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„Gesundheitsberufe sind kein 08/15-Job“

Landeshauptmann-Stellvertreterin und Gesundheitslandesrätin Christine Haberlander möchte für Oberösterreich „die stärkste Gesundheitsversorgung anstreben“, wie sie im Interview erzählt. Was es dazu braucht? Top Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Gesundheitswesen.

Gesundheitsberufe werden oft als sehr anstrengend und psychisch belastend angesehen. Worin sehen Sie persönlich den großen Mehrwert von Berufen im Gesundheitsbereich?

HABERLANDERBerufe im Gesundheitsbereich sind sehr vielfältige und sinnstiftende Berufe. Die Arbeit mit Menschen macht für viele den Beruf zur Berufung. Gesundheitsberufe bieten viel Flexibilität und viele Möglichkeiten zur Weiterbildung und Spezialisierung. Die Tätigkeit ist interessant und verantwortungsvoll, krisensicher und mit Sicherheit kein 08/15-Job.

Gesundheitspersonal wird österreichweit dringend gesucht. Wie ist die aktuelle Situation in Oberösterreich? Bei welchen Berufen aus der Vielzahl an Gesundheitsberufen spitzt sich die Lage weiter zu?

HABERLANDERDie Sicherung des Nachwuchses im Bereich der Pflege und Medizin ist eine große Herausforderung, vor der unser Gesundheitssystem steht, da die Bevölkerung immer älter wird. Wir brauchen starke Gesundheitseinrichtungen und ausreichend Pflegepersonal, aber es muss auch das Bewusstsein gestärkt werden, wie man sich selbst gesund und fit halten kann. Wir möchten Oberösterreich nach der Coronakrise wieder stark machen und für mich bedeutet das vor allem, die stärkste Gesundheitsversorgung anzustreben. Es wird in allen Gesundheitsberufen Nachwuchs benötigt, das eint uns mit vielen anderen Branchen.

Welche Lösungen gibt es für die aktuelle und zukünftige Personalproblematik im Gesundheitsbereich?

HABERLANDERWir arbeiten gemeinsam mit allen Partnern im Gesundheitswesen daran, dass wir den Mitarbeitern gute Rahmenbedingungen bieten können. Der Wettbewerb um junge Menschen am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ist hart. Wir haben eine gemeinsame Image- und Infokampagne zur Attraktivierung des Pflegeberufs gestartet. Alle oberösterreichischen Spitalsträger und die FH für Gesundheitsberufe ziehen dabei an einem Strang. Wir möchten die Zusammenarbeit zwischen den Ausbildungsstätten verstärken. Die Spitalsträger mit ihren regionalen Ausbildungseinrichtungen machen laufend Werbung und betreiben Aufklärungsarbeit an Schulen, Schulpartnerschaften oder Tage der offenen Tür, um junge Menschen auf die Ausbildungsmöglichkeiten aufmerksam zu machen. Durch berufsbegleitende Modelle und Stiftungen wollen wir auch Berufsumsteiger oder Menschen mit Familienpflichten gewinnen. Wir möchten außerdem die Chancen nutzen, die die technische Entwicklung ermöglicht, mit dem Ziel, dass die Technik den Menschen dient – und nicht umgekehrt.

Wie wurden und werden die Ausbildungsmöglichkeiten für Gesundheitspersonal reformiert?

HABERLANDERDie Kompetenzen im Pflegeberuf wurden in den vergangenen Jahren erweitert. Die unterschiedlichen Qualifikationsniveaus wurden zu einem modernen und international anerkannten System umgestaltet. So gibt es jetzt in der Gesundheits- und Krankenpflege einen Bachelorabschluss. Die unterschiedlichen Möglichkeiten der Qualifizierung für einen Pflegeberuf, der Weiterbildung und Spezialisierung sind eine große Chance, um unterschiedliche Gruppen von Interessenten gewinnen zu können.

