Sie haben das Rad tatsächlich neu erfunden. Jedenfalls das Kinderrad. Die Idee dazu ist Woom-Gründer Marcus Ihlenfeld und Christian Bezdeka aus Eigennutz gekommen. Um diese auch umzusetzen, brauchte es vor allem zwei Dinge: „Wir hatten von Anfang an ein Why“ und „Wir haben uns wie Yin und Yang ergänzt.“
Was heißt eigentlich fahrradaffin? „Fahrradaffin bist du, wenn du Fahrrad fährst, aber mehr in dein Material investierst als in deine Fitness. Weil du denkst, dass das Material die fehlende Fitness kompensiert“, erzählt Marcus Ihlenfeld und schmunzelt. Das sei damals ihr Schmäh gewesen. Damals, als Christian Bezdeka und er in einer Garage angefangen haben, Kinderfahrräder zu bauen. „Wir mochten schon immer gutes Material und dann hatten wir beide Kinder und haben bemerkt: Es gibt keine g‘scheiten Kinderfahrräder. Also haben wir gesagt: Wir machen das selbst.“ Und zwar abends und an Wochenenden, denn tagsüber war Ihlenfeld Marketingdirektor für Opel Österreich.
Und es beginnt zu rollen
Drei Jahre lang werkelten die beiden Partner, bis sie ihre ersten Fahrräder verkauften. „Im Endeffekt haben wir das Kinderrad neu erfunden. Denn wir waren die ersten und einzigen Teilnehmer:innen am Markt, die hier auch schon das Thema Nachhaltigkeit bedacht haben: Warum müssen Kinderräder schwer sein, warum müssen sie qualitativ minderwertig und ein Wegwerfprodukt sein?“ Von Anfang an hatten die beiden eine Intention, warum sie ein besseres Kinderrad machen wollten: „Wir wollten Millionen Kindern Freude am Fahrradfahren vermitteln. Denn was passiert, wenn ein Kind Freude am Fahrradfahren hat? Die Liebe zum Fahrrad wird es sein Leben lang nicht mehr verlieren.“
Für Gründer:innen sei es essenziell, so ein „Why“ zu haben, ist Ihlenfeld überzeugt. Auch als Leader hatte er schon damals einen Purpose: „Ich wollte immer, dass die Mitarbeiter:innen später einmal, wenn sie Großeltern sind, ihren Enkelkindern voller Stolz sagen: ‚Da waren wir dabei.‘“ Damals, vor zehn Jahren, hatte er aber noch keine Mitarbeiter:innen. Dafür aber einen Partner, und genau das sei der wichtigste Meilenstein seiner Gründungsgeschichte: „Das ist ein bisschen wie im Leben. Die Chance, dass du den richtigen Partner findest, der mit dir so eine Reise antritt, ist relativ unwahrscheinlich. Du brauchst die Kompetenzen, das Vertrauen und die Persönlichkeit, um miteinander auch durch weniger schöne Phasen zu gehen.“ Mit Bezdeka habe er genau diesen Partner – zufällig – gefunden. „Ich kann jedem, der sich selbstständig machen möchte, empfehlen sich einen Partner zu suchen. Alleine ist es schon echt schwer.“
Damals in der Garage
Unterstützt wurde Ihlenfeld aber auch von seiner Familie. „Meine Frau wusste, dass das mein Traum war.“ Andere Leute um ihn herum haben ihn hingegen gefragt, ob er einen Dachschaden habe, als er beschloss, seine Karriere bei Opel an den Nagel zu hängen, um sich selbstständig zu machen. „Nach sechs Monaten habe ich die Entscheidung getroffen. Da haben wir 300 Fahrräder verkauft, wir haben im ersten Jahr 100.000 Euro Umsatz gemacht und 40.000 Euro Verlust. Es war ein Riesenschritt.“ Seine Frau arbeitete weiter, er betreute die Kinder (damals im Kindergartenalter) in der Garage. „Ja“, sagt er und lacht, „die sind so auch ein bisschen in der Garage aufgewachsen.“
