#notwendige Imagekorrektur
Der Facharbeitermangel macht auch vor der Baubranche nicht halt. Dazu Karer: „Es ist ein Riesenthema für die Unternehmen, dass sie die entsprechenden Mitarbeiter finden, um die Aufträge abarbeiten zu können.“ Gesswein fordert in diesem Zusammenhang eine Attraktivierung der Lehrberufe in der Bau- und Baunebenbranche: „Es braucht dringend eine Imagekorrektur, weil sonst herrscht in fünf bis zehn Jahren ein noch größerer Fachkräftemangel.“ Begrüßen würde Gesswein auch die Gleichstellung der Meisterprüfung mit einem Bachelorabschluss.
Die Baufirma Hasenöhrl leidet besonders im Angestelltenbereich unter dem Fachkräftemangel: „Es werden zu wenige Techniker ausgebildet.“ Im Arbeiterbereich finde er genug Mitarbeiter. Dafür sei wichtig, dass die Firma „nach außen ein gutes Standing“ hat. Als maßgebliche Punkte dafür nennt Hasenöhrl: eine gute Behandlung sowie Bezahlung der Mitarbeiter, die modernsten Arbeitsgeräte und die Einhaltung aller behördlichen Auflagen. Zum Thema Ausländerbeschäftigung, das auch immer als ein Grund für den schlechten Ruf der Branche genannt wird, sagt Hasenöhrl: „Vor 20 Jahren wurde über die Leute geschimpft, die damals vor dem Jugoslawienkrieg geflüchtet sind. Deren Kinder sind aber fleißige, gut ausgebildete Leute und mit ihnen funktioniert es nun hervorragend. Ich konnte mir das ehrlich gesagt vor zehn, fünfzehn Jahren auch nicht vorstellen.“ Von den insgesamt 600 Mitarbeitern in der Firmengruppe haben rund 25 Prozent einen Migrationshintergrund.
#die Besten vs. die Billigsten
Die Einführung des Best- anstatt des Billigstbieterprinzips in der Bauwirtschaft hätte laut Hasenöhrl „Korruption Tür und Tor geöffnet“. Ausschreibungen würden nun so gestaltet werden, dass nur bestimmte Firmen die Leistung anbieten können. Daneben würde das Bestbieterprinzip auch den wirtschaftlichen Fortschritt hemmen: „Mit dem Bestbieterprinzip bekomme ich zwar ein Produkt, das sehr gut ist, aber dieses gleichzeitig zu einem entsprechend höheren Preis. Es überlegt sich niemand, wie man das Produkt besser entwickeln könnte.“ Das beste Preis-Leistungs-Verhältnis führe am Ende des Tages unweigerlich zum Billigstbieterprinzip, ist der Unternehmer überzeugt: „Wenn ich langfristig wirtschaftlich überleben will, muss ich mir technisch überlegen, wie ich die Baustelle am kostengünstigsten abwickle.“
#unterschiedliche Bauordnungen
Auf die Frage nach möglichen notwendigen gesetzlichen Änderungen im Bau- und Immobilienbereich nennt Rechtsanwalt Manuel Traxler von Gesswein-Spiessberger Traxler Rechtsanwälte folgende Punkte:
Unterschiedliche Landesgesetze_ Es gibt viele Gesetze auf Landesebene, etwa im Raumordnungsrecht, dem grundverkehrsbehördlichen Bereich sowie im Baurecht. Die Arbeit würde wesentlich leichter werden, wenn etwa die neun unterschiedlichen Bauordnungen angeglichen werden würden.
Mietrechtsgesetz_ Dieses ist mit vielen Übergangsbestimmungen und Ausnahmen recht komplex. Hintergrund dafür: Das Gesetz ist im Wesentlichen auf den Wiener Mark als größten österreichischen Mietmarkt ausgelegt, am Land sind diese Bestimmungen teilweise gar nicht nötig. Es braucht eine Deregulierung und Vereinfachung.
Verfahrensbeschleunigung bei Bauverfahren_ Der Gemeinderat ist als Berufungsinstanz weggefallen. Wenn man nun Rechtsmittel gegen den Bescheid des Bürgermeisters erhebt, ist man gleich beim Landesverwaltungsgericht. Dort hat sich dementsprechend der Arbeitsaufwand gesteigert und es kann zu langen Bauverzögerungen kommen. Beim Bau gilt aber oft: Zeit ist Geld. Es darf niemandem das Recht abgesprochen werden, ein Rechtsmittel gegen einen Bescheid zu erheben, aber es braucht schnellere Entscheidungen auf Ebene der zweiten Instanz. Kein Bauherr, egal ob großer Bauträger oder Privathäuslbauer, wünscht sich eine Verzögerung. Die Einwände der Nachbarn haben auch häufig keine rechtliche Relevanz.
