… mehr Frauen sich trauen würden zu gründen?
Vada Müller: Glücklicherweise zeigen aktuelle Zahlen, dass die Gründungen von weiblich geführten Unternehmen in Österreich im vergangenen Jahr deutlich angestiegen sind. Und ich bin positiv gestimmt, dass es so weitergehen wird. Wenn mehr Frauen gründen, führt dies nicht nur zu einem Anstieg des wirtschaftlichen Wachstums, sondern auch zu einer größeren Vielfalt an Ideen, Perspektiven und Innovationen in verschiedenen Branchen. Aber damit ist es noch längst nicht getan. Der Gender Gap zieht sich bis rauf in die Runden des Fundings und Investments. Nur jeder neunte Euro ging letztes Jahr an ein Gründungsteam mit mindestens einer Frau. Das ist sehr wenig. Es bedarf also nicht nur mehr Gründerinnen, sondern auch mehr Frauen, die als Business Angels oder Investorinnen fungieren.
… wir uns 131 Jahre in die Zukunft katapultieren würden, in eine Zeit in der laut World Economic Report erst echte Gleichstellung der Geschlechter erreicht ist? Wie würde die Welt dann aussehen?
Vada Müller: Geschlechterungleichheiten bei der Bezahlung und Beförderung wären Vergangenheit, und Frauen würden in gleicher Anzahl wie Männer in Führungspositionen vertreten sein. Unternehmen würden familienfreundliche Arbeitsbedingungen und flexible Arbeitsmodelle anbieten, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erleichtern. Frauen und Männer würden gleichermaßen die Verantwortung für die Care-Arbeit übernehmen. Frauen würden als gleichwertige Partnerinnen und Protagonistinnen in Filmen, Büchern, und anderen Medien dargestellt werden, und ihre Stimmen würden in der öffentlichen Debatte gehört und respektiert werden.
In dieser Zukunft würden Kinder von klein auf lernen, dass Geschlecht keine Rolle bei der Bestimmung ihrer Möglichkeiten und Potenziale spielt. Bildungseinrichtungen würden eine geschlechtsneutrale Bildung bieten, die Mädchen und Jungen gleichermaßen dazu ermutigt, ihre Interessen und Fähigkeiten zu verfolgen, unabhängig von Geschlechterstereotypen.
… du einen weit verbreiteten Glaubenssatz aus den Köpfen der Menschen streichen könntest? Welcher wäre das?
Vada Müller: Der Glaube an die Unvereinbarkeit von Karriere und Familie, insbesondere für Frauen. Dieser hat dazu geführt, dass viele Frauen zögern, ihre beruflichen Ambitionen zu verfolgen, aus Angst, dass dies ihre Rolle als Mutter oder Partnerin beeinträchtigen könnte. Ich habe mich selbst genau in der gleichen Position wiedergefunden. Im März 2023 habe ich mich selbstständig gemacht, kurz darauf einen Heiratsantrag bekommen, den ich angenommen habe. Heuer gehe ich auf die 30 zu und da drängt sich schnell die Frage auf, wann wir versuchen werden Kinder zu bekommen. Ich war tatsächlich bereits kurz davor, meinen Traum wieder aufzugeben, um mich auf das Familienleben zu konzentrieren. Gott sei Dank habe ich aber einen tollen Verlobten, der zunächst meinen Gedankengang gar nicht nachvollziehen konnte (vielleicht auch ein Hinweis, wie wenig sich Männer mit diese Thematik beschäftigen müssen). Er hat mir schnell die Zuversicht zurückgeben können, dass ich mein Business weiter voranbringen sollte. Indem wir die Vorstellung aufbrechen, dass Frauen sich zwischen Karriere und Familie entscheiden müssen, können wir eine Gesellschaft schaffen, in der Frauen gleichberechtigten Zugang zu beruflichen Möglichkeiten haben und nicht durch traditionelle Geschlechterrollen eingeschränkt werden.
… du dir 3 Personen aussuchen könntest, lebend oder bereits verstorben, die bei der LeadHERship Konferenz sprechen würden? Wen hättest du am liebsten dabei?
