Sie ist angekommen. Selbstbewusst betritt sie den Raum und erklärt, unter welchen Bedingungen sie arbeiten möchte. Schließlich soll die Arbeit Spaß machen, denn sie arbeitet gerne. Wenn das Umfeld passt. Der Arbeitsplatz muss angenehm, die Kollegen nett und das Team auf Augenhöhe sein. Homeoffice? Muss nicht sein. Privatleben und Beruf werden lieber getrennt. Freizeit ist ihr wichtig, die Beziehung zu ihrer Familie von enormer Bedeutung. Sie ist mehr als digital kompetent. Sie ist ein Native.
Generation Z ist da. Und hat (im Klischeemantel) als jüngste Generation neben Babyboomer sowie Generation X und Y die Arbeitswelt betreten. Sie ist speziell, klar. Doch das sind die anderen auch. Wie ticken sie also, die verschiedenen Generationen, die gerade in der Arbeitswelt aufeinandertreffen? Und wie erreicht man die jungen Generationen als Unternehmer?
Digital Natives und analoge Urgesteine
„Jede Generation wird von wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen Umständen und von kontingenten Schlüsselereignissen geprägt“, erklärt Generationenforscher Rüdiger Maas die Grundlagen der Generationenforschung. Generell gelte natürlich: Jedes Individuum entwickle seine eigenen Wertvorstellungen und Ziele, jede Generation habe jedoch ihre besonderen Spezifika. „Der rasante Wertewandel im digitalen Zeitalter lässt neue Generationen heutzutage schneller entstehen. Die junge Generation hat das Internet mit der Muttermilch aufgenommen und bewegt sich dadurch intuitiver in der digitalen Welt“, so Maas. Die ältere Generation habe das Medium erst im Erwachsenenalter kennengelernt. „Man merkt den Unterschied zwischen den Generationen sehr gut. Die Älteren haben einen völlig anderen Sprachduktus oder -habitus, sie haben auch ein anderes Zeitgefühl und oft viel mehr Geduld.“ So treffen automatisch völlig unterschiedliche Weltanschauungen und Denkweisen aufeinander. Es war zwar schon zu Lebzeiten von Sokrates und Aristoteles so, „dass sich etwa die Älteren über die Jüngeren und deren Verhaltensweisen beschwert haben. Heute kommt noch hinzu, dass die Jungen mit gewissen Fähigkeiten auf den Arbeitsmarkt kommen, die sich die ältere Generation mühsam erarbeiten musste.“ Kurzum: Sie sind ihr digital überlegen. Und das wissen sie auch.
Der Clash
Anweisungen von älteren an jüngere Generationen und Sprüche wie „Arbeit muss keinen Spaß machen“ oder „Lehrjahre sind keine Ehrenjahre“ funktionieren laut dem Generationenforscher nicht mehr. Zudem könne die jüngere Generation nur schwer mit Kritik umgehen, nehme sich aber kein Blatt vor den Mund, selbst Kritik zu äußern. „Hier prallen Welten aufeinander.“ Angehörige der Generation Z würden stark vom demografischen Wandel profitieren, „sie können sich den Job aussuchen, weil viele Stellen für verhältnismäßig wenige Jugendliche frei sind“, erklärt Maas den Gegensatz zur Babyboomer-Generation, welche von Ellbogenmentalität geprägt war und wo es auf 30 Bewerber nur eine freie Stelle gab.
„Angehörige der Generation Z kommen ins Arbeitsleben und möchten von Anfang an auf Augenhöhe mitsprechen“, so der Generationenforscher. Das liege daran, dass sie als Kinder – im Gegensatz zu älteren Generationen – immer Mitspracherecht hatten: Was sie schon als Kleinkinder anziehen durften, wohin der Urlaub geht, wie man das Wochenende gestaltet. „Diese Generation hat auch gesehen, dass sie ihren Eltern in einigen Bereichen digital überlegen ist und ihnen erklären muss, wie etwa die neuesten Apps funktionieren“, so Maas. Das Verständnis für dieses „Mitspracherecht auf Augenhöhe“ halte sich bei der älteren Generation am Arbeitsmarkt in Grenzen: „Die Älteren denken sich: ‚Jetzt komm doch erst einmal im Unternehmen an, bevor du überall mitsprichst‘, und beginnen die Jüngeren zu fordern.“ Doch dabei beißen sie oft auf Granit mit Antworten wie in der Art „Das haben wir nie gelernt“ oder „Das brauchen wir ja gar nicht“.
So klappt es
Als Führungskraft müsse man im Umgang mit den unterschiedlichen Generationen im Unternehmen behutsam vorgehen, Fingerspitzengefühl bei Kritik sei besonders gefragt: „Während Generation X und Y Lob oft nicht gewohnt sind und nach dem Motto ‚Nicht geschimpft ist halb gelobt‘ arbeiten, kennen die Jüngeren das Wort ‚schimpfen‘ oft gar nicht, da sie von den Eltern sehr oft gelobt und zu dem noch stark protegiert wurden“, meint der Generationenforscher. Führungskräfte müssten hier lernen, die junge Generation zur Selbstreflexion anzuregen, um so Kritik anzubringen. „Mit Fragen wie ‚Wie würdest du deine Arbeit selbst beurteilen?‘ oder ‚Wie schätzt du deine Fähigkeiten bezogen auf x ein ein?‘ erreicht man junge Mitarbeiter am besten.“
Zwischen der älteren Babyboomer-Generation und den Jüngsten am Arbeitsmarkt, der Generation Z, befinde sich eine wichtige Zwischengeneration: die Generation Y, welche zwischen 1980 und 1994 geboren wurde. „Diese Generation versteht beide Welten sehr gut, weil sie genau in der Zeit von Start-ups und Homeoffice groß geworden ist und die große Umstellung miterleben durfte.“ Die Arbeitswelt wurde entscheidend von dieser Generation mitgestaltet. „Deswegen soll auf jeden Fall immer auch Generation Y in einem Unternehmen vertreten sein“, so Maas. Sie gelte als Vermittler zwischen analoger und digitaler Generation.
Der Generationenforscher betont, dass unbedingt alle Generationen in einem Unternehmen vertreten sein sollen. „Wenn eine Generation fehlt, dann wird es schwierig, die nachfolgende zu verstehen.“ Nur so gelinge ein wertschätzender und verständnisvoller Umgang, ein Graben zwischen den Altersgruppen würde erst gar nicht entstehen. „Erfahrungswerte der älteren, analogen Generationen sind auch heute noch wichtig und wertvoll. Gleichermaßen muss man auf die Anforderungen der Digital Natives an die Arbeitswelt eingehen. Und für beide Seiten Geduld und Wertschätzung aufbringen._
Die junge Generation hat das Internet mit der Muttermilch aufgenommen.
Rüdiger Maas
Psychologe und Generationenforscher