Wenn Friedrich Steininger auf Dienstreise in die USA fliegt, kommt es am Zoll manchmal zu Problemen. Nicht etwa, weil Steininger zwielichtig wirken oder gar verbotene Güter schmuggeln würde, nein, die Komplikationen sind viel ungewöhnlicherer Natur. Steininger ist Geschäftsführer der DK Vermessungsservice, ein Linzer Unternehmen, das in 55 Ländern tätig ist, auf den Nischenmarkt Industrievermessung spezialisiert ist und dort genauer als die Konkurrenz arbeiten kann. Nur: Die Beamten können oder wollen sich das oft nicht vorstellen. Ein österreichisches Unternehmen, dessen Namen sie noch nie gehört haben, misst für die US-amerikanische Industrie? „Ich werde dann am Flughafen nicht selten gefragt, ob denn in den USA niemand das kann, was wir können“, sagt Steininger. Was soll man darauf antworten? „Eigentlich müsste ich darauf ja „Nein!“ sagen, aber man muss aufpassen, niemanden zu kränken“, sagt der Geschäftsführer.
Stärken erkennen durch externe Blicke
Aber nicht nur in den USA, auch in Oberösterreich ist DK Vermessungsservice relativ unbekannt, obwohl man seit 1965 in einer Nische erfolgreich ist. Das soll sich nun ändern. Warum? „Ein wirtschaftlicher Wandel ist im Gange, man muss sich breiter aufstellen, neue, zusätzliche Geschäftsfelder suchen und nach außen gehen, das eigene Unternehmen bekannter machen“. Keine leichte Aufgabe. Wie das funktioniert, weiß Klaus Lindinger, Geschäftsführer der Conquest Werbeagentur, die seit Jahrzehnten nicht nur, aber besonders Kunden im technischen Bereich betreut. „Nischenanbieter unterschätzen oft, wie wichtig es ist, ihre Stärken und vor allem ihren Kundennutzen nach außen zu kommunizieren, sie verlassen sich auf ihr Produkt, verpassen es dabei aber, den Markt gegen potentielle neue Konkurrenten abzusichern und dem eigenen Kunden zu bestätigen, dass er sich den richtigen Partner ausgesucht hat“, sagt er. Gerade bei diesen techniklastigen Betrieben gäbe es oft einen Fokus auf das eigene Produkt, erst durch einen externen Blick könne man Stärken noch besser herausarbeiten oder überhaupt erkennen. Die Motivation, überhaupt etwas zu ändern, ergäbe sich meist aus einer veralteten Homepage . Im Beratungsgespräch würde sich dann nicht selten herausstellen, dass es keine internen und externen Kommunikationsmittel gibt, die Corporate Identity völlig veraltet sei oder überhaupt nicht existiere.
Kein Allheilmittel
Wie erschafft man dann eine neue Marke? „Der Prozess beginnt immer mit einem Gespräch, es gibt eine Problemstellung, die gilt es zu analysieren“, sagt Lindinger. Besonders bei Produkten in Nischenmärkten sei ein hohes technisches Verständnis wichtig, was viel Recherchetätigkeit zur Folge habe.
"Nischenanbieter unterschätzen oft, wie wichtig es ist, ihre Stärken und vor allem ihren Kundennutzen nach außen zu kommunizieren."
Klaus LindingerConquest, Geschäftsführer
„Nischenmärkte haben eine begrenzte Anzahl an Marktteilnehmern und eine begrenzte Zahl an Konkurrenten“, sagt er, „man darf kein allgemeines Raster einer Standard-Strategie über diese Nische ziehen sondern muss je nach Markt genau adaptieren“, sagt Lindinger. Wichtig: den Realitätsbezug nicht verlieren. „Wenn man zehn Jahre lang überhaupt kein Marketing gemacht hat und dann denkt, man kann einen auf BMW machen, stößt man schnell an seine Grenzen“, sagt Lindinger, überlegt kurz und grinst dann. „Außer man ist sehr, sehr reich.“ Natürlich gäbe es nach wie vor Unternehmen, die überhaupt kein Marketing betreiben wollen. „Die bekommen aber mittelfristig oftmals Probleme, denn gegen Innovation ist man niemals gefeit“, sagt Lindinger. Spätestens in Zeiten von Industrie 4.0 und anderen Umwälzungen sei es riskant, keinen Wert auf Kommunikation zu legen.
Trend zu mehr Kommunikation?
Im Fall der DK Vermessungsservice stand man vor einem besonderen Problem. Das Unternehmen hat ein Verfahren entwickelt, mit dem in der industriellen Produktion besonders genau gemessen werden kann – im Zehntel- und Hunderstelmillimeter-Bereich. „Wir haben bestehende Vorgänge verfeinert und abgerundet, das ist jetzt aber nichts, was man patentieren könnte“, sagt Steininger. Die Kunden wollen natürlich wissen, wo die Vorteile liegen, gleichzeitig muss man den Wettbewerbsvorteil sichern. Die Lösung: Conquest entwickelte einen Marketingbegriff, der das Verfahren umschreiben soll, dieser Begriff ist geschützt und gilt als eine Art Gütesiegel. Auch für ein neues Produkt wird derzeit eine Marketingstrategie entwickelt. Für Smurfit Kappa entwickelte die DK Vermessungsservice ein System, das vollautomatisch erfasst, wie viele Hackschnitzel sich auf LKWs befinden.
Auch wenn es nach wie vor viele Unternehmen gäbe, die wenig Wert auf äußere und innere Kommunikation legen würden: Lindinger sieht aktuell einen deutlichen Trend zum steigenden Bewusstsein für Marketing. „Viele haben bereits jetzt schon eine hervorragende Kommunikation und werden gut beraten, meiner Meinung nach stagniert der Standort Oberösterreich keineswegs, es herrscht eher eine Aufbruchsstimmung“, sagt er.
"Wir haben bestehende Vorgänge verfeinert und abgerundet."
Friedrich SteiningerGeschäftsführer, DK Vermessungsservice
DK VERMESSUNGSSERVICE
Seit 1965 ist das Unternehmen in der Linzer Stahlstraße in der Industrievermessung tätig, weiters bietet man Fertigungsüberwachung, Laserscanning und 3D-Modelle oder geographische Informationssysteme an. In mehr als 55 Ländern weltweit war man bereits tätig, die Exportquote beträgt mehr als 50 Prozent, die beiden größten Kunden sind die voestalpine und Primetals. Neben den klassischen Produkten ist man mittlerweile intensiv in der Entwicklung tätig. „Man muss sich heutzutage breiter aufstellen, neue Nischen suchen“, sagt Steininger, „Aus diesem Grund betreiben wir aktuell ein innovatives Forschungsprojekt mit dem Schalungsunternehmen Doka.“
CONQUEST WERBEAGENTUR
Die Werbeagentur mit Sitz in Leonding wurde 1973 gegründet, mittlerweile leitet Klaus Lindinger in zweiter Generation das Unternehmen. Man setzt besonders, aber nicht nur auf technische Unternehmen. Insgesamt zwölf Mitarbeiter entwickeln Strategien und setzen diese auch um. „Unsere ältesten Kunden begleiten uns seit Anfang an, unsere Ausrichtung ist es, dass wir nicht einmal ein Konzept verkaufen, sondern langfristige Partner gewinnen wollen“, sagt Lindinger. Besonders wichtig sei es, sich intensivst auf den Kunden einzustellen und sein Produkt sowie dessen Stärken zu erkennen, auch wenn das zur Folge hätte, dass der erste Auftrag manchmal aufgrund der langen Recherche nicht unbedingt der profitabelste sei.