und das Team geht mit ihnen auch durch schlechte Zeiten.“
Kein Platz für Pessimisten
Dessen sind sich auch immer mehr Führungskräfte bewusst: „Bei uns wird ziemlich viel gelacht“, beschreibt Geschäftsführer Maximilian Wurm das Arbeitsklima in seinem Unternehmen Count IT Group, das im Vorjahr als „Great Place to Work“ ausgezeichnet wurde. „Wir kommen nur einmal auf die Welt und wir verwenden viel Zeit für die Arbeit, und da sollte sie Spaß machen.“
128 Mitarbeiter zählt das Unternehmen mit Sitz in Hagenberg im Mühlviertel, das sich auf die Bereiche IT, Steuerberatung mit Buchhaltung sowie Personalverrechnung spezialisiert hat – kurzum auf drei Themenbereiche, die nicht unbedingt in die Kerndefinition von Spaß fallen. Umso wichtiger sei es, dass sich die Menschen bei ihrer Tätigkeit wohlfühlen, egal ob Lehrling oder Star-Programmierer, argumentiert Wurm. „Das heißt für uns, die richtigen Leute zusammenzubringen. Der notorische Pessimist, der zum Lachen in den Keller geht, wird sich bei uns nicht wohlfühlen.“
Stabile Vertrauensbasis
Das habe durchaus einen wirtschaftlichen Hintergedanken: „Wenn Menschen gut drauf sind, dann schaffen sie mehr“, ist Wurm überzeugt. Eine humorvolle und lockere Atmosphäre sorge mitunter aber auch für Unklarheiten: „Als wir einen Wuzzeltisch aufgestellt haben, ist die Frage aufgetaucht: Ist das Arbeitszeit oder muss man ausstempeln?“ Damals wie heute gilt die klare Regel, dass man auch in der Arbeitszeit gemeinsame Pausen machen oder Zeitung lesen darf, da jeder Mitarbeiter selbst für die Gestaltung seines Arbeitstages und die Erreichung seiner Aufgaben verantwortlich sei. „Das taugt den Leuten unheimlich“, beschreibt Wurm die Atmosphäre des Vertrauens. Seine Aufgabe als Geschäftsführer sieht er demgemäß nicht in der permanenten Kontrolle des Teams, sondern darin, „ein Leitbild vorzugeben und den Menschen viele Entscheidungen zu überlassen“. Das mache es für ihn in vielem einfacher: „Wenn ich in meinem Büro sitze, habe ich das klasse Gefühl, dass im ganzen Haus gut gearbeitet wird und in vielen Abteilungen auch in diesem Moment gelacht wird.“
Dennoch betont Wurm, dass es nicht ohne den nötigen Ernst gehe: „Wir sind kein Sozialverein, wo man nicht viel arbeiten muss und die Leute nur Gaudi haben.“ Das Geheimnis sei, die passenden Aufgaben und Verantwortungsbereiche für den jeweiligen Mitarbeiter zu schaffen, „dass wir also das Maß an Über- und Unterforderung im Auge behalten“ – zum Beispiel bei den vertraulichen Mitarbeitergesprächen. Nur so würde jedes Teammitglied auch langfristig eine „super Leistung bringen und im Unternehmen bleiben“, glaubt Wurm.
Alles im Flow
Dieser Überzeugung ist auch Christa Walenta: „So wie Überforderung Stress verursacht, so sorgt dauerhafte Unterforderung dafür, dass man in Langeweile versinkt, und wenn die anhält, geht es auch in Richtung Stress“, erklärt die Wirtschaftspsychologin und Studiengangsleiterin an der Ferdinand Porsche FernFH in Wiener Neustadt. Die Arbeiterkammer Oberösterreich hat erst im Februar eine Studie veröffentlicht, wonach ein Drittel der Arbeitnehmer für ihre Position falsch qualifiziert ist. Das führe zu höherer Unzufriedenheit und in letzter Konsequenz zu einer deutlich erhöhten Bereitschaft, die Firma oder sogar den Beruf zu wechseln, zeigt die Umfrage. Daher sollten Unternehmen passende Aufgaben für ihre Beschäftigten schaffen, damit sich die Idealsituation einstelle, sagt Walenta: „Flow ist der Zustand, wenn man richtig Spaß an der Arbeit hat, alles rundherum vergisst und die Zeit wie im Flug vergeht. Dieses Gefühl kann nur entstehen, wenn die Herausforderungen im Job zu den eigenen Fähigkeiten passen.“
Um diese goldene Mitte zwischen Über- und Unterforderung zu erreichen, haben Führungskräfte zwei Hebel in der Hand: „Einerseits die Weiterentwicklung der Fertigkeiten der Mitarbeiter, damit sie ihre Arbeit gut machen können, und andererseits die Zuteilung von anspruchsvollen und herausfordernden Aufgaben, um diese Fähigkeiten optimal einzusetzen.“ Gute Chefs haben also immer das Potential ihrer Mitarbeiter im Blickfeld, betont Walenta: „Wenn man den Mitarbeitern keinen Entwicklungsspielraum oder keine interessanten Aufgaben bietet, dann sind sie weg. Und das kann man sich als Unternehmen nicht leisten.“ Wer qualifizierte Mitarbeiter langfristig halten möchte, müsse ihnen Entfaltungsmöglichkeiten bieten, zum Beispiel durch eine fehlerfreundliche und experimentierfreudige Unternehmenskultur, kleine Auszeiten und Weiterbildungen, die mit der alltäglichen Arbeit sinnvoll zusammenhängen, so Walenta: „Zum Beispiel kann eine Internationalisierung der perfekte Zeitpunkt sein, um das Englisch der Mitarbeiter aufzufrischen, und eine Digitalisierungsoffensive lässt sich gut mit einer Software-Schulung verknüpfen.“