Die „alte Normalität“ sei erst wieder möglich, wenn ein Impfstoff gegen Covid-19 gefunden wurde.
BeckDas ist es, was mich am meisten stört. Dass wir alle Passagiere sind und uns von Medien, Politikern und sogenannten Experten gesagt wird: Bevor wir keinen Impfstoff haben, können wir kein normales Leben führen. Das ist völlig absurd. Ich kann nicht auf einen Impfstoff warten, weil der Impfstoff keine Lösung sein wird. Weil Coronaviren ähnlich wie die Grippeviren ständig mutieren und sich an der Oberfläche verändern. Deshalb hat ja auch die Grippeimpfung nur bedingt Erfolg. Die Annahme, dass wir uns erst wieder frei bewegen und reisen dürfen, wenn alle geimpft sind, halte ich für sehr problematisch. Aber damit werden wir permanent auf allen Medien beschallt. Und ich bin sicher, wenn es dann soweit ist, werden sich ganz viele sofort impfen lassen – mit einem Impfstoff, der durch ein Schnellverfahren, also in Bezug auf Nebenwirkungen viel zu wenig geprüft, hergestellt wurde. Aber die ganze Welt kauft diesen Impfstoff.
Wenn es also nicht der Impfstoff sein wird, der uns schützen kann, wie können wir uns selbst schützen? Und gleichzeitig auch jene Gruppe an Menschen, für die das Virus lebensbedrohlich ist?
BeckDas Leben an sich ist lebensgefährlich. Ich gebe Ihnen schon recht, dass man mit einer Personengruppe, die besonders gefährdet ist, sensibler umgehen muss. Aber ich finde es hochproblematisch, dass die Politik dann entscheidet, was diese Menschen dürfen oder nicht dürfen. Das sind immer noch Menschen. Wenn ich einer 95-jährigen Urgroßmutter sage, sie darf ihre Familie nicht mehr sehen, weil die Urenkelkinder die Ursache für ihren Tod sein könnten, dann frage ich mich, warum nie einer der Politiker mit so einer Person gesprochen hat? Die wird nämlich sagen: „Das ist mir egal. Ich habe 95 Jahre hier verbracht und wenn dieses Virus das i-Tüpfelchen ist, um zu gehen, dann ist das nicht so schlimm für mich, wie meine Familie nicht mehr sehen zu dürfen.“ Das ist eine Bevormundung und macht Angst. Und ja, natürlich stirbt auch mal ein Jüngerer an diesem Virus. Aber vielleicht wäre er ansonsten mit dem Motorrad gegen einen Baum gefahren. Deswegen schneiden wir aber nicht alle Bäume um. Man kann nicht über jede einzelne Person eine Glaskuppel stülpen. Es sterben täglich Hunderte Menschen in Österreich – bei Autounfällen, an Folgen unseres ungesunden Lebensstils –, darüber lese ich aber nichts in der Zeitung. Und jetzt reden wir jeden Tag über die Anzahl der Toten.
Sie sprechen in Interviews immer wieder an, dass das österreichische Gesundheitssystem verbesserungswürdig ist, weil es eher ein Krankheits- als ein Gesundheitssystem sei. Wie würde in Ihren Augen das optimale Gesundheitssystem aussehen?
BeckDas Problem unseres Gesundheitssystems und auch der jetzigen Situation ist: Wir haben unsere Eigenverantwortung aufgegeben. Daher wäre Aufklärung der erste Schritt zu einem funktionierenden Gesundheitssystem. Man muss den Leuten erklären, wie sie Eigenverantwortung für ihre Gesundheit übernehmen können. Die Gesundheit ist unser höchstes Gut, da kann jeder selbst am meisten dazu beitragen. Es gibt ganz viele Faktoren, die dabei wichtig sind. Von Bewegung über Ernährung bis hin zur Psyche. Natürlich gibt es auch genetisch bedingte Krankheiten und Krankheiten, die auch ein gesunder Lebensstil nicht verhindern kann, aber die machen einen Bruchteil aus. Dafür muss das Gesundheitssystem da sein. Aber für alles andere ist es das Wichtigste, die Verantwortung selbst zu übernehmen und sie nicht einem Arzt oder dem Gesundheitssystem zu übergeben.
Im Bild taucht plötzlich Günther Becks Tochter auf. Eingewickelt in ein Badetuch. Sie war gerade schwimmen. Aber doch nicht draußen, oder? Es ist Anfang April und ziemlich kalt. „Doch“, sagt Beck und lacht. „Die Kinder gehen sogar zu Weihnachten draußen schwimmen.“
Ist das also das Geheimnis eines starken Immunsystems?
BeckDas ist ja das Nächste, das mich stört. Dass uns eingetrichtert wird, nur der Impfstoff oder ein Medikament seien die Lösung. Wir haben ein Immunsystem, das seit Jahrtausenden darauf ausgelegt ist, sich gegen Keime zu wehren. Warum wird uns nicht erzählt, wie wir unser Immunsystem stärken können? Da ist es wichtiger, darüber zu berichten, dass McDonald’s wieder geöffnet ist und wir uns Junkfood reinziehen können – dabei belastet genau das unser Immunsystem. Und wenn dann noch Angst und Psychostress hinzukommen, dann stellt es mir als Allgemeinmediziner die Haare auf.
Ein Immunsystem baut sich aber nicht von heute auf morgen auf. Was können wir jetzt tun, um uns so gut wie möglich zu schützen?
BeckEs stimmt natürlich, am besten ist es, wenn man schon von Kindheit an einen guten Lebensstil ohne Dauerbelastung, mit gesunder Ernährung und mit ausreichend Bewegung führt. Aber man kann auch jetzt etwas machen. Diese Krise ist gleichzeitig die Chance, zu hinterfragen: Muss das Konzept „Höher, schneller, weiter“, das wir die letzten Jahre gelebt haben, sein? Diese Hektik, diese Gier nach mehr, machen uns die wirklich glücklich? Oder sind es vielmehr Freiheit, Familie und ein Eigenheim, in dem man sich wohlfühlt?_