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Warum gerade jetzt der beste Moment zum Gründen ist

Es ist die Mischung aus großer Liebe zum Design, einem angeborenen Wirtinnen-Gen und einer großen Portion Mut, die Katharina Weglehner zum Gründen bewegt hat. Vor allem aber liegt es an ihrer tiefen Überzeugung, dass ihre Idee gerade jetzt am Markt gebraucht wird: ein Hotelprojekt, das dem Fachkräftemangel trotzt, das gleichzeitig ein Design-Showroom ist und rechtzeitig zum Kulturhauptstadtjahr junge, kulturbegeisterte Leute nach Bad Ischl lockt.

Sie flitzt mit ihrem Elektro-Mini um die Ecke, stellt den tonlosen Motor ab, setzt ihre große schwarze Sonnenbrille auf, spaziert in schwarzem Anzug und weißen Sneakers über den Kies – und ist angekommen. Im doppelten Sinn. Angekommen in Steyr, wo wir beim Designstudio Kühberger & Haas verabredet sind. Und angekommen bei uns. Uns, die wir dastehen und einfach nur staunen. Katharina Weglehner ist nicht nur selbst Designerin (innovativer Ideen), sie sieht auch aus, als wäre sie der kreativen Feder eines designverliebten Menschen entsprungen. In anderen Worten: Alles an ihr hat Stil. Die Art, wie sie sich kleidet, wie sie auf Menschen zugeht, und: wie sie ein Unternehmen gründet. Aber dazu später. Zuerst werden mal gut zwei Teelöffel Zucker in den Kaffee gerührt. „Mein größtes Laster“, sagt sie lachend und während sie noch im Kaffee rührt, korrigiert sie sich auch schon wieder: „Nur eines meiner großen Laster, ich hab wirklich viele.“ Schokolade gehöre auch dazu. Dazu gehört aber auch, dass sie am Vortag ihre ersten 16 Kilometer gelaufen ist. „Ich trainiere für den Kaiserlauf in Bad Ischl, einen Halbmarathon. Tja“, sagt sie und nimmt einen kräftigen Schluck Kaffee, „vor dem 40. Geburtstag müssen noch einige Dinge erledigt werden.“

Die Eröffnung ihres Boutiquehotels Sissikuss in Bad Ischl geht sich allerdings nicht mehr vor dem 40. Geburtstag aus, denn sie ist für Sommer 2023 geplant. Dann soll das Vorzeigehotel rechtzeitig vor dem Kulturhauptstadtjahr in Bad Ischl seine Türen öffnen, die Marke Boutiquehotel Sissikuss sich am Markt etablieren und „2030 können dann weitere Hotels an Standorten wie Graz, Salzburg oder Wien folgen“. Das seien große Pläne, die man natürlich überdenken muss. „Aber das Konzept ist skalierbar.“

Echt jetzt?

Moment mal. Wieso will man eigentlich zu einem Zeitpunkt, wenn die ganze Tourismusbranche über einen Fachkräftemangel und eklatant steigende Energiekosten klagt, gerade in dieser Branche seine Geschäftsidee umsetzen? „Ich glaube, man hat genau jetzt die Chance, etwas Gutes daraus zu machen. Jetzt kann man sich anschauen, wie sich alles verändert. Wohin sich etwa die Bedürfnisse der Gäste entwickeln“, erklärt Weglehner. Für gewöhnlich würde man die Zielgruppe ganz genau definieren und vergesse die Dynamik. Und schon ist alles eingefahren. „So wie beim Ischl-Gast. Der ist alt und mag den Kaiser. Aber das stimmt vielleicht gar nicht mehr.“ Sie habe genau hingeschaut und entdeckt: „Es kommen immer mehr Menschen nach Bad Ischl, die sind kulturinteressiert, jung, sportlich und so viel mehr darüber hinaus als diese ursprüngliche Bad-Ischl-Zielgruppe.“ Und genau diese Menschen lade sie in ihr Hotel ein. Denn Bad Ischl habe natürlich viele traditionelle Häuser, doch mit ihrem Konzept möchte sie kulturaffine, junge Leute mit einem leistbaren, unkomplizierten Angebot ansprechen.