Vada Müller: Ich würde folgende drei Personen einladen:
- Michelle Obama: Als ehemalige First Lady der Vereinigten Staaten und eine der bekanntesten Frauen der Welt wäre Michelle Obama eine absolute Inspiration für alle Teilnehmer:innen. Sie setzt sich seit langem für die Bildung von Mädchen und Frauen ein und hat sich auch für die Förderung von Frauen in Führungspositionen stark gemacht.
- Sheryl Sandberg: Als COO von Facebook und Autorin des Buches "Lean In: Frauen und der Wille zum Erfolg" hat sie eine führende Rolle in der Debatte über Frauen in der Arbeitswelt eingenommen. Ihre Einblicke in die Herausforderungen und Chancen für Frauen in der heutigen Geschäftswelt wären äußerst wertvoll für die Konferenzteilnehmer:innen.
- Malala Yousafzai: Als jüngste Friedensnobelpreisträgerin hat Malala weltweit Anerkennung für ihren Einsatz für das Recht von Mädchen auf Bildung erhalten.Ihre Geschichte und ihre Botschaft würden zweifellos die Konferenzteilnehmer:innen dazu ermutigen, Hindernisse zu überwinden und ihre Ziele zu verfolgen.
Vielleicht werde ich die Namen ab jetzt auf mein Vision Board setzen und wer weiß - vielleicht werden sie mal auf meiner Konferenz sprechen.
… du der 6-jährigen Vada einen Rat geben könntest? Was würdest du ihr sagen?
Vada Müller: Ich würde ihr Ffolgendes sagen:
Liebe Vada,
Ich möchte dir etwas Wichtiges mit auf den Weg geben: Glaube immer an dich selbst. Du bist einzigartig und wunderbar, genau so, wie du bist. Lass dich nicht von Zweifeln oder negativen Gedanken abhalten, deine Träume zu verfolgen. Sei mutig und bleibe neugierig auf die Welt um dich herum. Denke daran, dass es völlig in Ordnung ist, Fehler zu machen. Wichtig ist, dass du aus ihnen lernst und dich weiterentwickelst. Habe immer den Mut, deine Meinung zu äußern und für das einzustehen, woran du glaubst. Deine Stimme ist wichtig, und deine Ideen sind wertvoll. Höre auf dein Bauchgefühl und vertraue auf deine Intuition. Behandle andere so, wie du selbst behandelt werden möchtest. Vor allem aber, vergiss niemals, wie besonders du bist und wie viel Potenzial in dir steckt. Du kannst alles erreichen, was du dir vornimmst, wenn du an dich glaubst und hart arbeitest.
… du für einen Tag als Mann leben müsstest? Was würdest du machen?
Vada Müller: Ich würde mich darauf konzentrieren, die Dynamik und Erfahrungen männlicher Führungskräfte im Businesskontext besser zu verstehen. Gespräche mit anderen Männern führen, um ihre Perspektiven und Herausforderungen zu verstehen; an Meetings teilnehmen, um aus erster Hand zu erleben, wie es ist, in dieser Rolle zu sein. Letztendlich wäre mein Ziel, durch diese Erfahrungen einen tieferen Einblick in die männliche Geschäftswelt zu gewinnen und dies in meine Arbeit für die Förderung von Geschlechtergleichheit einzubeziehen.
… du dir einen Traum erfüllen könntest? Welcher wäre das?
Vada Müller: Eine Welt zu sehen, in der Gleichstellung und Inklusion nicht nur oberflächlich existieren, sondern tief in den Strukturen und Werten der Gesellschaft verwurzelt sind. Bildung wäre für alle frei zugänglich und von hoher Qualität, unabhängig von finanziellen oder sozialen Barrieren. Arbeitsplätze wären flexibel und familienfreundlich gestaltet. Die Natur und die Umwelt werden respektiert und geschützt. Ich würde mir den Traum einer Welt erfüllen, in der wir im Einklang mit der Natur leben und für zukünftige Generationen eine lebenswerte Welt hinterlassen._