Welche Ausbildungsmöglichkeiten und -stätten gibt es in Oberösterreich für die unterschiedlichen Gesundheitsberufe?

HABERLANDER2010 wurde die FH für Gesundheitsberufe gegründet, die wir vor zwei Jahren von drei auf fünf Standorte erweitert haben, damit wir den Studierenden eine wohnortnahe fundierte Ausbildung bieten können. Für viele ist das ein entscheidendes Kriterium bei der Wahl ihrer Ausbildung. Zudem gibt es auch ein Ausbildungsangebot an allen Schulen an unseren Spitalsstandorten. Das Ausbildungsangebot richtet sich an alle Altersgruppen – also an die ganz Jungen, aber auch an Berufswiedereinsteiger und an Menschen, die sich nochmals völlig neu orientieren wollen und einen Pflegeberuf erlernen wollen.

Oberösterreich droht in den nächsten Jahren ein Hausärztemangel. Wie möchten Sie wieder mehr Jungärzte in die ländlichen Regionen des Bundeslandes bringen?

HABERLANDERWir arbeiten diesbezüglich mit der Österreichischen Gesundheitskasse, die für die Besetzung der Hausarztstellen zuständig ist, zusammen. Bei der hausärztlichen Versorgung stehen wir angesichts des Generationswechsels unter den Ärzten vor einer großen Herausforderung. Lösungen gibt es hier etwa durch Primärversorgungsmodelle: In Oberösterreich gibt es bereits sechs Primärversorgungseinrichtungen (in Enns, Marchtrenk, Haslach, Sierning-Neuzeug-Waldneukirchen, Linz und Ried-Neuhofen), die den gemeinsamen Weg des Miteinanders von Gesundheitskasse, Ärztekammer und Land Oberösterreich gehen. Das Modell der „Gesundheitszentren“ ist gerade für junge Ärzte, die in einem Team arbeiten wollen, attraktiv. Wir unterstützen des Weiteren durch die Finanzierung der Lehrpraxis das klinisch-praktische Jahr, in dem die angehenden Mediziner den Arztberuf direkt kennenlernen. An unserer Medizinischen Fakultät ist für die Studierenden regelmäßiger intensiver Kontakt zur Allgemeinmedizin fix im Lehrplan verankert. Es wird ein eigener Lehrstuhl für Allgemeinmedizin eingerichtet, der sich sicherlich auch positiv auf die Versorgungssituation auswirken wird._

Es wird in allen Gesundheitsberufen Nachwuchs benötigt.

Christine Haberlander Landeshauptmann-Stellvertreterin

Was ist eine Primär-versorgungseinrichtung (PVE)?

Primärversorgungszentren und –netzwerke gelten für die Patienten als Anlaufstelle für alle Fragen rund um das Thema Gesundheit und Krankheit. In einer PVE arbeiten mindestens drei Allgemeinmediziner gemeinsam mit einem Team aus Diplomkrankenpflegern, Ordinationsassistenten, Physio-, Logo-, Ergo- und Psychotherapeuten, Diätologen und Sozialberatern. Auch ein Kinderarzt sowie eine Hebamme können Teil des Teams sein.

Vorteile für den Patienten sind_

  • erweiterte Öffnungszeiten
  • kurze Wege
  • eine eng abgestimmte Versorgung
  • neue Angebote für Gesundheitsförderung und Prävention

Quelle | gesundheitskasse.at

Schon gewusst?

Pflegeassistenz_ Die Ausbildung zur Pflegeassistenz wird an Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege oder im Rahmen von Pflegeassistenz-Lehrgängen absolviert und dauert ein Jahr.

Pflegefachassistenz_ Die zweijährige Ausbildung findet an Gesundheits- und Krankenpflegeschulen statt.

Diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger_ Das Bachelorstudium für Gesundheits- und Krankenpflege wird an Fachhochschulen angeboten und dauert drei Jahre. Die Ausbildung an den Gesundheits- und Krankenpflegeschulen läuft mit Ende 2023 aus.

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