37.458 Hochzeiten wurden im Jahr 2014 in Österreich gefeiert. Etwa 4.700 Euro investieren Paare durchschnittlich für diesen einen Tag im Leben, an dem alles perfekt sein soll. Wer es noch ein bisschen perfekter haben möchte und seine Gäste an einer schönen Event-Location mit Programmhöhepunkten empfangen möchte, der muss dafür mit Kosten zwischen 20.000 und 40.000 Euro rechnen. Hochzeitsplanerin Gabi Socher organisierte aber auch schon mal eine 90.000-Euro-Hochzeit mit 150 Gästen aus aller Welt, die ein verlängertes Wochenende mit aufwändigem Rahmenprogramm und sehr elegantem Fest im Salzkammergut verbracht haben.
„Viele Brautpaare legen heutzutage großen Wert auf stilvolles und außergewöhnliches Ambiente und sind auch bereit, Miete für Schlösser, Gutshäuser und extravagante Event-Locations zu bezahlen“, weiß die erste Hochzeitsplanerin Oberösterreichs, die seit siebzehn Jahren bereits über 440 Brautpaare begleitet hat. Mittlerweile ist sie längst nicht mehr allein in dem Berufsfeld, eine genaue Zahl der in Österreich praktizierenden Hochzeitsplaner gebe es aber nicht, meint Robert Steiner, Fachgruppen-Geschäftsführer Tourismus und Freizeitwirtschaft der Wirtschaftskammer Oberösterreich: „Es ist ein freies Gewerbe, das man jederzeit anmelden kann – der Gewerbewortlaut heißt Organisation von Veranstaltungen, Märkten und Messen.“ Circa 600 Mitglieder gehören diesem Bereich an, wer davon tatsächlich Hochzeiten plant, könne man nicht sagen. „Denn“, so Steiner weiter, „die haben in unserer Datenbank kein Mascherl.“ Heute noch Lust darauf, Hochzeitsplaner zu werden? "Nur zu“, sagt Steiner, „es braucht dazu keinen besonderen Befähigungsnachweis, man meldet das Gewerbe einfach an und los geht’s.“
Karriere als Wedding Planner
Zumindest hat man dann einmal einen Gewerbeschein. Um erfolgreich zu sein, braucht man natürlich noch wesentlich mehr. Wann und wie viel man arbeiten möchte, hat man als selbstständiger Hochzeitsplaner selbst in der Hand, der Stundensatz liegt meist bei 30 bis 35 Euro, oft wird aber auch ein Pauschalbetrag auf Basis der Gesamtkosten des Festes vereinbart – dieser liegt durchschnittlich bei fünfzehn bis 20 Prozent. Weil es Einzelkämpfer selten leicht haben, schließen sich immer mehr Hochzeitsplaner und Dienstleister rund um die Hochzeit zu Netzwerken zusammen – wie etwa die Plattform „Sag Ja im Salzkammergut“ oder „Heiraten im Mondseeland“. „Ein gutes Netzwerk an zuverlässigen Partnern für alle Teilbereiche ist die Grundvoraussetzung dafür, dass die Ideen, die man gemeinsam mit dem Brautpaar entwickelt, auch perfekt umgesetzt werden“, sagt Socher. Solche Zusammenschlüsse werden auch von Oberösterreich Tourismus unterstützt, weil damit eine starke Verankerung für die Region erreicht werden kann.