Katharina Weglehners Hotel wird kein gewöhnliches sein. „Wir haben keine ständig besetzte Rezeption, du kannst ganz unkompliziert selbst einchecken, wann immer du willst, bekommst dann einen leckeren Frühstückskaffee, wenn du morgens anreist, oder einen Drink an der Bar zu später Stunde. Ich persönlich werde sehr oft vor Ort sein und meine Gäste empfangen. Das Wirtinnen-Gen hab ich von meiner Mama geerbt, die war immer eine Vollblutwirtin.“ Gleichzeitig ist das Hotel ein Showroom – man kann quasi alles käuflich erwerben, von Tapeten über Lampen bis hin zu Teppichen. Es werden kulturelle Events stattfinden und sie will ihren Gästen zeigen, wie schön ein nachhaltiger Lifestyle sein kann. „Dabei geht es mir nicht nur um ein Bio-Zertifikat, sondern für mich ist wichtig, dass die Dinge regional bezogen werden. Ich möchte dazu beitragen, dass der Bauer ums Eck leben kann, weil ich ihm die Produkte abkaufe. Das kommuniziere ich auch.“ Mobilität spiele auch eine große Rolle. „Man muss Alternativen zur Anreise mit dem Auto bieten. Ich kann zum Beispiel meine Gäste dazu motivieren, mit dem Zug anzureisen, wenn ich ihnen das Ticket in Form eines Gutscheins für den Hotelshop rückerstatte.“

Wie man überzeugt

Weglehners Konzept hat bereits jetzt überzeugt – als eines von acht Startups wurde es vom oberösterreichischen Pilotprojekt Tourismusinkubator ausgezeichnet. Die Initiative soll dazu beitragen, innovative, digitale und langlebige Geschäftsmodelle für einen erfolgreichen Tourismus der Zukunft hervorzubringen. „Dadurch habe ich viele Fördermöglichkeiten erhalten.“ Und die brauche es für ein so großes Projekt definitiv. Denn „Hürden kommen unweigerlich, früher oder später. Wir sind mittlerweile in der glücklichen Situation, ein passendes Gebäude gefunden zu haben, eine alte Villa, die zuvor schon mal eine Pension war. Da stimmt die Zimmerstruktur, wir müssen nur einrichten und Kosmetik betreiben.“ Und damit nicht so viel investieren, wie ursprünglich gedacht. Denn eigentlich war alles schon ganz anders geplant: Das Projekt war so gut wie fertig, kurz vor Vertragsunterzeichnung lehnte der Inhaber des Objektes ab. „Das war ein starker Rückschlag. Aber es hat mir sehr geholfen, die Dinge mal zur Seite zu legen, ruhen zu lassen und einfach darauf zu vertrauen, dass die Vision trotzdem weitergeht. Eine gute Idee findet schließlich immer ihren Weg!“

Das weiß sie aus Erfahrung. Denn Katharina Weglehner hat schon mehrere gute Ideen umgesetzt. „Ich liebe es mein ganzes Leben lang, seit ich denken kann, schöne Dinge zu machen. Ich bin Designerin, habe meine Grafikdesignagentur Visualics hier in Bad Ischl gegründet und mit Sissikuss Bad Ischl hochwertige Produkte am Souvenirmarkt etabliert.“ In Bad Ischl ist sie aufgewachsen und gleich nach ihrem Studium in Salzburg auch wieder dorthin zurückgekehrt. „In einer großen Stadt hat man als Gründer:in wahrscheinlich mehr Möglichkeiten, aber die Kleinstadt ist genau der richtige Ort für mich, um selbstständig zu sein. Am Land kennt jede:r jede:n und man hat sich schnell etabliert, wenn man die Dinge gut macht. In einer Großstadt wäre ich verloren“, erzählt sie und freut sich, dass sie nun mit ihrem Hotelprojekt all ihre Leidenschaften verbinden kann.

Sie trinkt ihre Kaffeetasse leer, lehnt sich zurück und schwärmt in einem Ton wie andere von ihrer Urlaubsreise erzählen: „Es ist einfach mein Herzensprojekt, so eine schöne Vision! Jeden Morgen, wenn ich aufwache, denke ich: Jetzt ist es soweit. Das ist mein Weg.“_

Das Konzept ist skalierbar.

Katharina Weglehner Gründerin, Sissikuss Boutiquehotel

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