Doch bald wurde die Garage zu klein, jedes Jahr wuchs die Nachfrage nach den Woom-Rädern, mittlerweile zählt das Unternehmen zu den größten Arbeitgebern in Klosterneuburg. „Wir haben circa 250 Mitarbeiter:innen, inklusive jenen in den USA“, sagt der gebürtige Frankfurter. Den Standort Klosterneuburg findet er aus mehreren Gründen genau richtig für Woom: „Der Vorteil war natürlich, dass es nicht weit weg von uns war, und dass wir hier genügend Platz für Lagerhallen und Büros haben.“ Außerdem liege Klosterneuburg am meistbefahrenen Radweg Europas. „Wir haben viele Mitarbeiter:innen, die aus Wien kommen, da ist es natürlich schön, wenn man mit dem Fahrrad in die Arbeit fahren kann.“
Wachstumsschmerzen
Gewachsen ist in den vergangenen zehn Jahren aber nicht nur das Unternehmen, sondern auch Marcus Ihlenfeld selbst. „Menschen zu motivieren und mitzuziehen, in dieser Leadership-Funktion bin ich auf einem anderen Level als vorher. Und du wirst als Gründer als Mensch viel belastbarer, da du mit so vielen Problemen und Herausforderungen konfrontiert wirst.“ Mit dem Startup seien auch die Probleme gewachsen. „Die Probleme am Anfang in der Garage waren Peanuts im Vergleich zu jenen, die teilweise heute kommen. Ich weiß nicht, ob ich damals für die Herausforderungen bereit gewesen wäre, die wir heute meistern müssen.“ Dieses Reinwachsen und die Einstellung, alles zu schaffen, wenn man sich nur genug Mühe gibt, hätten ihn zu jenem Menschen gemacht, der er heute ist.
Worin er und sein Partner sich nicht verändert haben: „Wir sind die Startup-Typen.“ Und deshalb haben sie Anfang des Jahres auch entschieden, nicht mehr operativ im Unternehmen tätig zu sein. „Wir sind noch immer Gesellschafter und im Advisory Board, wir begleiten das Management bei strategischen Fragen.“ Die ersten neun Jahre seien sie gut für das Unternehmen gewesen, doch nun würden sie merken, dass diese Firma Strukturen braucht, um auf das nächste Level zu kommen. „Und diese beherrschen wir nicht mehr so.“
Vom Abgeben und Nicht-Abheben
Genau das sei ein weiterer Schlüssel zum Erfolg: „Wir waren immer froh, Dinge abzugeben und jemanden zu haben, der mehr wusste als wir.“ Er nimmt einen Schluck Wasser, lächelt und ergänzt: „Wir waren gern die Dümmsten im Meetingraum. So ist es. Wir waren immer frustriert, wenn wir die Antworten geben mussten.“ Mittlerweile könne er sich auf ein großartiges Team verlassen, mit Menschen, die Verantwortung übernommen haben. „Da können wir operativ nichts mehr beitragen, sehr wohl aber strategisch.“ Das mache ihm auch mehr Spaß und darin sei er am besten. Ideen gebe es ohnehin genug. „Wir haben über 80 Produkte in der Pipeline; Projekte, an denen wir arbeiten. Teilweise am Fahrrad, teilweise im Zubehörbereich. Wir beschäftigen uns mit Fragen zur Digitalisierung, dem Thema Nachhaltigkeit – die Firma da aufzubauen und für die nächsten Jahre zu positionieren, das ist unsere Stärke.“_
Der wichtigste Meilenstein: den richtigen Partner zu finden.
Marcus Ihlenfeld
Gründer, Woom Fahrräder
Gedankensprung
Der für mich beste Grund zum Gründenist, die eigene Idee auszuprobieren, um nicht zu bereuen, dass man‘s nicht gemacht hat. Und sich dann damit selbst verwirklichen.
Womit ich nicht gerechnet habe, bevor ich gegründet habedass die Finanzierung von so einem Projekt so zach ist und dass Banken so risikoavers sind. Ich glaube, heute ist es viel einfacher, ein Unternehmen zu gründen. Der Gründungsprozess ist wahrscheinlich genauso schwierig wie damals, aber Business Angels und Venture Capital zu finden, ist einfacher. Es ist mehr Geld am Markt.
3 wichtige Eigenschaften eines Gründers, einer Gründerineine Vision haben, durchhalten und demütig bleiben
Mein USPWir haben ein Why.
Mein täglicher AntriebHeute ein besserer Mensch zu sein, als ich gestern war.
Eine Frage, die sich jede:r Gründer:in vor dem Gründen stellen sollteWarum sollte ich das nicht tun?