Schauplatz Supermarkt. Vor dem Getränkeregal. Die Auswahl ist riesengroß, es reiht sich Flasche an Flasche. Gar nicht so einfach, da das beste Getränk herauszu- suchen. Doch ein Teilbereich des Immaterialgüterrechts – der Markenschutz – hilft bei der Orientierung. Konsumenten können sich beim Einkaufen an den ihnen bekannten Marken beim Einkaufen orientieren. In einer Red Bull-Dose verbirgt sich ein Energiedrink mit ganz bestimmten Zutaten, Rauch macht besonders fruchtige Fruchtsäfte. Mit dem Kauf eines Kornspitz bekommt man ein längliches, dunkles, knuspriges Gebäck, dessen Geschmack und Qualität man kennt.
Wecken von Erwartungen
„Marken haben einen Wiedererkennungswert, sie wecken gewisse Erwartungen“, erklärt Gerd Hübscher, European Patent Attorney und Patentanwaltsanwärter bei der Patentanwaltskanzlei Hübscher in Linz. Rund 109.000 Marken waren beim Österreichischen Patentamt Ende 2013 geschützt. Davon sind circa 80.570 reine heimische Marken, wo der Sitz des Anmelders Österreich ist. Von diesen sind wiederum rund 12.400 aus Oberösterreich, womit es Platz zwei im Bundesländervergleich nach Wien mit etwa 28.400 geschützten Marken belegt. Es folgen Niederösterreich mit circa 10.600 und die Steiermark mit knapp 9.000 geschützten Marken. Schlusslichter sind Vorarlberg mit etwa 2.800 und das Burgenland mit knapp 2.000 geschützten Marken – geht aus den Zahlen des Österreichischen Patentamts hervor.
In den letzten Jahren gab es einen leichten Rückgang bei den Anmeldungen. Dieser lässt sich einerseits als Folge der Wirtschaftskrise, andererseits mit der Internationalisierung erklären. Seit 1996 kann man eine EU-Gemeinschaftsmarke anmelden. Die Zahl dieser Anmeldungen hat sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt.
Verknüpfung von Produkt und Unternehmen
„Die wichtigste Funktion einer Marke besteht darin, einem Kunden den Ursprung einer damit gekennzeichneten Ware zu garantieren. Eine wesentliche Anforderung für ein Markenrecht ist daher die Unterscheidungskraft, also die Eignung, Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von jenen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden“, so Hübscher.
Markeninhaber können anderen verbieten, dass sie ihre geschützte Marke benützen. Gleichzeitig müssen sie die Marke selbst benützen, um den Schutz nicht zu verlieren. Wenn eine Marke fünf Jahre nicht benützt worden ist, kann jeder die Löschung beim Patentamt beantragen. „Große Firmen melden ihre Marken nach fünf Jahren wieder neu an, um diesem Problem zu entgehen“, weiß Hübscher.
Erfüllt eine Marke ihre Herkunftsfunktion nicht mehr, weil sie zu einem gebräuchlichen Begriff für die relevanten Waren oder Dienstleistungen geworden ist, ist eine weitere Privilegierung des Zeichens nicht mehr gerechtfertigt. „Daher ist es besonders wichtig, die eigenen Markenrechte laufend zu überwachen und durchzusetzen, um einer Entwicklung zum Freizeichen vorzubeugen“, weiß Hübscher. Ein bekanntes Beispiel, wo dies passiert ist und der Markenschutz entzogen wurde, ist der Walkman von Sony oder Doublemint von Wrigleys. Es lassen sich eine Wortmarke, eine Bildmarke, eine Wortbildmarke und eine dreidimensionale körperliche Marke – womit man etwa eine dreidimensionale Form einer Flasche schützen kann – unterscheiden. Um Wortbestandteile unterscheidungskräftiger zu machen, wird oft der Schriftzug inklusive einem Logo zu einer Wortbildmarke geschützt. Dann müssen Unternehmen aber aufpassen, dass sie innerhalb der ersten fünf Jahre ihr Design nicht ändern, denn dann wird die ursprünglich geschützte Marke nicht mehr benutzt und damit löschungsreif. „Ein größeres Markenportfolio umfasst daher üblicherweise immer mehrere Markenarten nebeneinander“, so Hübscher.
Fälschungen als Gefahr
Nach einer Anmeldung und erfolgreichen Registrierung müssen Unternehmen ihre Mitbewerber überwachen. Wenn ein Dritter die Marke verwendet, kann der Markeninhaber nur innerhalb der ersten fünf Jahre ab Kenntnis davon gegen diesen rechtlich vorgehen. In der Konsumgüterindustrie gebe es unglaublich viele Fälschungen – von Handys bis zu Arzneimitteln werde alles nachgemacht, so Egon Engin-Deniz, Partner der Kanzlei CMS Reich-Rohrwig Hainz und Markenanwalt der Astner Firma backaldrin The Kornspitz Company.