#Ressourcen schonen
Das Thema Nachhaltigkeit sei aktuell in der Bauwirtschaft langsam im Entstehen, so Karer: „Da ist noch ein gewisses Entwicklungspotential vorhanden.“ Die Baubranche verbrauche viele Ressourcen und entsprechend müsse der Einsatz noch nachhaltiger gestaltet werden. Apropos Ressourcenverbrauch: Im Bereich der Immobilienentwicklung ist dabei laut Gesswein die Revitalisierung von Ortskernen ein ganz entscheidendes Thema: „Es gibt zwar noch viele Grundstücksreserven, aber trotzdem sollten wir nicht sinnlos Flächen versiegeln und auch den nächsten Generationen noch welche übrig lassen. Wir müssen in die Zentren, in denen es bereits Infrastruktur gibt, wieder Leben bringen.“ Dafür brauche es aber die Unterstützung der Politik. Die Preise in den Zentren seien relativ hoch und dazu komme eine Reihe weiterer Herausforderungen: Scheu vor Neuem: Im Ortszentrum spielt oft ein großer emotionaler Faktor mit, die Leute haben viele Erinnerungen daran. Aber damit etwas Neues entstehen kann, muss manchmal etwas Altes weichen. Errichtung von mehr als drei Vollgeschossen: In den meisten Gemeinden will man nicht mehr als drei Vollgeschosse, bei vier oder fünf teilen sich die Grundstückskosten aber besser auf. „Für Investoren ist es daher häufig günstiger, am Ortsrand in der grünen Wiese zu bauen“, sagt Gesswein und plädiert für höhere Förderungen oder auch steuerliche Begünstigungen bei Sanierungen in Ortszentren.
Hasenöhrl ärgert im Zusammenhang mit dem Umweltschutz die Diskussion über den CO2-Ausstoß: „Es wird immer über die ‚stinkenden Lkw‘ geschimpft, aber die Neuesten mit Abgasnorm Euro 6 sind um ein Vielfaches umweltfreundlicher als jeder Pkw.“ Unabhängig davon werde man nicht ewig Treibstoff aus der Erde rauspumpen können, aber eine Alternative müsse erst gefunden werden. E-Mobilität sei es nicht, es sei unter den aktuellen Voraussetzungen nicht wirtschaftlich und schon gar nicht umweltfreundlicher: „Ich glaube eher sogar das Gegenteil, denn da müssten wir Atomkraftwerke bauen.“ Bei einer der weltgrößten und jährlich stattfindenden Lkw-Ausstellung in Hannover hätte sich das zuletzt schon gezeigt, es befanden sich im Unterschied zu den Vorjahren unter den insgesamt 50 Lkw je Hersteller nur mehr ein Elektrofahrzeug als Zustellauto und ein Motor mit Wasserstoffantrieb.
#smarte Baustellen
Der Bau ist eine sehr traditionelle Branche mit viel Handarbeit und beim Thema Digitalisierung gebe es laut Karer noch sehr viel Aufholbedarf. Dass das Thema aber für die Firmen immer wichtiger wird, um wettbewerbsfähig zu sein, zeige etwa eine Entscheidung der Strabag: Das größte Bauunternehmen Österreichs schuf einen neuen Vorstandsposten für Digitalisierung, Innovation und Unternehmensentwicklung. Themen wie etwa Baustellenroboter, Einsatz von Drohnen auf Baustellen, virtuelle Rundgänge mit 3D-Brillen oder BIM seien teilweise noch mehr Zukunftsmusik als Realität, aber all das wird kommen. BIM steht für Building Information Modeling, damit werden alle relevanten Daten mithilfe einer Software digital erfasst und miteinander kombiniert. Dazu Bauunternehmer Hasenöhrl: „Die Entwicklungen sind so enorm, dass man ordentlich zu tun hat, da überall mitzukommen.“ Seine Lkw sind mittlerweile seit mehr als zehn Jahren mit GPS ausgestattet und miteinander verbunden. Als neuere Technologie nennt Hasenöhrl die Möglichkeit, Pläne bei den Baggern einzuspeichern, und wenn dann der Fahrer falsch gräbt, macht ihn ein GPS-Messgerät darauf aufmerksam.