Für die Region Salzkammergut sind Hochzeiten definitiv ein bedeutender Wirtschaftsfaktor: Mehr als 1.300 Hochzeiten im Jahr erwirtschaften – wenn man mit einem durchschnittlichen Umsatz von 15.000 Euro rechnet – 19,5 Millionen Euro. „Abgesehen davon, dass viele Wirtschaftsbetriebe der Region am Hochzeitstag direkt profitieren, ist jede Hochzeit eine Werbeveranstaltung für den Tourismus, mit der junges und zahlungskräftiges Publikum zu einem wunderschönen Tag eingeladen wird – da entsteht sehr oft die Idee, den nächsten Familienurlaub hier zu verbringen“, erklärt Gabi Socher. Außerdem bringe der Hochzeitstourismus zahlreiche Stammgäste: „Das Brautpaar und deren Familie bekommt durch dieses Fest einen besonderen Bezug zu ihrem Hochzeits-Ort – den sie bereits in der Vorbereitungszeit einige Male und auch zu den Hochzeitstagen immer wieder besuchen.“ Eine Region wie das Salzkammergut bietet natürlich die besten Voraussetzungen für Hochzeiten – Berg- und Seenlandschaft, verkehrstechnische Lage in der Mitte Österreichs, Tradition, historische Gebäude und vielfältige Locations. Damit das Fest aber tatsächlich zur vollsten Zufriedenheit der Gäste führt, braucht es wesentlich mehr als eine schöne Kulisse. „Man hat jeweils nur eine einzige Chance, unvergessliche Hochzeitserinnerungen zu kreieren“, weiß Gabi Socher. Herausforderungen wie 40 Friseur-Termine an einem Samstag Vormittag in einer Kleinstadt zu reservieren, 150 ausländische Hochzeitsgäste aus zehn verschiedenen Hotels rechtzeitig für die Trauungszeremonie einzusammeln, den zu spät kommenden Pfarrer auf schnellstem Weg zum Altar bringen oder gute Stimmung unter den verschiedenen Seiten einer Patchwork-Familie zu schaffen, sind für einen Hochzeitsplaner der ganz normale Wahnsinn. „All das immer wieder rechtzeitig und zur Begeisterung aller zu schaffen – das macht richtig Freude“, sagt die Pionierin unter den Hochzeitsplanern. Dass Hochzeiten eines Tages an Bedeutung verlieren könnten, darüber macht sie sich keine Sorgen: „Ich bin überzeugt davon, dass auch in 20 Jahren die Beziehung der Menschen zueinander der wichtigste Halt in der Gesellschaft sein wird – auch dann wird man immer noch gerne gut essen und lustig miteinander feiern wollen!“
Zielgruppe mit hohen Ansprüchen
Davon ist auch Franz Neundlinger überzeugt – immerhin hat er vor kurzem sein Geschäft Neundlinger Schuhmoden (mit Schwerpunkt auf Hochzeitsschuhe) erweitert. „Hochzeiten verändern sich natürlich mit der Zeit und es gibt gewisse Trends. Aber ich glaube nicht, dass die Ehe ein Auslaufmodell ist.“ Die Statistik gibt ihm Recht – seit 2010 ist die Zahl der Hochzeiten in Oberösterreich sogar gestiegen und liegt durchschnittlich bei 6.500 im Jahr. Viele davon nehmen den oft weiten Weg nach St. Veit im Mühlkreis auf sich, um bei Neundlinger die passenden Hochzeitsschuhe zu finden. „Unsere Mitbewerber bieten Brautschuhe als Nebenprodukt. Bei uns spielt der Schuh die Hauptrolle, sodass wir unseren Kunden eine wesentlich bessere Gesamtleistung bieten können“, sagt Neundlinger. Er meint damit Serviceleistungen wie das individuelle Anpassen an die Füße der Kunden, wofür er in seiner Werkstatt viele Möglichkeiten hat oder auch das Service nach der Hochzeit, die Schuhe umzufärben, um aus dem Hochzeitsschuh einen bequemen Ballschuh zu machen. Darin sieht er den Hauptgrund für seinen Umsatzzuwachs, welcher wesentlich über dem Branchenschnitt liegt – und das, obwohl sein Geschäft fernab einer stark frequentierten Einkaufsstraße liegt. „Unser handwerklicher Hintergrund ist eine Einzigartigkeit, die bei den Kunden sehr gut ankommt und schwer zu kopieren ist.“ Diese Strategie sehe er auch als einen guten Weg für die Zukunft regionaler Händler. „Mit individuellem Service ist man näher an den Kunden, es kann von den großen Mitbewerbern oder von Online-Händlern kaum geboten werden und die Rolle des Preises ist weniger wichtig.“
"Die Kunden erleben bei uns eine Atmosphäre und Serviceangebote, die es in der Branche kaum gibt. So schaffen wir es, mit der Produktgruppe Brautschuhe viele neue Stammkunden für unser gesamtes Sortiment zu gewinnen."
Franz NeundlingerInhaber, Neundlinger Schuhmode
Ob er je überlegt habe, eine weitere Filiale – etwa im Zentrum von Linz – zu eröffnen? Neundlinger schmunzelt: „In der Vorbereitung unserer Geschäftserweiterung von 2012 war eine der ersten Fragen unseres Architekten: Wollt ihr wirklich HIER bauen?“ Doch genau das wollte er und auch in Zukunft habe er keine Filialen geplant. „Bei Filialen muss man viele Abläufe reglementieren und standardisieren – individuelles Eingehen auf die Kunden wäre kaum möglich, wir wären ein Schuhgeschäft wie jedes andere“, erklärt Neundlinger. Nachdem eine Braut aber nichts dem Zufall überlassen möchte – schon gar nicht, das Risiko, dass ihre Schuhe am Hochzeitstag drücken könnten – ist gerade dieser persönliche Faktor ein ganz entscheidender. Natürlich sei es nicht einfach, am Standort Sankt Veit einen Handelsbetrieb erfolgreich zu führen.
