Die Coronakrise hat die Supermärkte vor den Vorhang geholt. Wir haben hinter die Kulissen geblickt und nachgefragt: Vor welchen Herausforderungen stehen Supermarktketten in Österreich? Wie gewinnt man das Rennen um die besten Köpfe? Und wie hat die Pandemie das Einkaufsverhalten hinsichtlich Lebensmittel beeinflusst?
Sigrid Göttlich, Commercial Director von Nielsen Österreich, Nicole Berkmann, Unternehmenssprecherin von Spar Österreich, Horst Leitner, Geschäftsführer von Hofer, und Andreas Haider, Geschäftsführer der Unimarkt Gruppe, über Herausforderungen und Zukunftstrends im Lebensmitteleinzelhandel.
Es ist immer wieder von einem harten Wettbewerb im österreichischen Lebensmittelhandel die Rede. Was sind die aktuellen Herausforderungen?
Berkmann_Es gibt in Österreich ein Overstoring, was eine sehr hohe Verkaufsflächendichte pro Einwohner bedeutet. Das wiederum bedeutet einen sehr starken Wettbewerb unter den Händlern. Die aktuell größte Herausforderung ist aber der Wettbewerb um die besten Köpfe.
Leitner_Wir sehen den Wettbewerb positiv, denn ein starker Wettbewerb ist ein starker Innovationstreiber. Der Handel unterlag in den letzten Jahren einem enormen Wandel. Die Ansprüche der Kunden haben sich stark verändert, so sind etwa Frische, Regionalität, Bio, Tierwohl, Nachhaltigkeit und Nachverfolgbarkeit wichtige Kriterien für Kaufentscheidungen geworden. Das Thema Verpackungen wird immer wichtiger. Digitale Kanäle gewinnen zunehmend an Bedeutung, um insbesondere mit der jüngeren Zielgruppe in Kontakt zu bleiben.
Haider_Wir gehören mit 2,6 Prozent Marktanteil zu den kleineren Mitbewerbern im Lebensmitteleinzelhandel. Als kleinerer Anbieter nutzen wir den Vorteil, uns besser auf die einzelnen Standorte konzentrieren zu können und somit besser auf die Konsumentenbedürfnisse vor Ort eingehen können. Wir müssen einerseits den Markttrends folgen. Andererseits macht es keinen Sinn zu versuchen, die Großen zu imitieren. Wir wollen uns weiterhin durch das Thema authentische Regionalität positionieren.
Es herrscht Fachkräftemangel in Österreich. Inwieweit ist der Lebensmitteleinzelhandel davon betroffen und wie wird damit umgegangen?
Berkmann_Wir haben uns in den vergangenen Jahren einen guten Ruf als Arbeitgeber aufgebaut, vor allem was die überdurchschnittlich gute und praxisbezogene Lehrlingsausbildung und die Karrierechancen angeht. Bei Spar kann man auch eine internationale Karriere machen.
Leitner_Wir sind als Arbeitgeber im Print- und Onlinebereich sowie auf Events, Messen, Hochschulen und Karriereveranstaltungen präsent. Neue Mitarbeiter werden etwa durch ein umfangreiches Training on the Job sowie durch unsere Hofer Akademie in ihrer Weiterentwicklung unterstützt. Gerade im Verkauf setzen wir auf das Konzept „Karriere mit Lehre“ und bilden so unsere Filialführungskräfte von morgen selbst aus. Schul- und Studienabsolventen profitieren von abwechslungsreichen Jobs in unseren zentralen Bereichen wie etwa im Einkauf, Supply-Chain-Management und Controlling. Um für digitale Innovationen gerüstet zu sein, bieten wir auch Jobs in den Bereichen IT, Marketing und Digitalisierung.
Haider_Der Fachkräftemangel ist auch bei uns gerade in sensiblen Bereichen wie in der Feinkost spürbar. In der Stadt ist es noch schwieriger als am Land, Menschen für diesen Job zu begeistern. Da haben wir den Vorteil, dass wir sehr ländlich strukturiert sind. Wir möchten mit einem familiären Zugang als Arbeitgeber punkten. Lehrlinge werden bei uns deutlich über dem im Kollektivvertrag festgelegten Lohn bezahlt und wir bieten eine duale Ausbildung, eigene Sozialseminare, Events und eine eigene Homepage für sie an.
Das stationäre Geschäft wird im Einzelhandel auch weiterhin seine Berechtigung haben.
Horst Leitner
Geschäftsführer, Hofer