Er habe zuletzt einen Fall bearbeitet, wo Viagra und andere potenzfördernde Mittel gefälscht wurden. Wenn solche Produkte dann wirklich auf den Markt kommen, bestehe große gesundheitliche Gefahr. Im Jahr 2013 wurden in Österreich 1.709 Sendungen mit 85.016 gefälschten Marken aufgegriffen.
Das Anmelden einer nationalen Marke kostet zwischen 1.400 und 1.500 Euro inklusive aller Anwalts- und Registrierungsgebühren. Danach besteht der Schutz für zehn Jahre und kann mit einer Erneuerungsgebühr immer wieder um zehn Jahre verlängert werden. Möchte man einen Schutz in allen EU-Ländern, kann eine EU-Gemeinschaftsmarke angemeldet werden. Mit einer internationalen Marke ist ein Schutz in über 90 Ländern möglich. Neben der Tatsache, dass die Anmeldung für mehrere Länder teurer ist, gibt es dabei auch „ganz andere Angriffsflächen“. „Für einen lokalen, heimischen Anbieter genügt eine nationale Marke“, sagt Hübscher.
Hilfe für Konsumenten
Denn eine Positionierung am Markt ist zeit- und kostenintensiv. „Wenn ein Un- ternehmen wie backaldrin sehr viel Geld in den Markenaufbau und die Positionie- rung am Markt investiert und das Mar- kenrecht dann einfach weggenommen wird, ist das ein großer Verlust“, erklärt Engin-Deniz. Man täusche auch die Verbraucher, wenn jedes gebackene Weckerl, egal woraus es gemacht worden
ist, plötzlich „Kornspitz“ genannt werden dürfte.
Die Marke „Kornspitz“ gibt es seit 1984 am Markt. Unternehmensgründer und backaldrin-Chef Peter Augendopler hatte die Idee dazu. Mittlerweile werden täglich circa fünf Millionen Stück produziert und weltweit in 71 Ländern verkauft. backaldrin habe damit das erste dunkle Gebäck auf den Markt gebracht und damit eine gewisse „Vorreiterrolle“, sagt Unternehmenssprecher Wolfgang Mayer. Der Kornspitz habe die Erfolgsgeschichte des Unternehmens eingeleitet. „Er ist eine etablierte Marke am Bäckereisektor. Der Konsument weiß genau, was sich hinter diesem Namen verbirgt“, erklärt Mayer die hohe Bedeutung der Marke.
„Generell werden Marken immer wichtiger, um Produkte voneinander zu unterscheiden und ein Qualitätsranking vornehmen zu können“, sagt Hübscher. Neben dem wirtschaftlichen Aspekt als Hilfsmittel in der Produktionsvielfalt biete der Markenschutz – wie gewerbliche Schutzrechte im Allgemeinen – die Möglichkeit, geistiges Eigentum verkehrsfähig zu machen. „Wenn ich Ideen verkaufen möchte, kann das über Schutzrechte erfolgen“, weiß Hübscher und nennt als Beispiel für Markenschutzrechte Franchiseunternehmen. Außerdem im Trend seien Gütesiegel, die meist als Marke geschützt werden und dann nur unter gewissen Lizenzbedingungen geführt werden dürfen.
Der Kampf um den "Kornspitz"
Der Mühlenbetrieb Pfahnl in Pregarten hat 2011 die Löschung der eingetragenen Marke Kornspitz der Astner Firma backaldrin The Kornspitz Company sowohl für Backwaren als auch entsprechende Vorprodukte beantragt. Die Begründung: Kornspitz sei zu einer gebräuchlichen Warenbezeichnung geworden. Das Patentamt hat der Löschung stattgegeben, backaldrin hat dagegen berufen. Nach Unterbrechung des Verfahrens zur Klärung einiger grundsätzlicher Markenrechtsfragen durch den EuGH erging Anfang des Jahres das Urteil des OLG Wien, wonach der Begriff „Kornspitz“ kein Markenname sei. Die Bezeichnung sei „eine Gattungsbezeichnung für eine bestimmte Art von Gebäck“.
backaldrin habe auch dagegen fristgerecht Rechtsmittel eingereicht. Es sei schwer zu sagen, wie schnell der Senat des OGH entscheidet, so backaldrin-Markenanwalt Egon Engin-Deniz und nennt als Richtwert rund ein Jahr. Er ist aber „sehr optimistisch“, weil in der Unterinstanz Fehler bei der Bewertung der Beweise unterlaufen seien. backaldrin habe viele Maßnahmen für den Markenerhalt gesetzt und eine Meinungsumfrage unter Verbrauchern bestätige, dass Kornspitz eindeutig als Marke wahrgenommen werde.
Die Marke bleibt auch auf jeden Fall in Zusammenhang mit Vor- und Zwischenprodukten und damit für Backmischungen und Teiglinge bestehen, es geht beim Rechtsstreit nur mehr um den Aspekt des fertigen Gebäcks für die Verbraucher.