„Wir setzen uns intensiv damit auseinander, eine große Anziehungskraft für unsere Kunden zu schaffen – mit Faktoren wie Sortiment und Service, Mitarbeiter, Standort, Marketing, Betriebsführung. Unser Konzept ist damit stimmig für ein Landgeschäft und wäre in einem Zentrum mit hoher Basisfrequenz wahrscheinlich nicht erfolgreich umsetzbar“, ist Neundlinger überzeugt.
Für die Kontaktaufnahme zu Neukunden spielen Hochzeitsmessen eine wesentliche Rolle – er stellt auf den großen oberösterreichischen Messen wie die Hochzeitswelt in Linz und in Wels, die Innviertler Hochzeitsausstellung bei Fussl sowie bei der Hochzeitsausstellung in Freistadt aus. Besonders wichtig seien aber ebenso die Empfehlungen seiner Kunden, von Hochzeitsplanern, Brautsalons und anderen Schuhhändlern, die keine Brautschuhe führen. Wie aber geht er mit der Herausforderung um, dass seine Zielgruppe „Brautpaare“ meist nur einmal im Leben Hochzeitsschuhe braucht? „Positive Einkaufserlebnisse prägen sich bei den Brautpaaren ein und so schaffen wir es, mit der Produktgruppe ‚Brautschuhe’ viele neue Stammkunden für unser gesamtes Sortiment zu gewinnen“, sagt Neundlinger.
Und Abflug
Auch für Reisebüros spielt die Zielgruppe „Brautpaare“ eine wesentliche Rolle. „Die Hochzeitsreise ist meist die wichtigste Reise im Leben. Wenn es gelingt, diese perfekt zu organisieren, dann hat man Kunden für’s Leben gewonnen. Viele unserer Mitarbeiter buchen jahrelang sämtliche weitere Reisen dieser Kunden, in weiterer Folge auch mit deren Kindern“, erzählt Doris Huber-Matura vom Reisebüro „World of Travel“, das sich auf Hochzeitsreisen spezialisiert hat. Weil Brautpaare nicht nur bei der Auswahl der Schuhe und bei der Vorbereitung des Festes nichts dem Zufall überlassen wollen, sondern auch nicht bei der Hochzeitsreise, wird diese nur selten online gebucht. Flitterwochen sind meist individuelle, maßgeschneiderte Reisen, die touristische Kompetenz und Feingefühl erfordern. „Gerade bei Hochzeitsreisen – wo ja alles perfekt sein soll – setzen die meisten auf jahrelange Erfahrung und Know-how von Experten“, weiß Huber-Matura. Dazu brauche es schließlich Vertrauen. „Und Vertrauen kann man nur durch persönlichen Kontakt aufbauen – das wird das Internet nie ersetzen können.“ Wurden früher sehr viele Pauschalreisen gebucht, geht der Trend heute mehr in Richtung Individualität der Gäste, also Buchungen im Bausteinsystem. „Fast jeder möchte seine Urlaubsdestination zum Beispiel auch mit dem Mietauto erkunden oder bequeme, geführte Kurzrundreisen einbauen oder einfach mehrere Ziele miteinander kombinieren“, weiß Doris Huber-Matura.
Wenn Hochzeitspaare also eine derart spannende Zielgruppe für verschiedenste Wirtschaftszweige sind, dann stellt sich nun die Frage: Welche Bedeutung haben eigentlich Scheidungen für die Wirtschaft? Immerhin beträgt die Zahl der aufgelösten Ehen 2014 in Österreich 16.647.
HEIRATEN LOHNT SICH.
Und zwar keineswegs nur für die Wirtschaft. Die niederländischen Wissenschaftler Judith Soons und Matthijs Kalmijn analysierten für eine Studie im Jahr 2014 die Angaben von über 31.000 Personen aus 30 europäischen Ländern. Resultat: Verheiratete Paare sind glücklicher als solche, die ohne Ringe und Trauschein „nur so“ zusammen sind. Offenbar macht es uns ohnehin zufriedener, eine Beziehung zu führen, als Single zu sein – und je verbindlicher und offizieller diese Bindung ist, umso glücklicher sind wir.